Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_480.001 pgo_480.004 pgo_480.027 pgo_480.040 pgo_480.043 pgo_480.057 pgo_480.072 pgo_480.075 pgo_480.001 pgo_480.004 pgo_480.027 pgo_480.040 pgo_480.043 pgo_480.057 pgo_480.072 pgo_480.075 <TEI> <text> <back> <div n="1"> <p><pb facs="#f0502" n="E480"/><lb n="pgo_480.001"/> lebensvolle Darstellungen, die alle Empfindungen für sich in Anspruch nehmen, die der Dichter zu erwecken im <lb n="pgo_480.002"/> Stande ist, die bei uns Sympathie oder Antipathie, Liebe oder Haß, Bewunderung oder Verachtung, Begeisterung <lb n="pgo_480.003"/> oder endlich auch Erheiterung hervorrufen müssen.«</p> <p><lb n="pgo_480.004"/> Nicht minder anerkennend spricht sich die Jllustrirte Zeitung (<hi rendition="#aq">XXV</hi>. Bd. Nr. 645) aus: »Bei allem <lb n="pgo_480.005"/> fast erstickenden Ueberfluß an Literaturgeschichten in Deutschland halten wir die Gottschall'sche doch deshalb <lb n="pgo_480.006"/> nicht für überflüssig, weil sich ihr Verfasser vorgenommen hat, die Literatur vom Standpunkte des modernen <lb n="pgo_480.007"/> Bewußtseins zu beleuchten und in ihrer gegenwärtigen Entwickelung die elementarischen Keime hervorzuheben, <lb n="pgo_480.008"/> welche Blüthe und Frucht für die Zukunft versprechen. Fast alle übrigen Literaturgeschichtschreiber sind ungerecht <lb n="pgo_480.009"/> gegen die modernen Tendenzen gewesen; der Eine hat sie vom conservativ-orthodoxen Standpunkte verworfen; <lb n="pgo_480.010"/> ein Zweiter hat sie ignorirt, weil sie eben noch mit uns leben, noch nicht einer Vergangenheit angehören, <lb n="pgo_480.011"/> die sich in gelehrt-pragmatischer Weise behandeln läßt; ein Dritter endlich zeigt ihnen seine Mißachtung, <lb n="pgo_480.012"/> weil ihm ihre Repräsentanten nicht gefallen oder weil es überhaupt in seiner süffisanten Natur liegt, über Alles <lb n="pgo_480.013"/> von oben herab abzusprechen. Nichtsdestoweniger bilden diese modernen Tendenzen eine Macht, die sich wohl <lb n="pgo_480.014"/> bekämpfen, aber nicht von vornherein verwerfen oder ignoriren läßt. Zudem werden sie jedenfalls von zum <lb n="pgo_480.015"/> Theil bedeutenden Talenten vertreten, deren Leistungen, ohne gerade Meisterwerke zu sein, doch auch manche <lb n="pgo_480.016"/> glänzenden Seiten bieten, in denen sich ein erfreulicher Fortschritt bald in formeller, bald in individueller Hinsicht <lb n="pgo_480.017"/> nicht verkennen läßt. Jndem nun Gottschall's Literaturgeschichte vorzugsweise diese Seiten hervorhebt, <lb n="pgo_480.018"/> ohne deshalb das Verfehlte zu übersehen und zu verschweigen, ist sie recht eigentlich als ein theils berichtigendes, <lb n="pgo_480.019"/> theils ergänzendes Werk zu den vorhandenen Literaturgeschichten anzusehen. Die kritische Methode waltet <lb n="pgo_480.020"/> vor, Gottschall geht dabei sehr gründlich zu Werke und charakterisirt und kritisirt jedes einzelne Produkt der <lb n="pgo_480.021"/> Autoren, die in den Kreis seiner Betrachtung fallen, so daß der Leser eine vollständige Uebersicht ihrer Leistungen <lb n="pgo_480.022"/> und wenigstens eine annähernde Schätzung des Werthes dieser Leistungen gewinnt. Das Publikum darf <lb n="pgo_480.023"/> ihm für diese mühsame Arbeit ohne Zweifel Dank wissen, da es bei dem großen und immer mehr anwachsenden <lb n="pgo_480.024"/> Reichthum der deutschen Literatur gewiß nur noch Wenige giebt, welche Zeit genug übrig haben, alle Schriften <lb n="pgo_480.025"/> auch nur der namhafteren deutschen Dichter und Autoren zu lesen. Die Darstellung ist geschmackvoll und <lb n="pgo_480.026"/> klar, wenn auch hier und da vielleicht etwas zu gekünstelt und bilderreich.