Drittens der Feldherr vor seine Soldaten, als wenn man sagt, der Kayser wird geschlagen, da es die Soldaten sind.
Hier möchte man gedencken, Das Glücke hätte dir Ergötzung sollen schencken, Und Rast nach solcher Müh: Allein es saget Nein! Der Kayser von Byzanz muß auch geschlagen seyn. Opitz.
Viertens das Zeichen vor die bezeichnete Sache, als wenn man den Zepter nennt und ein Königreich meynt.
Bleibt Friedrich nur gesund und hat sein Zepter Seegen, Was ist mir an Namur und Pignerol gelegen? Canitz.
Fünftens, die Sachen in der Zeit, anstatt der Zeit selbst, als wenn man den Mondwechsel, vor die Monate setzt:
Neunmahl hat nun Phöbe gleich, Jhre Hörner eingezogen, Und die Nächte blind gemacht, Seit sie dir gab gute Nacht. Flemming.
Oder man setzt ein Nebending anstatt der Hauptsache, und da zwar erstlich das Enthaltene vor das Behältniß. Z. E. der Ort, wo man der Fürsten Gnade sucht, vor den Hof.
Jedennoch, wenn du dir und auch zugleich den Deinen, Wilst mehr zu gute thun, so must du da erscheinen, Wo man der Fürsten Huld, (weil doch des Höchsten Schluß Sie groß, uns klein gemacht) in Demuth suchen muß. Canitz.
Zweytens das Zeichen vor das Bezeichnete, als wenn man, die Schamhafftigkeit zu beschreiben, sagte, den Hut in die Au- gen drücken.
Du darfst, o freyer Held, den Königlichen Hut Nicht in die Augen ziehn; wohin man itzo siehet, Da sieht man auch dein Lob. Opitz.
Drittens die Zeit, vor das was darinn geschieht, zum Exem- pel vor die schlechten Poeten die darinn leben:
Wie manchmahl zürn ich nicht mit unsrer armen Zeit, Die jetzt fast gar nicht mehr der Nachwelt Urtheil scheut. Günther.
Vier-
Von verbluͤmten Redens-Arten.
Drittens der Feldherr vor ſeine Soldaten, als wenn man ſagt, der Kayſer wird geſchlagen, da es die Soldaten ſind.
Hier moͤchte man gedencken, Das Gluͤcke haͤtte dir Ergoͤtzung ſollen ſchencken, Und Raſt nach ſolcher Muͤh: Allein es ſaget Nein! Der Kayſer von Byzanz muß auch geſchlagen ſeyn. Opitz.
Viertens das Zeichen vor die bezeichnete Sache, als wenn man den Zepter nennt und ein Koͤnigreich meynt.
Bleibt Friedrich nur geſund und hat ſein Zepter Seegen, Was iſt mir an Namur und Pignerol gelegen? Canitz.
Fuͤnftens, die Sachen in der Zeit, anſtatt der Zeit ſelbſt, als wenn man den Mondwechſel, vor die Monate ſetzt:
Neunmahl hat nun Phoͤbe gleich, Jhre Hoͤrner eingezogen, Und die Naͤchte blind gemacht, Seit ſie dir gab gute Nacht. Flemming.
Oder man ſetzt ein Nebending anſtatt der Hauptſache, und da zwar erſtlich das Enthaltene vor das Behaͤltniß. Z. E. der Ort, wo man der Fuͤrſten Gnade ſucht, vor den Hof.
Jedennoch, wenn du dir und auch zugleich den Deinen, Wilſt mehr zu gute thun, ſo muſt du da erſcheinen, Wo man der Fuͤrſten Huld, (weil doch des Hoͤchſten Schluß Sie groß, uns klein gemacht) in Demuth ſuchen muß. Canitz.
Zweytens das Zeichen vor das Bezeichnete, als wenn man, die Schamhafftigkeit zu beſchreiben, ſagte, den Hut in die Au- gen druͤcken.
Du darfſt, o freyer Held, den Koͤniglichen Hut Nicht in die Augen ziehn; wohin man itzo ſiehet, Da ſieht man auch dein Lob. Opitz.
Drittens die Zeit, vor das was darinn geſchieht, zum Exem- pel vor die ſchlechten Poeten die darinn leben:
Wie manchmahl zuͤrn ich nicht mit unſrer armen Zeit, Die jetzt faſt gar nicht mehr der Nachwelt Urtheil ſcheut. Guͤnther.
Vier-
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Von verbluͤmten Redens-Arten.
Drittens der Feldherr vor ſeine Soldaten, als wenn man
ſagt, der Kayſer wird geſchlagen, da es die Soldaten ſind.
Hier moͤchte man gedencken,
Das Gluͤcke haͤtte dir Ergoͤtzung ſollen ſchencken,
Und Raſt nach ſolcher Muͤh: Allein es ſaget Nein!
Der Kayſer von Byzanz muß auch geſchlagen ſeyn.
Opitz.
Viertens das Zeichen vor die bezeichnete Sache, als wenn
man den Zepter nennt und ein Koͤnigreich meynt.
Bleibt Friedrich nur geſund und hat ſein Zepter Seegen,
Was iſt mir an Namur und Pignerol gelegen?
Canitz.
Fuͤnftens, die Sachen in der Zeit, anſtatt der Zeit ſelbſt, als
wenn man den Mondwechſel, vor die Monate ſetzt:
Neunmahl hat nun Phoͤbe gleich,
Jhre Hoͤrner eingezogen,
Und die Naͤchte blind gemacht,
Seit ſie dir gab gute Nacht. Flemming.
Oder man ſetzt ein Nebending anſtatt der Hauptſache, und
da zwar erſtlich das Enthaltene vor das Behaͤltniß. Z. E.
der Ort, wo man der Fuͤrſten Gnade ſucht, vor den Hof.
Jedennoch, wenn du dir und auch zugleich den Deinen,
Wilſt mehr zu gute thun, ſo muſt du da erſcheinen,
Wo man der Fuͤrſten Huld, (weil doch des Hoͤchſten Schluß
Sie groß, uns klein gemacht) in Demuth ſuchen muß.
Canitz.
Zweytens das Zeichen vor das Bezeichnete, als wenn man,
die Schamhafftigkeit zu beſchreiben, ſagte, den Hut in die Au-
gen druͤcken.
Du darfſt, o freyer Held, den Koͤniglichen Hut
Nicht in die Augen ziehn; wohin man itzo ſiehet,
Da ſieht man auch dein Lob. Opitz.
Drittens die Zeit, vor das was darinn geſchieht, zum Exem-
pel vor die ſchlechten Poeten die darinn leben:
Wie manchmahl zuͤrn ich nicht mit unſrer armen Zeit,
Die jetzt faſt gar nicht mehr der Nachwelt Urtheil ſcheut.
Guͤnther.
Vier-
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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/251>, abgerufen am 22.11.2024.
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