Gottsched, Luise Adelgunde Victorie: Die Pietisterey im Fischbein-Rocke. Rostock, 1736.Die Pietisterey sehr verbunden, Herr Magister, und ich zweiflenicht - - - Herr Scheinfromm. Ach! ihr Hertz ist von den sinnlichen Lüsten noch nicht gantz gereinigt; ihr Geist klebet noch an al- lerley Vorurtheilen. Jch hoffe aber, daß dero Ansehen mehr bey ihr ausrichten wird, als mein guter Rath. Frau Glaubeleichtin. Jch hoffe es auch. Bringen sie nur, wie ich ihnen gesagt habe, ihren Herrn Vetter zu mir. Herr Scheinfromm. Gantz gerne. Jetzo muß ich meine Beth- Stunde abwarten; und will mich ihnen also em- pfehlen. (Geht ab.) Frau Glaubeleichtin. Leben sie wohl. Jch werde schon alles besorgen. Siebender Auftritt. Fr. Glaubeleichtin, Jfr. Luischen. (setzen sich.) Frau Glaubeleichtin. Luischen! ich habe dich lieb; und bishero hast du allezeit genungsame Proben davon gehabt. Du hast mich den Augenblick sehr erzürnt; aber ich will es dir alles verzeihen, wenn du deinen Fehler ver- bessern
Die Pietiſterey ſehr verbunden, Herr Magiſter, und ich zweiflenicht ‒ ‒ ‒ Herr Scheinfromm. Ach! ihr Hertz iſt von den ſinnlichen Luͤſten noch nicht gantz gereinigt; ihr Geiſt klebet noch an al- lerley Vorurtheilen. Jch hoffe aber, daß dero Anſehen mehr bey ihr ausrichten wird, als mein guter Rath. Frau Glaubeleichtin. Jch hoffe es auch. Bringen ſie nur, wie ich ihnen geſagt habe, ihren Herrn Vetter zu mir. Herr Scheinfromm. Gantz gerne. Jetzo muß ich meine Beth- Stunde abwarten; und will mich ihnen alſo em- pfehlen. (Geht ab.) Frau Glaubeleichtin. Leben ſie wohl. Jch werde ſchon alles beſorgen. Siebender Auftritt. Fr. Glaubeleichtin, Jfr. Luischen. (ſetzen ſich.) Frau Glaubeleichtin. Luischen! ich habe dich lieb; und bishero haſt du allezeit genungſame Proben davon gehabt. Du haſt mich den Augenblick ſehr erzuͤrnt; aber ich will es dir alles verzeihen, wenn du deinen Fehler ver- beſſern
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Die Pietiſterey
ſehr verbunden, Herr Magiſter, und ich zweifle
nicht ‒ ‒ ‒
Herr Scheinfromm.
Ach! ihr Hertz iſt von den ſinnlichen Luͤſten noch
nicht gantz gereinigt; ihr Geiſt klebet noch an al-
lerley Vorurtheilen. Jch hoffe aber, daß dero
Anſehen mehr bey ihr ausrichten wird, als mein
guter Rath.
Frau Glaubeleichtin.
Jch hoffe es auch. Bringen ſie nur, wie ich
ihnen geſagt habe, ihren Herrn Vetter zu mir.
Herr Scheinfromm.
Gantz gerne. Jetzo muß ich meine Beth-
Stunde abwarten; und will mich ihnen alſo em-
pfehlen. (Geht ab.)
Frau Glaubeleichtin.
Leben ſie wohl. Jch werde ſchon alles beſorgen.
Siebender Auftritt.
Fr. Glaubeleichtin, Jfr. Luischen.
(ſetzen ſich.)
Frau Glaubeleichtin.
Luischen! ich habe dich lieb; und bishero haſt
du allezeit genungſame Proben davon gehabt. Du
haſt mich den Augenblick ſehr erzuͤrnt; aber ich will
es dir alles verzeihen, wenn du deinen Fehler ver-
beſſern
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