«</p> <p><lb n="pgo_480.027"/> Die Vossische Zeitung (1856. Nr. 29) schließt ihre ausführliche Besprechung mit folgenden Worten: <lb n="pgo_480.028"/> »— — Wir unsererseits aber können nicht unterlassen, ihm (Gottschall) das Zeugniß zu geben, daß er mit <lb n="pgo_480.029"/> Fleiß, Ausdauer und liebevoller Hingebung seine schwierige Aufgabe zu lösen versucht und mit Unparteilichkeit, <lb n="pgo_480.030"/> frei von jedem Vorurtheil sein kritisches Amt verwaltet hat. Weichen unsere Ansichten auch in vielen Einzelheiten <lb n="pgo_480.031"/> von den seinigen ab, finden wir auch manches Urtheil nicht genügend motivirt, hier und da eine Erscheinung <lb n="pgo_480.032"/> mehr hervorgehoben, als sie es verdient, andere Persönlichkeiten dagegen nur flüchtig und ihre Bedeutung <lb n="pgo_480.033"/> nicht entsprechend abgethan, so ist doch der Gesammteindruck dieses Werkes ein überwiegend günstiger: er legt <lb n="pgo_480.034"/> ein glänzendes Zeugniß für die Befähigung Gottschall's als Literaturhistoriker ab. Anch der Styl zeichnet sich <lb n="pgo_480.035"/> durch Wärme und Fülle aus, gegenüber dem trockenen Tone, welchen die deutschen Gelehrten häufig als ein <lb n="pgo_480.036"/> Attribut der Wissenschaftlichkeit zu betrachten pflegen. Wir schließen uns von ganzem Herzen den letzten Worten <lb n="pgo_480.037"/> des Verfassers an. »Wer unsere Nationalliteratur verurtheilt, verurtheilt die Nation selbst, — wir aber <lb n="pgo_480.038"/> glauben an ihre freudige Entwickelung und haben die Aktenstücke zu derselben auf literarischem Gebiete so treu <lb n="pgo_480.039"/> und erschöpfend wie möglich gesammelt.«</p> <p><lb n="pgo_480.040"/> K. Gutzkow nennt in seinen Unterhaltungen am häuslichen Herde (Neue Folge 1. Bd. Nr. 11.) <lb n="pgo_480.041"/> den Verfasser »einen denkenden und selbstständig urtheilenden Geschichtsschreiber der deutschen Nationalliteratur« <lb n="pgo_480.042"/> und das obige Werk »ein geist- und gedankenreiches.«</p> <p><lb n="pgo_480.043"/> Die Kölnische Zeitung sagt in ihrem Feuilleton vom 30. Dezember 1855; »— — Während Julian <lb n="pgo_480.044"/> Schmidt's Literatur-Geschichte so eben in zweiter Auflage erschien, ward gleichzeitig die Literatur-Geschichte <lb n="pgo_480.045"/> von Rudolph Gottschall vollendet. Beide Werke bestehen sehr wohl neben einander, da sie zwar denselben <lb n="pgo_480.046"/> Gegenstand, aber auf eine sehr verschiedene Weise behandeln. Julian Schmidt ist es hauptsächlich um die geistigen <lb n="pgo_480.047"/> Richtungen zu thun, die sich im Leben und also auch in der Literatur der deutschen Nation offenbaren. Er <lb n="pgo_480.048"/> hat also eine Reihe Studien und Kritiken ausgearbeitet, in welchen diese Richtungen an ihren Haupt-Repräsentanten <lb n="pgo_480.049"/> entwickelt werden, und man kann sagen, daß Schmidt in seinem Werke so ziemlich Alles geleistet hat, <lb n="pgo_480.050"/> was ein scharfer historisch und philosophisch geschulter Verstand, verbunden mit einem gründlichen Studium <lb n="pgo_480.051"/> und einem großen sittlichen Ernste zu leisten vermag. Auf eine vollständig in's Einzelne gehende eigentliche <lb n="pgo_480.052"/> Geschichte unserer heutigen Schriftsteller und ihrer Werke hatte er es nicht abgesehen. Eine solche liefert uns <lb n="pgo_480.053"/> Gottschall, der Hunderte von Schriftstellern eingehend bespricht, die in jenem Werke gar nicht oder nur obenhin <lb n="pgo_480.054"/> erwähnt werden. Er ist bei diesem Unternehmen unterstützt durch ein feines, ästhetisches Gefühl, welches die <lb n="pgo_480.055"/> Eigenthümlichkeiten jeder literarischen Erscheinung lebendig empfindet und wiedergiebt. Jst er doch selbst ausübender <lb n="pgo_480.056"/> Künstler, und das kommt dem Kunstrichter immer zu Gute.