Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_233.001 pgo_233.003 c. Der achtfüßige Anapästus (Tetrameter). pgo_233.004_ _- _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ || _ - _ _ _ - _ _ _ _ _ _ _ _ (_) pgo_233.005 Keusch lehnt Klopstock an den Lilienstab, und um Goethe's erleuchtete Stirne pgo_233.016 pgo_233.017Glüh'n Rosen im Kranz! Kühn wäre der Wunsch zu ersingen verwandte Belohnung! Platen. pgo_233.018 Sein Abschiedswort thut euch durch mich der Komödienschreiber zu wissen, pgo_233.020 pgo_233.021Der oftmals schon, im Laufe des Stücks, vortrat aus seinen Coulissen! Platen. pgo_233.022 Wie duftet da rings ein gefangener Lenz aus Vasen, von Nischen, Konsolen pgo_233.027 So würzigen Hauch! Der Abend blickt durch schwere Gardinen verstohlen. pgo_233.028 Es hängt an der Wand im Blumengewind die Harfe mit schlummernden Liedern; pgo_233.029 Der Papagei im Käfig frägt -- und die Nachtigallen erwiedern. pgo_233.030 Das Pergament auf dem zierlichen Schrein -- das ist die Hölle des Dante, pgo_233.031 Die alles Gezücht, Jtaliens Schmach, in den ewigen Rhythmen verbrannte! pgo_233.001 pgo_233.003 c. Der achtfüßige Anapästus (Tetrameter). pgo_233.004‿ ‿‾ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ ‿ _ ‖ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ ‿ _ (‿) pgo_233.005 Keusch lehnt Klopstock an den Lilienstab, und um Goethe's erleuchtete Stirne pgo_233.016 pgo_233.017Glüh'n Rosen im Kranz! Kühn wäre der Wunsch zu ersingen verwandte Belohnung! Platen. pgo_233.018 Sein Abschiedswort thut euch durch mich der Komödienschreiber zu wissen, pgo_233.020 pgo_233.021Der oftmals schon, im Laufe des Stücks, vortrat aus seinen Coulissen! Platen. pgo_233.022 Wie duftet da rings ein gefangener Lenz aus Vasen, von Nischen, Konsolen pgo_233.027 So würzigen Hauch! Der Abend blickt durch schwere Gardinen verstohlen. pgo_233.028 Es hängt an der Wand im Blumengewind die Harfe mit schlummernden Liedern; pgo_233.029 Der Papagei im Käfig frägt — und die Nachtigallen erwiedern. pgo_233.030 Das Pergament auf dem zierlichen Schrein — das ist die Hölle des Dante, pgo_233.031 Die alles Gezücht, Jtaliens Schmach, in den ewigen Rhythmen verbrannte! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0255" n="233"/> <p><lb n="pgo_233.001"/> Ebenso läßt er einen zwei- oder dreifüßigen in der zweiten und vierten <lb n="pgo_233.002"/> Zeile mit dem fünffüßigen wechseln.</p> </div> <div n="6"> <lb n="pgo_233.003"/> <head> <hi rendition="#c">c. <hi rendition="#g">Der achtfüßige Anapästus (Tetrameter</hi>).</hi> </head> <lb n="pgo_233.004"/> <p> <hi rendition="#right">‿ <metamark function="metEmph" place="superlinear">‿</metamark>‾ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ ‿ _ ‖ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‾ ‿ _ ‿ ‿ _ ‿ ‿ _ (‿)</hi> </p> <p><lb n="pgo_233.005"/> Dieser Vers des Aristophanes, den nach seinem Vorbilde <hi rendition="#g">Platen</hi> und <lb n="pgo_233.006"/> <hi rendition="#g">Prutz</hi> für die Chorstrophen ihrer satyrischen Komödieen angewendet, hat <lb n="pgo_233.007"/> einen prächtig wogenden Gang, der ihn nicht blos für behaglich ausgeführte <lb n="pgo_233.008"/> Gemälde der komischen Muse, sondern auch für die Bilder üppiger <lb n="pgo_233.009"/> Schilderung und Empfindung, selbst für einen majestätischen Ernst geeignet <lb n="pgo_233.010"/> macht. Er verlangt nach jeder Dipodie einen scharfen Einschnitt; die <lb n="pgo_233.011"/> Hauptcäsur des Verses aber fällt nach der zweiten Dipodie. Der Spondäus <lb n="pgo_233.012"/> macht seinen Gang würdevoller. Dieser Vers kann ebenfalls eine <lb n="pgo_233.013"/> weibliche Endung haben und reimlos, wie gereimt angewendet werden: <lb n="pgo_233.014"/> z. B.</p> <lb n="pgo_233.015"/> <lg> <l>Keusch lehnt Klopstock an den Lilienstab, und um Goethe's erleuchtete Stirne</l> <lb n="pgo_233.016"/> <l>Glüh'n Rosen im Kranz! 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Ebenso läßt er einen zwei- oder dreifüßigen in der zweiten und vierten pgo_233.002
Zeile mit dem fünffüßigen wechseln.
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c. Der achtfüßige Anapästus (Tetrameter). pgo_233.004
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Dieser Vers des Aristophanes, den nach seinem Vorbilde Platen und pgo_233.006
Prutz für die Chorstrophen ihrer satyrischen Komödieen angewendet, hat pgo_233.007
einen prächtig wogenden Gang, der ihn nicht blos für behaglich ausgeführte pgo_233.008
Gemälde der komischen Muse, sondern auch für die Bilder üppiger pgo_233.009
Schilderung und Empfindung, selbst für einen majestätischen Ernst geeignet pgo_233.010
macht. Er verlangt nach jeder Dipodie einen scharfen Einschnitt; die pgo_233.011
Hauptcäsur des Verses aber fällt nach der zweiten Dipodie. Der Spondäus pgo_233.012
macht seinen Gang würdevoller. Dieser Vers kann ebenfalls eine pgo_233.013
weibliche Endung haben und reimlos, wie gereimt angewendet werden: pgo_233.014
z. B.
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Keusch lehnt Klopstock an den Lilienstab, und um Goethe's erleuchtete Stirne pgo_233.016
Glüh'n Rosen im Kranz! Kühn wäre der Wunsch zu ersingen verwandte Belohnung!
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Platen.
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Und gereimt:
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Sein Abschiedswort thut euch durch mich der Komödienschreiber zu wissen, pgo_233.020
Der oftmals schon, im Laufe des Stücks, vortrat aus seinen Coulissen!
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Platen.
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Jch habe in meinem „Carlo Zeno“ die dritte Abtheilung, die Darstellung pgo_233.023
einer südlich glühenden Liebe, die zugleich mit siegender Heiterkeit pgo_233.024
die klösterliche Beschränkung durchbricht, in gereimten anapästischen Tetrametern pgo_233.025
gedichtet:
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Wie duftet da rings ein gefangener Lenz aus Vasen, von Nischen, Konsolen pgo_233.027
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Es hängt an der Wand im Blumengewind die Harfe mit schlummernden Liedern; pgo_233.029
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Das Pergament auf dem zierlichen Schrein — das ist die Hölle des Dante, pgo_233.031
Die alles Gezücht, Jtaliens Schmach, in den ewigen Rhythmen verbrannte!
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