Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_131.001 pgo_131.006 Ein braver Kapitain, ein alter Freiersmann, pgo_131.012 pgo_131.023Hub seinen Mengelmuß mit diesen Worten an: pgo_131.013 La Maeitre machet mir en facon der Franzosen pgo_131.014 Für gut contentement ein paar geraumer Hosen, pgo_131.015 Jch selber bin mir gram, mir knorrt der ganze Leib pgo_131.016 Daß ich jusqu' a present muß leben ohne Weib. pgo_131.017 Was hab' ich nicht gethan? Was hab' ich nicht erlitten, pgo_131.018 O Cloris, dein amour und Schönheit zu erbitten? pgo_131.019 Weil dein Eclat soweit die andern übergeht, pgo_131.020 Wie wenn ein Diamant bei einem Kiesel steht. pgo_131.021 Soleil de notre temps, o Auszug aller Tugend! pgo_131.022 O himmlischer Tresor! u. s. f. Rachel, der Poet. pgo_131.024 pgo_131.036 pgo_131.001 pgo_131.006 Ein braver Kapitain, ein alter Freiersmann, pgo_131.012 pgo_131.023Hub seinen Mengelmuß mit diesen Worten an: pgo_131.013 La Maître machet mir en façon der Franzosen pgo_131.014 Für gut contentement ein paar geraumer Hosen, pgo_131.015 Jch selber bin mir gram, mir knorrt der ganze Leib pgo_131.016 Daß ich jusqu' à présent muß leben ohne Weib. pgo_131.017 Was hab' ich nicht gethan? Was hab' ich nicht erlitten, pgo_131.018 O Cloris, dein amour und Schönheit zu erbitten? pgo_131.019 Weil dein Eclat soweit die andern übergeht, pgo_131.020 Wie wenn ein Diamant bei einem Kiesel steht. pgo_131.021 Soleil de notre temps, o Auszug aller Tugend! pgo_131.022 O himmlischer Trésor! u. s. f. Rachel, der Poet. pgo_131.024 pgo_131.036 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0153" n="131"/> <p><lb n="pgo_131.001"/> und charakterisirt damit von vornherein das dichterische Kauderwälsch, <lb n="pgo_131.002"/> das durch seine sonst talentvollen Dichtungen geht. Scherenberg streut <lb n="pgo_131.003"/> die Fremdwörter in einzelnen Brocken in seine Verse, aber nur in den <lb n="pgo_131.004"/> humoristischen Theilen des Werkes läßt sich diese absichtliche Sprachmengerei <lb n="pgo_131.005"/> rechtfertigen.</p> <p><lb n="pgo_131.006"/> Was der ernsten Muse versagt ist, das gerade kommt der <hi rendition="#g">komischen</hi> <lb n="pgo_131.007"/> zu Statten. Das mit Geschick angewendete Fremdwort ist ein Hauptträger <lb n="pgo_131.008"/> der komischen Wirkung, und zwar nicht blos da, wo es die Sprachmengerei <lb n="pgo_131.009"/> zu verspotten gilt, wie in <hi rendition="#g">Rachel's</hi> und <hi rendition="#g">Laurenberg's</hi> <lb n="pgo_131.010"/> Satyren:</p> <lb n="pgo_131.011"/> <lg> <l>Ein braver Kapitain, ein alter Freiersmann,</l> <lb n="pgo_131.012"/> <l>Hub seinen Mengelmuß mit diesen Worten an:</l> <lb n="pgo_131.013"/> <l><hi rendition="#aq">La Maître</hi> machet mir <hi rendition="#aq">en façon</hi> der Franzosen</l> <lb n="pgo_131.014"/> <l>Für gut <hi rendition="#aq">contentement</hi> ein paar geraumer Hosen,</l> <lb n="pgo_131.015"/> <l>Jch selber bin mir gram, mir knorrt der ganze Leib</l> <lb n="pgo_131.016"/> <l>Daß ich <hi rendition="#aq">jusqu' à présent</hi> muß leben ohne Weib.</l> <lb n="pgo_131.017"/> <l>Was hab' ich nicht gethan? Was hab' ich nicht erlitten,</l> <lb n="pgo_131.018"/> <l>O Cloris, dein <hi rendition="#aq">amour</hi> und Schönheit zu erbitten?</l> <lb n="pgo_131.019"/> <l>Weil dein <hi rendition="#aq">Eclat</hi> soweit die andern übergeht,</l> <lb n="pgo_131.020"/> <l>Wie wenn ein Diamant bei einem Kiesel steht.</l> <lb n="pgo_131.021"/> <l><hi rendition="#aq">Soleil de notre temps</hi>, o Auszug aller Tugend!</l> <lb n="pgo_131.022"/> <l>O himmlischer <hi rendition="#aq">Trésor</hi>! u. s. f.</l> </lg> <lb n="pgo_131.023"/> <p> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Rachel,</hi> der Poet.