«</p> <p><lb n="pgo_480.057"/> Die Berliner Feuerspritze (<hi rendition="#aq">III</hi>. Jahrg. Nr. 50) empfiehlt Gottschall's Literaturgeschichte mit folgenden <lb n="pgo_480.058"/> Worten: »Von den Classikern unseres Jahrhunderts beginnend, entwirft Gottschall die General- und Specialkarte <lb n="pgo_480.059"/> des literarischen Gebietes klar, geordnet und übersichtlich, scharf in der Zeichnung, berechnet in der <lb n="pgo_480.060"/> Eintheilung und jede, auch die kleinste Quelle der Poesie, auch die untergeordneten, einseitigen Ansiedelungen <lb n="pgo_480.061"/> poetischer Ackerbürger genau verzeichnend. — Er tritt in seiner Literaturgeschichte mehr als geistreicher Sammler, <lb n="pgo_480.062"/> denn als Forscher auf, seine Urtheile verrathen mehr den Dichter als den Kritiker: sie sind bilderreich, <lb n="pgo_480.063"/> schwunghaft und brillant, aber selten hart und scharf. Er steht vielen der besprochenen Personen zu nahe, um <lb n="pgo_480.064"/> sich rücksichtslos äußern zu dürfen; seine Kritik verletzt Niemand, sie ist <hi rendition="#g">wohlwollend,</hi> und ihr letzter Zweck <lb n="pgo_480.065"/> — Förderung geweckter und erwachter Kraft und Edles anstrebenden Talentes. Beide Bände des Gottschall'schen <lb n="pgo_480.066"/> Werkes lesen sich leicht, da sich die Darstellung eben so fern hält von gelehrter Phraseologie, als von <lb n="pgo_480.067"/> dürrer Zusammenstellung, an welchen Fehlern leider so viele Literatur-Historiker laboriren. Ein kampfbereiter <lb n="pgo_480.068"/> Gegner der Ansicht vom Verfalle der deutschen Literatur, weist Gottschall Schritt für Schritt an der historischen <lb n="pgo_480.069"/> und ideellen Entfaltung des Zeitgeistes den Aufschwung und den Reichthum der geistigen Gegenwart und in <lb n="pgo_480.070"/> den <hi rendition="#g">Keimen</hi> die Blüthen einer herrlichen, fruchtreichen <hi rendition="#g">Zukunft</hi> nach. Möge denn Gottschall's Werk dem <lb n="pgo_480.071"/> Laien zu belehrender Anleitung, den Schülern der Musen aber zur geistigen Erhebung gereichen.«</p> <p><lb n="pgo_480.072"/> Das ganze Werk, vollständig in 2 Bänden mit angefügtem alphabetischen Register <lb n="pgo_480.073"/> kostet 5 Rthlr. und ist für diesen Preis durch alle Buchhandlungen des Jn- und <lb n="pgo_480.074"/> Auslandes zu beziehen.</p> <p> <lb n="pgo_480.075"/> <hi rendition="#g">Breslau.</hi> <hi rendition="#right">Eduard Trewendt, Verlagshandlung.</hi> </p> </div> </back> </text> </TEI> [E480/0502]
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lebensvolle Darstellungen, die alle Empfindungen für sich in Anspruch nehmen, die der Dichter zu erwecken im pgo_480.002
Stande ist, die bei uns Sympathie oder Antipathie, Liebe oder Haß, Bewunderung oder Verachtung, Begeisterung pgo_480.003
oder endlich auch Erheiterung hervorrufen müssen.«
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Nicht minder anerkennend spricht sich die Jllustrirte Zeitung (XXV. Bd. Nr. 645) aus: »Bei allem pgo_480.005
fast erstickenden Ueberfluß an Literaturgeschichten in Deutschland halten wir die Gottschall'sche doch deshalb pgo_480.006
nicht für überflüssig, weil sich ihr Verfasser vorgenommen hat, die Literatur vom Standpunkte des modernen pgo_480.007
Bewußtseins zu beleuchten und in ihrer gegenwärtigen Entwickelung die elementarischen Keime hervorzuheben, pgo_480.008
welche Blüthe und Frucht für die Zukunft versprechen. Fast alle übrigen Literaturgeschichtschreiber sind ungerecht pgo_480.009
gegen die modernen Tendenzen gewesen; der Eine hat sie vom conservativ-orthodoxen Standpunkte verworfen; pgo_480.010
ein Zweiter hat sie ignorirt, weil sie eben noch mit uns leben, noch nicht einer Vergangenheit angehören, pgo_480.011
die sich in gelehrt-pragmatischer Weise behandeln läßt; ein Dritter endlich zeigt ihnen seine Mißachtung, pgo_480.012
