Lumpen der Ausländer. Aber wie hält es mit den eigenen Nahmen der Personen, Städte, Flüsse, Länder und Ber- ge? Diese kan man unmöglich vermeiden. Denn wer kan allen solchen Dingen deutsche Benennungen geben, die doch verständlich sind? Man läst also diese Nahmen, nach Opi- tzens Regel, aus dem VI Cap. seiner Poeterey, unveränder- lich durch alle Abfälle; wenn es sich thun läst. Z. E.
Jch will mein Glücke tragen, So lang ich kan und mag, will setzen auf den Wagen, Der grauen Ewigkeit, durch meiner Leyer Kunst Die braune Flavia. Opitz.
Nicht Flaviam, u. d. m. zuweilen geht es an, daß man von langen Nahmen die letzten Sylben weg läst, und also ein Wort von deutscher Endung draus macht. Als z. E. Ho- mer, Herodot, Plutarch, August, Virgil, Lucian, Terentz, Ovid, Martin, u. s. w. Alsdann lassen sich bey den meisten auch die Veränderungen der Abfälle machen, z. E. Homers Gedichte, Herodots Historie, Plutarchs Schrifften, Lu- cians Spöttereyen etc. Bey etlichen aber will es auch nicht angehen, als bey Terentz und Horatz kan ich unmöglich sagen, des Terentzes, des Horatzes: sondern da bin ich genöthiget, entweder die lateinische Endigung oder die deutsche Verkür- tzung unverändert zu behalten, und den Abfall durch den Ar- tickel anzudeuten. Gewisse Nahmen haben an sich schon deutsche Endungen, als Solon, Alexander, Hannibal, u. d. g. Und diese können ohn alle Aenderung nach Art deutscher Wörter gebraucht werden. Die Endigungen us, as und es, imgleichen die Nahmen so ein a, o, oder einen andern lauten Buchstaben zum Ausgange haben, sind am schlimm- sten nach deutscher Art zu brauchen. Denn man kan nicht sagen des Julius's, Epaminondas's, Praxiteles's, Syl- la's, Cicero's, etc. berühmte Nahmen. Die Engelländer machens in ihrer Sprache so, und im deutschen habens einige nachthun wollen; aber noch keine Nachfolger gefunden. Es ist also am rathsamsten, alle die Wörter entweder zu las- sen wie sie sind, und den deutschen Artickel vorzusetzen: oder
sie
Das VII. Capitel
Lumpen der Auslaͤnder. Aber wie haͤlt es mit den eigenen Nahmen der Perſonen, Staͤdte, Fluͤſſe, Laͤnder und Ber- ge? Dieſe kan man unmoͤglich vermeiden. Denn wer kan allen ſolchen Dingen deutſche Benennungen geben, die doch verſtaͤndlich ſind? Man laͤſt alſo dieſe Nahmen, nach Opi- tzens Regel, aus dem VI Cap. ſeiner Poeterey, unveraͤnder- lich durch alle Abfaͤlle; wenn es ſich thun laͤſt. Z. E.
Jch will mein Gluͤcke tragen, So lang ich kan und mag, will ſetzen auf den Wagen, Der grauen Ewigkeit, durch meiner Leyer Kunſt Die braune Flavia. Opitz.
