den besten Künstlern ihrer Zeiten haben ge- mahlt wissen wollen. Was die Mahler-Kunst im Absehen auf den Cörper bewerckstelliget, das verrichtet die Dichtkunst, als eine weit vollkommnere Mahlerey, auch im Absehen auf die Eigenschafften des Geistes und Gemüthes: Daher es denn ein Wunder ist, daß grosse Her- ren es nicht längst allen ungeschickten, ja mittel- mäßigen Poeten untersaget haben; sich mit ihren groben Zügen, an die Abbildungen ihrer Tugenden und Thaten zu wagen, die von rechtswegen nur von lauter ungemeinen Fe- dern entworfen werden sollten.
Dieses Buch, so Ew. Excell. und Hochwohl- geb. Gnaden zuzueignen ich die Ehre habe, ent- hält unter andern auch diejenigen Regeln, dar- nach sich alle Verfasser der Lobgedichte, und folg- lich auch diejenigen werden zu achten haben, die sich künftig an Dero hohes Lob machen dürften. Je trefflicher die Eigenschafften sind, dadurch Dieselben sich die Gnade eines grossen Monar- chen, und die Hochachtung eines so zahlreichen Hofes erworben haben; und je grösser also das Feld ist, so sich hier einem Poeten öffnen wird: desto verwerfflicher würde seine Arbeit seyn, wenn er sich in einer so würdigen Materie ver- gienge, und ein so prächtiges Lob aus Unwis-
senheit
den beſten Kuͤnſtlern ihrer Zeiten haben ge- mahlt wiſſen wollen. Was die Mahler-Kunſt im Abſehen auf den Coͤrper bewerckſtelliget, das verrichtet die Dichtkunſt, als eine weit vollkommnere Mahlerey, auch im Abſehen auf die Eigenſchafften des Geiſtes und Gemuͤthes: Daher es denn ein Wunder iſt, daß groſſe Her- ren es nicht laͤngſt allen ungeſchickten, ja mittel- maͤßigen Poeten unterſaget haben; ſich mit ihren groben Zuͤgen, an die Abbildungen ihrer Tugenden und Thaten zu wagen, die von rechtswegen nur von lauter ungemeinen Fe- dern entworfen werden ſollten.
Dieſes Buch, ſo Ew. Excell. und Hochwohl- geb. Gnaden zuzueignen ich die Ehre habe, ent- haͤlt unter andern auch diejenigen Regeln, dar- nach ſich alle Verfaſſer der Lobgedichte, und folg- lich auch diejenigen werden zu achten haben, die ſich kuͤnftig an Dero hohes Lob machen duͤrften. Je trefflicher die Eigenſchafften ſind, dadurch Dieſelben ſich die Gnade eines groſſen Monar- chen, und die Hochachtung eines ſo zahlreichen Hofes erworben haben; und je groͤſſer alſo das Feld iſt, ſo ſich hier einem Poeten oͤffnen wird: deſto verwerfflicher wuͤrde ſeine Arbeit ſeyn, wenn er ſich in einer ſo wuͤrdigen Materie ver- gienge, und ein ſo praͤchtiges Lob aus Unwiſ-
ſenheit
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[0012]
den beſten Kuͤnſtlern ihrer Zeiten haben ge-
mahlt wiſſen wollen. Was die Mahler-Kunſt
im Abſehen auf den Coͤrper bewerckſtelliget,
das verrichtet die Dichtkunſt, als eine weit
vollkommnere Mahlerey, auch im Abſehen auf
die Eigenſchafften des Geiſtes und Gemuͤthes:
Daher es denn ein Wunder iſt, daß groſſe Her-
ren es nicht laͤngſt allen ungeſchickten, ja mittel-
maͤßigen Poeten unterſaget haben; ſich mit
ihren groben Zuͤgen, an die Abbildungen ihrer
Tugenden und Thaten zu wagen, die von
rechtswegen nur von lauter ungemeinen Fe-
dern entworfen werden ſollten.
Dieſes Buch, ſo Ew. Excell. und Hochwohl-
geb. Gnaden zuzueignen ich die Ehre habe, ent-
haͤlt unter andern auch diejenigen Regeln, dar-
nach ſich alle Verfaſſer der Lobgedichte, und folg-
lich auch diejenigen werden zu achten haben, die
ſich kuͤnftig an Dero hohes Lob machen duͤrften.
Je trefflicher die Eigenſchafften ſind, dadurch
Dieſelben ſich die Gnade eines groſſen Monar-
chen, und die Hochachtung eines ſo zahlreichen
Hofes erworben haben; und je groͤſſer alſo das
Feld iſt, ſo ſich hier einem Poeten oͤffnen wird:
deſto verwerfflicher wuͤrde ſeine Arbeit ſeyn,
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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/12>, abgerufen am 23.11.2024.
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