weil ihm ihre Repräsentanten nicht gefallen oder weil es überhaupt in seiner süffisanten Natur liegt, über Alles pgo_480.013
von oben herab abzusprechen. Nichtsdestoweniger bilden diese modernen Tendenzen eine Macht, die sich wohl pgo_480.014
bekämpfen, aber nicht von vornherein verwerfen oder ignoriren läßt. Zudem werden sie jedenfalls von zum pgo_480.015
Theil bedeutenden Talenten vertreten, deren Leistungen, ohne gerade Meisterwerke zu sein, doch auch manche pgo_480.016
glänzenden Seiten bieten, in denen sich ein erfreulicher Fortschritt bald in formeller, bald in individueller Hinsicht pgo_480.017
nicht verkennen läßt. Jndem nun Gottschall's Literaturgeschichte vorzugsweise diese Seiten hervorhebt, pgo_480.018
ohne deshalb das Verfehlte zu übersehen und zu verschweigen, ist sie recht eigentlich als ein theils berichtigendes, pgo_480.019
theils ergänzendes Werk zu den vorhandenen Literaturgeschichten anzusehen. Die kritische Methode waltet pgo_480.020
vor, Gottschall geht dabei sehr gründlich zu Werke und charakterisirt und kritisirt jedes einzelne Produkt der pgo_480.021
Autoren, die in den Kreis seiner Betrachtung fallen, so daß der Leser eine vollständige Uebersicht ihrer Leistungen pgo_480.022
und wenigstens eine annähernde Schätzung des Werthes dieser Leistungen gewinnt. Das Publikum darf pgo_480.023
ihm für diese mühsame Arbeit ohne Zweifel Dank wissen, da es bei dem großen und immer mehr anwachsenden pgo_480.024
Reichthum der deutschen Literatur gewiß nur noch Wenige giebt, welche Zeit genug übrig haben, alle Schriften pgo_480.025
auch nur der namhafteren deutschen Dichter und Autoren zu lesen. Die Darstellung ist geschmackvoll und pgo_480.026
klar, wenn auch hier und da vielleicht etwas zu gekünstelt und bilderreich.«
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Die Vossische Zeitung (1856. Nr. 29) schließt ihre ausführliche Besprechung mit folgenden Worten: pgo_480.028
»— — Wir unsererseits aber können nicht unterlassen, ihm (Gottschall) das Zeugniß zu geben, daß er mit pgo_480.029
Fleiß, Ausdauer und liebevoller Hingebung seine schwierige Aufgabe zu lösen versucht und mit Unparteilichkeit, pgo_480.030
frei von jedem Vorurtheil sein kritisches Amt verwaltet hat. Weichen unsere Ansichten auch in vielen Einzelheiten pgo_480.031
von den seinigen ab, finden wir auch manches Urtheil nicht genügend motivirt, hier und da eine Erscheinung pgo_480.032
mehr hervorgehoben, als sie es verdient, andere Persönlichkeiten dagegen nur flüchtig und ihre Bedeutung pgo_480.033
nicht entsprechend abgethan, so ist doch der Gesammteindruck dieses Werkes ein überwiegend günstiger: er legt pgo_480.034
ein glänzendes Zeugniß für die Befähigung Gottschall's als Literaturhistoriker ab. Anch der Styl zeichnet sich pgo_480.035
durch Wärme und Fülle aus, gegenüber dem trockenen Tone, welchen die deutschen Gelehrten häufig als ein pgo_480.036
Attribut der Wissenschaftlichkeit zu betrachten pflegen. Wir schließen uns von ganzem Herzen den letzten Worten pgo_480.037
des Verfassers an. »Wer unsere Nationalliteratur verurtheilt, verurtheilt die Nation selbst, — wir aber pgo_480.038
glauben an ihre freudige Entwickelung und haben die Aktenstücke zu derselben auf literarischem Gebiete so treu pgo_480.039
und erschöpfend wie möglich gesammelt.«
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K. Gutzkow nennt in seinen Unterhaltungen am häuslichen Herde (Neue Folge 1. Bd. Nr. 11.) pgo_480.041
den Verfasser »einen denkenden und selbstständig urtheilenden Geschichtsschreiber der deutschen Nationalliteratur« pgo_480.042
und das obige Werk »ein geist- und gedankenreiches.«
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Die Kölnische Zeitung sagt in ihrem Feuilleton vom 30. Dezember 1855; »— — Während Julian pgo_480.044
Schmidt's Literatur-Geschichte so eben in zweiter Auflage erschien, ward gleichzeitig die Literatur-Geschichte pgo_480.045
von Rudolph Gottschall vollendet. Beide Werke bestehen sehr wohl neben einander, da sie zwar denselben pgo_480.046
Gegenstand, aber auf eine sehr verschiedene Weise behandeln. Julian Schmidt ist es hauptsächlich um die geistigen pgo_480.047
Richtungen zu thun, die sich im Leben und also auch in der Literatur der deutschen Nation offenbaren. Er pgo_480.048
hat also eine Reihe Studien und Kritiken ausgearbeitet, in welchen diese Richtungen an ihren Haupt-Repräsentanten pgo_480.049
entwickelt werden, und man kann sagen, daß Schmidt in seinem Werke so ziemlich Alles geleistet hat, pgo_480.050
was ein scharfer historisch und philosophisch geschulter Verstand, verbunden mit einem gründlichen Studium pgo_480.051
und einem großen sittlichen Ernste zu leisten vermag. Auf eine vollständig in's Einzelne gehende eigentliche pgo_480.052
Geschichte unserer heutigen Schriftsteller und ihrer Werke hatte er es nicht abgesehen. Eine solche liefert uns pgo_480.053
Gottschall, der Hunderte von Schriftstellern eingehend bespricht, die in jenem Werke gar nicht oder nur obenhin pgo_480.054
erwähnt werden. Er ist bei diesem Unternehmen unterstützt durch ein feines, ästhetisches Gefühl, welches die pgo_480.055
Eigenthümlichkeiten jeder literarischen Erscheinung lebendig empfindet und wiedergiebt. Jst er doch selbst ausübender pgo_480.056
Künstler, und das kommt dem Kunstrichter immer zu Gute.«
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Die Berliner Feuerspritze (III. Jahrg. Nr. 50) empfiehlt Gottschall's Literaturgeschichte mit folgenden pgo_480.058
Worten: »Von den Classikern unseres Jahrhunderts beginnend, entwirft Gottschall die General- und Specialkarte pgo_480.059
des literarischen Gebietes klar, geordnet und übersichtlich, scharf in der Zeichnung, berechnet in der pgo_480.060
Eintheilung und jede, auch die kleinste Quelle der Poesie, auch die untergeordneten, einseitigen Ansiedelungen pgo_480.061
poetischer Ackerbürger genau verzeichnend. — Er tritt in seiner Literaturgeschichte mehr als geistreicher Sammler, pgo_480.062
denn als Forscher auf, seine Urtheile verrathen mehr den Dichter als den Kritiker: sie sind bilderreich, pgo_480.063
schwunghaft und brillant, aber selten hart und scharf. Er steht vielen der besprochenen Personen zu nahe, um pgo_480.064
sich rücksichtslos äußern zu dürfen; seine Kritik verletzt Niemand, sie ist wohlwollend, und ihr letzter Zweck pgo_480.065
— Förderung geweckter und erwachter Kraft und Edles anstrebenden Talentes. Beide Bände des Gottschall'schen pgo_480.066
Werkes lesen sich leicht, da sich die Darstellung eben so fern hält von gelehrter Phraseologie, als von pgo_480.067
dürrer Zusammenstellung, an welchen Fehlern leider so viele Literatur-Historiker laboriren. Ein kampfbereiter pgo_480.068
Gegner der Ansicht vom Verfalle der deutschen Literatur, weist Gottschall Schritt für Schritt an der historischen pgo_480.069
und ideellen Entfaltung des Zeitgeistes den Aufschwung und den Reichthum der geistigen Gegenwart und in pgo_480.070
den Keimen die Blüthen einer herrlichen, fruchtreichen Zukunft nach. Möge denn Gottschall's Werk dem pgo_480.071
Laien zu belehrender Anleitung, den Schülern der Musen aber zur geistigen Erhebung gereichen.«
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Das ganze Werk, vollständig in 2 Bänden mit angefügtem alphabetischen Register pgo_480.073
kostet 5 Rthlr. und ist für diesen Preis durch alle Buchhandlungen des Jn- und pgo_480.074
Auslandes zu beziehen.
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Breslau.Eduard Trewendt, Verlagshandlung.
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