</hi> </p> <p><lb n="pgo_131.024"/> Die deutschen Dramatiker haben sich in den verschiedensten Epochen <lb n="pgo_131.025"/> unserer Literatur diese komische Wirkung nicht entgehen lassen. Andreas <lb n="pgo_131.026"/> Gryphius läßt in seinem „Horribilicribrifax“ sowohl den Helden des <lb n="pgo_131.027"/> Stückes, als seinen Gegner Daradiridatumdari das Französisch, Spanisch <lb n="pgo_131.028"/> und Welsch durcheinander mischen, während der Schulmeister Sempronius <lb n="pgo_131.029"/> Griechisch und Lateinisch im Uebermaaß in seine deutsche Rede <lb n="pgo_131.030"/> wirkt; Lessing's <foreign xml:lang="fra">Riccaut de la Marlinière</foreign> radebrecht deutsch und französisch <lb n="pgo_131.031"/> mit komischer Wirkung durcheinander und hat in der neuesten Zeit <lb n="pgo_131.032"/> an Gutzkow's Königslieutenant Thorane einen Nachfolger gefunden, <lb n="pgo_131.033"/> dessen Deutsch-Französisch stets einen leise komischen Anflug mit sich führt, <lb n="pgo_131.034"/> aber dort, wo es ernstere sentimentale Wirkungen hervorrufen soll, gekünstelt <lb n="pgo_131.035"/> erscheint.</p> <p><lb n="pgo_131.036"/> Einen ebenso undichterischen Eindruck, wie das <hi rendition="#g">Fremdwort,</hi> das <lb n="pgo_131.037"/> unnöthigerweise angebracht wird, macht das deutsche Ersatzwort der </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0153]
pgo_131.001
und charakterisirt damit von vornherein das dichterische Kauderwälsch, pgo_131.002
das durch seine sonst talentvollen Dichtungen geht. Scherenberg streut pgo_131.003
die Fremdwörter in einzelnen Brocken in seine Verse, aber nur in den pgo_131.004
humoristischen Theilen des Werkes läßt sich diese absichtliche Sprachmengerei pgo_131.005
rechtfertigen.
pgo_131.006
Was der ernsten Muse versagt ist, das gerade kommt der komischen pgo_131.007
zu Statten. Das mit Geschick angewendete Fremdwort ist ein Hauptträger pgo_131.008
der komischen Wirkung, und zwar nicht blos da, wo es die Sprachmengerei pgo_131.009
zu verspotten gilt, wie in Rachel's und Laurenberg's pgo_131.010
Satyren:
pgo_131.011
Ein braver Kapitain, ein alter Freiersmann, pgo_131.012
Hub seinen Mengelmuß mit diesen Worten an: pgo_131.013
La Maître machet mir en façon der Franzosen pgo_131.014
Für gut contentement ein paar geraumer Hosen, pgo_131.015
Jch selber bin mir gram, mir knorrt der ganze Leib pgo_131.016
Daß ich jusqu' à présent muß leben ohne Weib. pgo_131.017
Was hab' ich nicht gethan? Was hab' ich nicht erlitten, pgo_131.018
O Cloris, dein amour und Schönheit zu erbitten? pgo_131.019
Weil dein Eclat soweit die andern übergeht, pgo_131.020
Wie wenn ein Diamant bei einem Kiesel steht. pgo_131.021
Soleil de notre temps, o Auszug aller Tugend! pgo_131.022
O himmlischer Trésor! u. s. f.
pgo_131.023
Rachel, der Poet.
pgo_131.024
Die deutschen Dramatiker haben sich in den verschiedensten Epochen pgo_131.025
unserer Literatur diese komische Wirkung nicht entgehen lassen. Andreas pgo_131.026
Gryphius läßt in seinem „Horribilicribrifax“ sowohl den Helden des pgo_131.027
Stückes, als seinen Gegner Daradiridatumdari das Französisch, Spanisch pgo_131.028
und Welsch durcheinander mischen, während der Schulmeister Sempronius pgo_131.029
Griechisch und Lateinisch im Uebermaaß in seine deutsche Rede pgo_131.030
wirkt; Lessing's Riccaut de la Marlinière radebrecht deutsch und französisch pgo_131.031
mit komischer Wirkung durcheinander und hat in der neuesten Zeit pgo_131.032
an Gutzkow's Königslieutenant Thorane einen Nachfolger gefunden, pgo_131.033
dessen Deutsch-Französisch stets einen leise komischen Anflug mit sich führt, pgo_131.034
aber dort, wo es ernstere sentimentale Wirkungen hervorrufen soll, gekünstelt pgo_131.035
erscheint.
pgo_131.036
Einen ebenso undichterischen Eindruck, wie das Fremdwort, das pgo_131.037
unnöthigerweise angebracht wird, macht das deutsche Ersatzwort der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |