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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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während die Aufeinanderfolge der Kürzen und Längen, der entweder pgo_200.002
jambische oder trochäische Charakter, regelmäßig festgehalten wird. Auf pgo_200.003
der andern Seite würde das Bestreben, die deutschen Sylben nach griechischen pgo_200.004
Regeln zu messen, eine Sylbe wegen des gedehnten Vokals, des pgo_200.005
Doppellautes, des Begegnens mehrerer Konsonanten als lang bestimmen pgo_200.006
zu wollen, nur eine lächerliche Pedanterie sein, die mit dem Charakter pgo_200.007
unserer Sprache in offenbarem Widerspruch stünde.

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Da wir hier keine ausführliche Prosodie und Metrik geben können*), pgo_200.009
so wird es genügen, einige Hauptbestimmungen anzuführen. Die Sylben pgo_200.010
der deutschen Wörter sind entweder lang, kurz oder mittelzeitig pgo_200.011
(schwebend
). Wie schon Lachmann bemerkt, ruht der Hauptton im pgo_200.012
Deutschen in der Regel auf der ersten Sylbe.

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Lang sind alle einsylbigen Haupt- und Stammsylben, Substantive pgo_200.014
und Adjective, alle einsylbigen Zeitwörter, Zahlwörter u. s. f.

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Lang sind alle Stammsylben auch in Zusammensetzungen, selbst pgo_200.016
wenn sie den Accent verloren haben; ferner die Endungen aller Substantive, pgo_200.017
Adjective und Adverbien, welche von veralteten Stämmen pgo_200.018
abgeleitet werden.

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Kurz ist der bestimmte Artikel, es, er, du, sie, zu vor den Jnfinitiven, pgo_200.020
so vor dem Nachsatz, die Präpositionen in, an, zu, die Vorsylben, pgo_200.021
die ein e haben, die Veränderungssylben, die ein tonloses e haben, in der pgo_200.022
Deklination und Konjugation, die Ableitungssylben, die ein e haben.

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Mittelzeitig sind kurze Sylben, die durch ihre Stellung im Verse pgo_200.024
lang werden können z. B. ein, und, ich, du, er, sie, bis, nach, pgo_200.025
nie,
die Vorsylben mit, voll, un, die Endungen ung, niß, lig, pgo_200.026
lich, icht, ei
und lei, die Envokale a, o, e.

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Die weitere Ausführung mag man in den in der Note bezeichneten pgo_200.028
Werken nachlesen! Diese Bestimmungen sind nicht willkürlich, und pgo_200.029
durch ihre strenge Beobachtung, wie wir sie besonders bei Platen finden,

*) pgo_200.030
Wir verweisen in Bezug auf die antike Metrik auf zwei gründlich eingehende pgo_200.031
Werke: Munck, die Metrik der Griechen und Römer (1834); Freese, griechischrömische pgo_200.032
Metrik (1842); in Bezug auf die altdeutsche besonders: Lachmann, über pgo_200.033
althochdeutsche Betonung und Verskunst (Abhandl. der Königl. Akademie 1834); über pgo_200.034
neue Metrik: Voß, Zeitmessung der deutschen Sprache, 2te Ausgabe 1831; besonders pgo_200.035
Minckwitz: Lehrbuch der deutschen Prosodie und Metrik, Leipzig 1844.

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unserer Sprache in offenbarem Widerspruch stünde.

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wenn sie den Accent verloren haben; ferner die Endungen aller Substantive, pgo_200.017
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Kurz ist der bestimmte Artikel, es, er, du, sie, zu vor den Jnfinitiven, pgo_200.020
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Deklination und Konjugation, die Ableitungssylben, die ein e haben.

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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/222>, abgerufen am 21.11.2024.