Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_204.001 pgo_204.002 pgo_204.003 pgo_204.008 _ _ _ _ | pgo_204.011 pgo_204.012 pgo_204.001 pgo_204.002 pgo_204.003 pgo_204.008 ‿ _ ‿ _ | pgo_204.011 pgo_204.012 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0226" n="204"/> <p><lb n="pgo_204.001"/> 3) Der <hi rendition="#g">erste Jonikus</hi> ‿ ‿ _ _ ‧</p> <p><lb n="pgo_204.002"/> 4) Der <hi rendition="#g">zweite Jonikus</hi> _ _ ‿ ‿ ‧</p> <p><lb n="pgo_204.003"/> Die <hi rendition="#g">vier Epitrite,</hi> aus drei Längen und einer Kürze bestehend <lb n="pgo_204.004"/> und je nach der Stellung der Kürze an der ersten, zweiten, dritten oder <lb n="pgo_204.005"/> vierten Stelle in vier Klassen getheilt, sowie die <hi rendition="#g">vier Päone,</hi> aus drei <lb n="pgo_204.006"/> Kürzen und einer Länge bestehend und ebenfalls nach dem Platz, den die <lb n="pgo_204.007"/> Länge nimmt, unterschieden, mögen hier nur flüchtig erwähnt werden.</p> <p><lb n="pgo_204.008"/> Wird der Jambus und Trochäus verdoppelt, so entsteht die jambische <lb n="pgo_204.009"/> und trochäische <hi rendition="#g">Reihe, Dipodie:</hi></p> <lb n="pgo_204.010"/> <p> <hi rendition="#right">‿ _ ‿ _ | <lb n="pgo_204.011"/> _ ‿ _ ‿ |</hi> </p> <p><lb n="pgo_204.012"/> Ueberhaupt sind im Deutschen selbstständig Versbildend von diesen <lb n="pgo_204.013"/> Versfüßen nur die vier ersten, der Trochäus und Jambus, Daktylus und <lb n="pgo_204.014"/> Anapästus, und außerdem etwa noch der Choriambus. Wir werden den <lb n="pgo_204.015"/> Charakter der durch sie gebildeten <hi rendition="#g">Versmaaße</hi> im nächsten Kapitel näher <lb n="pgo_204.016"/> untersuchen. Die übrigen Versfüße dienen nur als Ersatz zur Bereicherung <lb n="pgo_204.017"/> des Rhythmus oder finden in den verwickelteren Zusammensetzungen <lb n="pgo_204.018"/> der heroischen Odenstrophe und den deutschen Nachahmungen eine Stelle. — <lb n="pgo_204.019"/> Wenn auch die deutsche Metrik exakt, die deutsche Rhythmik ausdrucksvoll <lb n="pgo_204.020"/> genug ist, den reimlosen Versen ein charakteristisches Gepräge zu geben: <lb n="pgo_204.021"/> so erschließt doch in allen germanischen Zungen erst der <hi rendition="#g">Reim</hi> den vollen <lb n="pgo_204.022"/> Zauber des sprachlichen Wohlklangs. Der <hi rendition="#g">Reim</hi> ist keineswegs die <lb n="pgo_204.023"/> Erfindung eines besonderen Volkes, der Araber oder irgend eines andern; <lb n="pgo_204.024"/> er ist eine innere Nothwendigkeit der accentuirenden Poesie, denn er hebt <lb n="pgo_204.025"/> den Accent hervor und kräftigt dadurch den Rhythmus. Schon die ältesten <lb n="pgo_204.026"/> poetischen Denkmäler in den romanischen Sprachen, im Provençalischen, <lb n="pgo_204.027"/> Alt- und Nordfranzösischen sind gereimt. Jm Althochdeutschen <lb n="pgo_204.028"/> gelangte der Endreim in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts <lb n="pgo_204.029"/> zur ausschließlichen Herrschaft, und auch in der altnordischen z. B. der <lb n="pgo_204.030"/> isländischen Poesie herrschte der Reim im eigentlichen Volksliede (<foreign xml:lang="isl">rùnhuda</foreign>). <lb n="pgo_204.031"/> Der <hi rendition="#g">Endreim</hi> ging aus der <hi rendition="#g">Alliteration,</hi> der Wiederholung <lb n="pgo_204.032"/> von gleich oder ähnlich klingenden Konsonanten am Anfang der einzelnen <lb n="pgo_204.033"/> Wörter und Sylben, noch mehr aber aus der <hi rendition="#g">Assonanz,</hi> dem <lb n="pgo_204.034"/> Anklange der Vokale in mehreren aufeinander folgenden Wörtern oder <lb n="pgo_204.035"/> in den Schlußwörtern der Verse hervor. Diese historischen Vorklänge </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [204/0226]
