Gleichfalls auf eine vorgeschriebene Melodie vor einen andern.
SChönste Augen, holde Kertzen, Die ihr mir zur Marter brennt. Jhr entzündet tausend Hertzen, Doch was hilffts daß man euch kennt? Ueberall strahlt euer Licht. Nur mich Armen seht ihr nicht.
Dreht euch doch ihr süßen Blicke, Auch auf ein verschmachtend Hertz; Zieht euch nicht so schnell zurücke, Denn von euch entspringt mein Schmertz. Habt ihr mich nun selbst verwundt; Ey! so macht mich auch gesund.
Wüstet ihr nur was ich dencke, Wenn ihr mich so gar verschmäht; Und indeß, daß ich mich kräncke, Wohl nach schlechtern Seelen seht: Würdet ihr bey meiner Pein, Nicht so unempfindlich seyn.
Klärt euch aus, ihr holden Sterne! Und verändert euren Blick. Meine Demuth steht von ferne, Wünscht und hofft ein besser Glück; Hofft das Ende meiner Ouaal, Ach! erbarmt euch doch einmahl!
Das
Z 3
Von Oden, oder Liedern.
Gleichfalls auf eine vorgeſchriebene Melodie vor einen andern.
SChoͤnſte Augen, holde Kertzen, Die ihr mir zur Marter brennt. Jhr entzuͤndet tauſend Hertzen, Doch was hilffts daß man euch kennt? Ueberall ſtrahlt euer Licht. Nur mich Armen ſeht ihr nicht.
Dreht euch doch ihr ſuͤßen Blicke, Auch auf ein verſchmachtend Hertz; Zieht euch nicht ſo ſchnell zuruͤcke, Denn von euch entſpringt mein Schmertz. Habt ihr mich nun ſelbſt verwundt; Ey! ſo macht mich auch geſund.
Wuͤſtet ihr nur was ich dencke, Wenn ihr mich ſo gar verſchmaͤht; Und indeß, daß ich mich kraͤncke, Wohl nach ſchlechtern Seelen ſeht: Wuͤrdet ihr bey meiner Pein, Nicht ſo unempfindlich ſeyn.
Klaͤrt euch aus, ihr holden Sterne! Und veraͤndert euren Blick. Meine Demuth ſteht von ferne, Wuͤnſcht und hofft ein beſſer Gluͤck; Hofft das Ende meiner Ouaal, Ach! erbarmt euch doch einmahl!
Das
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Von Oden, oder Liedern.
Gleichfalls auf eine vorgeſchriebene Melodie
vor einen andern.
SChoͤnſte Augen, holde Kertzen,
Die ihr mir zur Marter brennt.
Jhr entzuͤndet tauſend Hertzen,
Doch was hilffts daß man euch kennt?
Ueberall ſtrahlt euer Licht.
Nur mich Armen ſeht ihr nicht.
Dreht euch doch ihr ſuͤßen Blicke,
Auch auf ein verſchmachtend Hertz;
Zieht euch nicht ſo ſchnell zuruͤcke,
Denn von euch entſpringt mein Schmertz.
Habt ihr mich nun ſelbſt verwundt;
Ey! ſo macht mich auch geſund.
Wuͤſtet ihr nur was ich dencke,
Wenn ihr mich ſo gar verſchmaͤht;
Und indeß, daß ich mich kraͤncke,
Wohl nach ſchlechtern Seelen ſeht:
Wuͤrdet ihr bey meiner Pein,
Nicht ſo unempfindlich ſeyn.
Klaͤrt euch aus, ihr holden Sterne!
Und veraͤndert euren Blick.
Meine Demuth ſteht von ferne,
Wuͤnſcht und hofft ein beſſer Gluͤck;
Hofft das Ende meiner Ouaal,
Ach! erbarmt euch doch einmahl!
Das
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Gottsched, Johann Christoph: Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen. Leipzig, 1730, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottsched_versuch_1730/385>, abgerufen am 22.11.2024.
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