Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_209.001 pgo_209.004 Fünfter Abschnitt. pgo_209.005Die vorzüglichsten Versmaaße. pgo_209.006 pgo_209.013 1. Das trochäische Versmaaß. pgo_209.014 pgo_209.028 pgo_209.001 pgo_209.004 Fünfter Abschnitt. pgo_209.005Die vorzüglichsten Versmaaße. pgo_209.006 pgo_209.013 1. Das trochäische Versmaaß. pgo_209.014 pgo_209.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0231" n="209"/><lb n="pgo_209.001"/> selbst der Charakter des Sclavenaufstandes kräftig hervorgehoben, während <lb n="pgo_209.002"/> diese Reime dabei durch ihre ungesuchte Neuheit einen frischlebendigen <lb n="pgo_209.003"/> Eindruck machen. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="4"> <lb n="pgo_209.004"/> <head> <hi rendition="#c">Fünfter Abschnitt.</hi> </head> <lb n="pgo_209.005"/> <head> <hi rendition="#c">Die vorzüglichsten Versmaaße.</hi> </head> <p><lb n="pgo_209.006"/> Jedes Versmaaß hat seine rhythmische Bedeutung, seinen bestimmten <lb n="pgo_209.007"/> Charakter. Dieser Charakter erleidet wesentliche Modifikationen durch <lb n="pgo_209.008"/> die <hi rendition="#g">Zahl</hi> der <hi rendition="#g">Füße,</hi> welche den einzelnen Vers bilden, durch die volle <lb n="pgo_209.009"/> Beendigung der rhythmischen Reihe oder den Abbruch mitten im Takte <lb n="pgo_209.010"/> (<hi rendition="#g">Katalexis</hi>), durch die Art und Weise, wie <hi rendition="#g">katalektische</hi> und <hi rendition="#g">akatalektische <lb n="pgo_209.011"/> Verse</hi> verknüpft werden, und durch die Bildung der Verse zu <lb n="pgo_209.012"/> Strophen, welche meistens durch den Reim bestimmt wird.</p> <div n="5"> <lb n="pgo_209.013"/> <head> <hi rendition="#c">1. Das trochäische Versmaaß.</hi> </head> <p><lb n="pgo_209.014"/> Man nimmt als kleinste Einheit in der Regel die <hi rendition="#g">trochäische <lb n="pgo_209.015"/> Dipodie</hi> (_ ‿ _ ‿ an, in welcher sich schon kleinere Gedichte bilden <lb n="pgo_209.016"/> lassen. Wie das Vorausgehn der Kürze vor der Länge in der Regel <lb n="pgo_209.017"/> dem Vers einen andringenden, hinausstürmenden, thatkräftigen Charakter <lb n="pgo_209.018"/> giebt: so erhält der Vers durch die Stellung der Länge vor der Kürze <lb n="pgo_209.019"/> einen mehr nach innen gewandten, reflektirenden Zug. Der Vers beginnt <lb n="pgo_209.020"/> gleichsam mit dem vollen, beruhigten, selbstgewissen Klang und breitet <lb n="pgo_209.021"/> sich aus in einem gemäßigten Hin- und Herwogen! Die Emphase der <lb n="pgo_209.022"/> Seele geht voraus und trägt den Vers; sie nimmt die äußere Welt in <lb n="pgo_209.023"/> sich hinein, wie die Kürze während des ganzen Verses bis zum Schluß <lb n="pgo_209.024"/> zwischen den Längen steht. Besteht der trochäische Vers aus sehr wenigen <lb n="pgo_209.025"/> oder aus sehr vielen Füßen: so erhält dieser Zug der Betrachtung <lb n="pgo_209.026"/> einen mehr heitern und schwunghaften Charakter, während die mittlere <lb n="pgo_209.027"/> Zahl der Füße ihn für das Elegische und Sentenziöse geeignet macht.</p> <p><lb n="pgo_209.028"/> Der längere trochäische Vers kann durch Daktylen, nur nicht im ersten <lb n="pgo_209.029"/> und letzten Fuße, weil dadurch im An- und Austönen der Charakter des <lb n="pgo_209.030"/> Trochäus überhört werden würde, lebendiger, durch Spondäen im <lb n="pgo_209.031"/> zweiten Fuße jeder Dipodie gewichtiger gemacht werden. Doch ist besonders </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [209/0231]
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selbst der Charakter des Sclavenaufstandes kräftig hervorgehoben, während pgo_209.002
diese Reime dabei durch ihre ungesuchte Neuheit einen frischlebendigen pgo_209.003
Eindruck machen.
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Fünfter Abschnitt. pgo_209.005
Die vorzüglichsten Versmaaße. pgo_209.006
Jedes Versmaaß hat seine rhythmische Bedeutung, seinen bestimmten pgo_209.007
Charakter. Dieser Charakter erleidet wesentliche Modifikationen durch pgo_209.008
die Zahl der Füße, welche den einzelnen Vers bilden, durch die volle pgo_209.009
Beendigung der rhythmischen Reihe oder den Abbruch mitten im Takte pgo_209.010
(Katalexis), durch die Art und Weise, wie katalektische und akatalektische pgo_209.011
Verse verknüpft werden, und durch die Bildung der Verse zu pgo_209.012
Strophen, welche meistens durch den Reim bestimmt wird.
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1. Das trochäische Versmaaß. pgo_209.014
Man nimmt als kleinste Einheit in der Regel die trochäische pgo_209.015
Dipodie (_ ‿ _ ‿ an, in welcher sich schon kleinere Gedichte bilden pgo_209.016
lassen. Wie das Vorausgehn der Kürze vor der Länge in der Regel pgo_209.017
dem Vers einen andringenden, hinausstürmenden, thatkräftigen Charakter pgo_209.018
giebt: so erhält der Vers durch die Stellung der Länge vor der Kürze pgo_209.019
einen mehr nach innen gewandten, reflektirenden Zug. Der Vers beginnt pgo_209.020
gleichsam mit dem vollen, beruhigten, selbstgewissen Klang und breitet pgo_209.021
sich aus in einem gemäßigten Hin- und Herwogen! Die Emphase der pgo_209.022
Seele geht voraus und trägt den Vers; sie nimmt die äußere Welt in pgo_209.023
sich hinein, wie die Kürze während des ganzen Verses bis zum Schluß pgo_209.024
zwischen den Längen steht. Besteht der trochäische Vers aus sehr wenigen pgo_209.025
oder aus sehr vielen Füßen: so erhält dieser Zug der Betrachtung pgo_209.026
einen mehr heitern und schwunghaften Charakter, während die mittlere pgo_209.027
Zahl der Füße ihn für das Elegische und Sentenziöse geeignet macht.
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Der längere trochäische Vers kann durch Daktylen, nur nicht im ersten pgo_209.029
und letzten Fuße, weil dadurch im An- und Austönen der Charakter des pgo_209.030
Trochäus überhört werden würde, lebendiger, durch Spondäen im pgo_209.031
zweiten Fuße jeder Dipodie gewichtiger gemacht werden. Doch ist besonders
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