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3) Der erste Jonikus ‿ ‿ _ _ ‧
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4) Der zweite Jonikus _ _ ‿ ‿ ‧
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Die vier Epitrite, aus drei Längen und einer Kürze bestehend pgo_204.004
und je nach der Stellung der Kürze an der ersten, zweiten, dritten oder pgo_204.005
vierten Stelle in vier Klassen getheilt, sowie die vier Päone, aus drei pgo_204.006
Kürzen und einer Länge bestehend und ebenfalls nach dem Platz, den die pgo_204.007
Länge nimmt, unterschieden, mögen hier nur flüchtig erwähnt werden.
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Wird der Jambus und Trochäus verdoppelt, so entsteht die jambische pgo_204.009
und trochäische Reihe, Dipodie:
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Ueberhaupt sind im Deutschen selbstständig Versbildend von diesen pgo_204.013
Versfüßen nur die vier ersten, der Trochäus und Jambus, Daktylus und pgo_204.014
Anapästus, und außerdem etwa noch der Choriambus. Wir werden den pgo_204.015
Charakter der durch sie gebildeten Versmaaße im nächsten Kapitel näher pgo_204.016
untersuchen. Die übrigen Versfüße dienen nur als Ersatz zur Bereicherung pgo_204.017
des Rhythmus oder finden in den verwickelteren Zusammensetzungen pgo_204.018
der heroischen Odenstrophe und den deutschen Nachahmungen eine Stelle. — pgo_204.019
Wenn auch die deutsche Metrik exakt, die deutsche Rhythmik ausdrucksvoll pgo_204.020
genug ist, den reimlosen Versen ein charakteristisches Gepräge zu geben: pgo_204.021
so erschließt doch in allen germanischen Zungen erst der Reim den vollen pgo_204.022
Zauber des sprachlichen Wohlklangs. Der Reim ist keineswegs die pgo_204.023
Erfindung eines besonderen Volkes, der Araber oder irgend eines andern; pgo_204.024
er ist eine innere Nothwendigkeit der accentuirenden Poesie, denn er hebt pgo_204.025
den Accent hervor und kräftigt dadurch den Rhythmus. Schon die ältesten pgo_204.026
poetischen Denkmäler in den romanischen Sprachen, im Provençalischen, pgo_204.027
Alt- und Nordfranzösischen sind gereimt. Jm Althochdeutschen pgo_204.028
gelangte der Endreim in der zweiten Hälfte des neunten Jahrhunderts pgo_204.029
zur ausschließlichen Herrschaft, und auch in der altnordischen z. B. der pgo_204.030
isländischen Poesie herrschte der Reim im eigentlichen Volksliede (rùnhuda). pgo_204.031
Der Endreim ging aus der Alliteration, der Wiederholung pgo_204.032
von gleich oder ähnlich klingenden Konsonanten am Anfang der einzelnen pgo_204.033
Wörter und Sylben, noch mehr aber aus der Assonanz, dem pgo_204.034
Anklange der Vokale in mehreren aufeinander folgenden Wörtern oder pgo_204.035
in den Schlußwörtern der Verse hervor. Diese historischen Vorklänge
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