Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831.Mein Gott, wie erbärmlich! -- Vitry, guck' einmal! Vitry. Ich gucke. Dummes Zeug. Ich hatte damals nichts im Leibe und stand drei Fuß tief im Wasser, unter herüberfliegendem feindlichen Kanonenhagel. Du gabst mir einen Schnaps -- Chassecoeur. Es war mein vorletzter -- Vitry. Wie albern hier -- weder Pioniere, Gardisten, Linie sind zu unterscheiden -- Und wie wenig Leichen und Verwundete! Chassecoeur (zum Ausrufer:) Mann, kannst du Frost, Hunger, Durst und Geschrei malen? Der Ausrufer bei dem Guckkasten. Nein, mein Herr. Chassecoeur. So ist das Malerhandwerk Lumperei. Der Ausrufer bei dem Guckkasten. Ah, und da sehen Sie die so braven, aber jetzt geschlagenen Franzosen über die Beresina flüchten. Mein Gott, wie erbärmlich! — Vitry, guck’ einmal! Vitry. Ich gucke. Dummes Zeug. Ich hatte damals nichts im Leibe und ſtand drei Fuß tief im Waſſer, unter herüberfliegendem feindlichen Kanonenhagel. Du gabſt mir einen Schnaps — Chaſſecoeur. Es war mein vorletzter — Vitry. Wie albern hier — weder Pioniere, Gardiſten, Linie ſind zu unterſcheiden — Und wie wenig Leichen und Verwundete! Chaſſecoeur (zum Ausrufer:) Mann, kannſt du Froſt, Hunger, Durſt und Geſchrei malen? Der Ausrufer bei dem Guckkaſten. Nein, mein Herr. Chaſſecoeur. So iſt das Malerhandwerk Lumperei. Der Ausrufer bei dem Guckkaſten. Ah, und da ſehen Sie die ſo braven, aber jetzt geſchlagenen Franzoſen über die Bereſina flüchten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#CHA"> <pb facs="#f0018" n="10"/> <p>Mein Gott, wie erbärmlich! — Vitry, guck’<lb/> einmal!</p> </sp><lb/> <sp who="#VIT"> <speaker><hi rendition="#g">Vitry</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich gucke. Dummes Zeug. Ich hatte damals<lb/> nichts im Leibe und ſtand drei Fuß tief im Waſſer,<lb/> unter herüberfliegendem feindlichen Kanonenhagel.<lb/> Du gabſt mir einen Schnaps —</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker><hi rendition="#g">Chaſſecoeur</hi>.</speaker><lb/> <p>Es war mein vorletzter —</p> </sp><lb/> <sp who="#VIT"> <speaker><hi rendition="#g">Vitry</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie albern hier — weder Pioniere, Gardiſten,<lb/> Linie ſind zu unterſcheiden — Und wie wenig<lb/> Leichen und Verwundete!</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker> <hi rendition="#g">Chaſſecoeur</hi> </speaker> <stage>(zum Ausrufer:)</stage><lb/> <p>Mann, kannſt du Froſt, Hunger, Durſt und<lb/> Geſchrei malen?</p> </sp><lb/> <sp who="#AUSRU"> <speaker><hi rendition="#g">Der Ausrufer bei dem Guckkaſten</hi>.</speaker><lb/> <p>Nein, mein Herr.</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker><hi rendition="#g">Chaſſecoeur</hi>.</speaker><lb/> <p>So iſt das Malerhandwerk Lumperei.</p> </sp><lb/> <sp who="#AUSRU"> <speaker><hi rendition="#g">Der Ausrufer bei dem Guckkaſten</hi>.</speaker><lb/> <p>Ah, und da ſehen Sie die ſo braven, aber jetzt<lb/> geſchlagenen Franzoſen über die Bereſina flüchten.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [10/0018]
Mein Gott, wie erbärmlich! — Vitry, guck’
einmal!
Vitry.
Ich gucke. Dummes Zeug. Ich hatte damals
nichts im Leibe und ſtand drei Fuß tief im Waſſer,
unter herüberfliegendem feindlichen Kanonenhagel.
Du gabſt mir einen Schnaps —
Chaſſecoeur.
Es war mein vorletzter —
Vitry.
Wie albern hier — weder Pioniere, Gardiſten,
Linie ſind zu unterſcheiden — Und wie wenig
Leichen und Verwundete!
Chaſſecoeur (zum Ausrufer:)
Mann, kannſt du Froſt, Hunger, Durſt und
Geſchrei malen?
Der Ausrufer bei dem Guckkaſten.
Nein, mein Herr.
Chaſſecoeur.
So iſt das Malerhandwerk Lumperei.
Der Ausrufer bei dem Guckkaſten.
Ah, und da ſehen Sie die ſo braven, aber jetzt
geſchlagenen Franzoſen über die Bereſina flüchten.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |