bey dem Drachen in der Fabel, dem an statt eines abgehauenen Kopffs allemahl drey andere wieder wuchsen. Daher ha- ben schon längst verständige Männer ge- urtheilet, man müsse solchen Schwärmern die Ehre nicht mehr anthun, ernstlich wi- der sie zu streiten; und würde besser thun, wenn man sie mit Satyrischen Waffen zu erlegen bemühet seyn würde. Dieses ha- ben nun E. H. mit so glücklichem Erfolg ins Werck gerichtet, daß dadurch nothwen- dig einer unzehlbahren Menge verführter Seelen die Augen geöffnet werden können. Wollte man sagen: Daß gleichwohl die Heil. Schrifft und viele Glaubens-Artickel mit dabey etwas leiden, und zum Geläch- ter werden würden; so wird doch ein Un- partheyischer leicht sehen, daß nicht die Schrifft selbst, auch nicht die Glaubens- Lehren, sondern nur die einfältigste Art, selbige zu mißbrauchen, gemeinet sey. Wäre dieses nicht; so müsste man auch behaupten, der theure Lutherus hätte sich an den Geheimnissen der Religion vergrif-
fen,
)*( 5
bey dem Drachen in der Fabel, dem an ſtatt eines abgehauenen Kopffs allemahl drey andere wieder wuchſen. Daher ha- ben ſchon laͤngſt verſtaͤndige Maͤnner ge- urtheilet, man muͤſſe ſolchen Schwaͤrmern die Ehre nicht mehr anthun, ernſtlich wi- der ſie zu ſtreiten; und wuͤrde beſſer thun, wenn man ſie mit Satyriſchen Waffen zu erlegen bemuͤhet ſeyn wuͤrde. Dieſes ha- ben nun E. H. mit ſo gluͤcklichem Erfolg ins Werck gerichtet, daß dadurch nothwen- dig einer unzehlbahren Menge verfuͤhrter Seelen die Augen geoͤffnet werden koͤnnen. Wollte man ſagen: Daß gleichwohl die Heil. Schrifft und viele Glaubens-Artickel mit dabey etwas leiden, und zum Gelaͤch- ter werden wuͤrden; ſo wird doch ein Un- partheyiſcher leicht ſehen, daß nicht die Schrifft ſelbſt, auch nicht die Glaubens- Lehren, ſondern nur die einfaͤltigſte Art, ſelbige zu mißbrauchen, gemeinet ſey. Waͤre dieſes nicht; ſo muͤſſte man auch behaupten, der theure Lutherus haͤtte ſich an den Geheimniſſen der Religion vergrif-
fen,
)*( 5
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0013"/>
bey dem Drachen in der Fabel, dem an<lb/>ſtatt eines abgehauenen Kopffs allemahl<lb/>
drey andere wieder wuchſen. Daher ha-<lb/>
ben ſchon laͤngſt verſtaͤndige Maͤnner ge-<lb/>
urtheilet, man muͤſſe ſolchen Schwaͤrmern<lb/>
die Ehre nicht mehr anthun, ernſtlich wi-<lb/>
der ſie zu ſtreiten; und wuͤrde beſſer thun,<lb/>
wenn man ſie mit Satyriſchen Waffen zu<lb/>
erlegen bemuͤhet ſeyn wuͤrde. Dieſes ha-<lb/>
ben nun E. H. mit ſo gluͤcklichem Erfolg<lb/>
ins Werck gerichtet, daß dadurch nothwen-<lb/>
dig einer unzehlbahren Menge verfuͤhrter<lb/>
Seelen die Augen geoͤffnet werden koͤnnen.<lb/>
Wollte man ſagen: Daß gleichwohl die<lb/>
Heil. Schrifft und viele Glaubens-Artickel<lb/>
mit dabey etwas leiden, und zum Gelaͤch-<lb/>
ter werden wuͤrden; ſo wird doch ein Un-<lb/>
partheyiſcher leicht ſehen, daß nicht die<lb/>
Schrifft ſelbſt, auch nicht die Glaubens-<lb/>
Lehren, ſondern nur die einfaͤltigſte Art,<lb/>ſelbige zu mißbrauchen, gemeinet ſey.<lb/>
Waͤre dieſes nicht; ſo muͤſſte man auch<lb/>
behaupten, der theure Lutherus haͤtte ſich<lb/>
an den Geheimniſſen der Religion vergrif-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">)*( 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">fen,</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0013]
bey dem Drachen in der Fabel, dem an
ſtatt eines abgehauenen Kopffs allemahl
drey andere wieder wuchſen. Daher ha-
ben ſchon laͤngſt verſtaͤndige Maͤnner ge-
urtheilet, man muͤſſe ſolchen Schwaͤrmern
die Ehre nicht mehr anthun, ernſtlich wi-
der ſie zu ſtreiten; und wuͤrde beſſer thun,
wenn man ſie mit Satyriſchen Waffen zu
erlegen bemuͤhet ſeyn wuͤrde. Dieſes ha-
ben nun E. H. mit ſo gluͤcklichem Erfolg
ins Werck gerichtet, daß dadurch nothwen-
dig einer unzehlbahren Menge verfuͤhrter
Seelen die Augen geoͤffnet werden koͤnnen.
Wollte man ſagen: Daß gleichwohl die
Heil. Schrifft und viele Glaubens-Artickel
mit dabey etwas leiden, und zum Gelaͤch-
ter werden wuͤrden; ſo wird doch ein Un-
partheyiſcher leicht ſehen, daß nicht die
Schrifft ſelbſt, auch nicht die Glaubens-
Lehren, ſondern nur die einfaͤltigſte Art,
ſelbige zu mißbrauchen, gemeinet ſey.
Waͤre dieſes nicht; ſo muͤſſte man auch
behaupten, der theure Lutherus haͤtte ſich
an den Geheimniſſen der Religion vergrif-
fen,
)*( 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_pietisterey_1736/13>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.