Nicht Flaviam, u. d. m. zuweilen geht es an, daß man von langen Nahmen die letzten Sylben weg laͤſt, und alſo ein Wort von deutſcher Endung draus macht. Als z. E. Ho- mer, Herodot, Plutarch, Auguſt, Virgil, Lucian, Terentz, Ovid, Martin, u. ſ. w. Alsdann laſſen ſich bey den meiſten auch die Veraͤnderungen der Abfaͤlle machen, z. E. Homers Gedichte, Herodots Hiſtorie, Plutarchs Schrifften, Lu- cians Spoͤttereyen ꝛc. Bey etlichen aber will es auch nicht angehen, als bey Terentz und Horatz kan ich unmoͤglich ſagen, des Terentzes, des Horatzes: ſondern da bin ich genoͤthiget, entweder die lateiniſche Endigung oder die deutſche Verkuͤr- tzung unveraͤndert zu behalten, und den Abfall durch den Ar- tickel anzudeuten. Gewiſſe Nahmen haben an ſich ſchon deutſche Endungen, als Solon, Alexander, Hannibal, u. d. g. Und dieſe koͤnnen ohn alle Aenderung nach Art deutſcher Woͤrter gebraucht werden. Die Endigungen us, as und es, imgleichen die Nahmen ſo ein a, o, oder einen andern lauten Buchſtaben zum Ausgange haben, ſind am ſchlimm- ſten nach deutſcher Art zu brauchen. Denn man kan nicht ſagen des Julius’s, Epaminondas’s, Praxiteles’s, Syl- la’s, Cicero’s, ꝛc. beruͤhmte Nahmen. Die Engellaͤnder machens in ihrer Sprache ſo, und im deutſchen habens einige nachthun wollen; aber noch keine Nachfolger gefunden. Es iſt alſo am rathſamſten, alle die Woͤrter entweder zu laſ- ſen wie ſie ſind, und den deutſchen Artickel vorzuſetzen: oder
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Das VII. Capitel
Lumpen der Auslaͤnder. Aber wie haͤlt es mit den eigenen
Nahmen der Perſonen, Staͤdte, Fluͤſſe, Laͤnder und Ber-
ge? Dieſe kan man unmoͤglich vermeiden. Denn wer kan
allen ſolchen Dingen deutſche Benennungen geben, die doch
verſtaͤndlich ſind? Man laͤſt alſo dieſe Nahmen, nach Opi-
tzens Regel, aus dem VI Cap. ſeiner Poeterey, unveraͤnder-
lich durch alle Abfaͤlle; wenn es ſich thun laͤſt. Z. E.
Jch will mein Gluͤcke tragen,
So lang ich kan und mag, will ſetzen auf den Wagen,
Der grauen Ewigkeit, durch meiner Leyer Kunſt
Die braune Flavia.
Opitz.
Nicht Flaviam, u. d. m. zuweilen geht es an, daß man von
langen Nahmen die letzten Sylben weg laͤſt, und alſo ein
Wort von deutſcher Endung draus macht. Als z. E. Ho-
mer, Herodot, Plutarch, Auguſt, Virgil, Lucian, Terentz,
Ovid, Martin, u. ſ. w. Alsdann laſſen ſich bey den meiſten
auch die Veraͤnderungen der Abfaͤlle machen, z. E. Homers
Gedichte, Herodots Hiſtorie, Plutarchs Schrifften, Lu-
cians Spoͤttereyen ꝛc. Bey etlichen aber will es auch nicht
angehen, als bey Terentz und Horatz kan ich unmoͤglich ſagen,
des Terentzes, des Horatzes: ſondern da bin ich genoͤthiget,
entweder die lateiniſche Endigung oder die deutſche Verkuͤr-
tzung unveraͤndert zu behalten, und den Abfall durch den Ar-
tickel anzudeuten. Gewiſſe Nahmen haben an ſich ſchon
deutſche Endungen, als Solon, Alexander, Hannibal, u. d. g.
Und dieſe koͤnnen ohn alle Aenderung nach Art deutſcher
Woͤrter gebraucht werden. Die Endigungen us, as und
es, imgleichen die Nahmen ſo ein a, o, oder einen andern
lauten Buchſtaben zum Ausgange haben, ſind am ſchlimm-
ſten nach deutſcher Art zu brauchen. Denn man kan nicht
ſagen des Julius’s, Epaminondas’s, Praxiteles’s, Syl-
la’s, Cicero’s, ꝛc. beruͤhmte Nahmen. Die Engellaͤnder
machens in ihrer Sprache ſo, und im deutſchen habens einige
nachthun wollen; aber noch keine Nachfolger gefunden.
Es iſt alſo am rathſamſten, alle die Woͤrter entweder zu laſ-
ſen wie ſie ſind, und den deutſchen Artickel vorzuſetzen: oder
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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/222>, abgerufen am 21.11.2024.
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