Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
mit seinem ruhmestrunkenen, nie gesättigten Auge
sah Er in ihnen nur die Zeichen seiner Allmacht.
Die mächtigen Parlamente Englands wurden bang
und flüsterten wie Haufen furchtsamer Vögel, --
wollten Frieden machen, er möge kosten, was er
wolle, auch wenn sie an mir das heilige Gastrecht
verletzen, mich aus ihrem Reiche weisen sollten. --
Und nun! -- Die Schlachtendonner sind verklun-
gen, -- Europa ist still, -- wo die Adler raseten,
blühen wieder friedlich die drei Lilien, und Er,
der Große, ward ein armer Einsiedler von Elba,
starrt vielleicht grade jetzt in das Meer, und er-
kennt in ihm das Element, welches er nie besiegen
konnte, und das ihm, ein Spiegel, groß wie Er
selbst, höhnisch sein Antlitz zurückwirft.
Herzogin von Angouleme.
König, nenn' ihn gewaltig, riesenhaft, unge-
heuer, -- doch nimmermehr groß den Mörder
d'Enghiens, -- nun und nimmer der groß, welcher
Treue, Recht, Ehr' und Liebe dem Ruhm und der
Macht aufopfert. Das kann auch der Dämon der
Hölle. Die wahre Größe gibt Ruhm, Macht, jeden
Außenschein für Ehre, Recht und inneres Glück
dahin -- Er aber that das nie -- O, ich kenne
ihn -- dieser Kaisertiger hätte sich vor seinem
4
mit ſeinem ruhmestrunkenen, nie geſättigten Auge
ſah Er in ihnen nur die Zeichen ſeiner Allmacht.
Die mächtigen Parlamente Englands wurden bang
und flüſterten wie Haufen furchtſamer Vögel, —
wollten Frieden machen, er möge koſten, was er
wolle, auch wenn ſie an mir das heilige Gaſtrecht
verletzen, mich aus ihrem Reiche weiſen ſollten. —
Und nun! — Die Schlachtendonner ſind verklun-
gen, — Europa iſt ſtill, — wo die Adler raſeten,
blühen wieder friedlich die drei Lilien, und Er,
der Große, ward ein armer Einſiedler von Elba,
ſtarrt vielleicht grade jetzt in das Meer, und er-
kennt in ihm das Element, welches er nie beſiegen
konnte, und das ihm, ein Spiegel, groß wie Er
ſelbſt, höhniſch ſein Antlitz zurückwirft.
Herzogin von Angouleme.
König, nenn’ ihn gewaltig, rieſenhaft, unge-
heuer, — doch nimmermehr groß den Mörder
d’Enghiens, — nun und nimmer der groß, welcher
Treue, Recht, Ehr’ und Liebe dem Ruhm und der
Macht aufopfert. Das kann auch der Dämon der
Hölle. Die wahre Größe gibt Ruhm, Macht, jeden
Außenſchein für Ehre, Recht und inneres Glück
dahin — Er aber that das nie — O, ich kenne
ihn — dieſer Kaiſertiger hätte ſich vor ſeinem
4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#KOENIG">
              <p><pb facs="#f0057" n="49"/>
mit &#x017F;einem ruhmestrunkenen, nie ge&#x017F;ättigten Auge<lb/>
&#x017F;ah Er in ihnen nur die Zeichen &#x017F;einer Allmacht.<lb/>
Die mächtigen Parlamente Englands wurden bang<lb/>
und flü&#x017F;terten wie Haufen furcht&#x017F;amer Vögel, &#x2014;<lb/>
wollten Frieden machen, er möge ko&#x017F;ten, was er<lb/>
wolle, auch wenn &#x017F;ie an mir das heilige Ga&#x017F;trecht<lb/>
verletzen, mich aus ihrem Reiche wei&#x017F;en &#x017F;ollten. &#x2014;<lb/>
Und nun! &#x2014; Die Schlachtendonner &#x017F;ind verklun-<lb/>
gen, &#x2014; Europa i&#x017F;t &#x017F;till, &#x2014; wo die Adler ra&#x017F;eten,<lb/>
blühen wieder friedlich die drei Lilien, und Er,<lb/>
der Große, ward ein armer Ein&#x017F;iedler von Elba,<lb/>
&#x017F;tarrt vielleicht grade jetzt in das Meer, und er-<lb/>
kennt in ihm das Element, welches er nie be&#x017F;iegen<lb/>
konnte, und das ihm, ein Spiegel, groß wie Er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, höhni&#x017F;ch &#x017F;ein Antlitz zurückwirft.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#ANGOI">
              <speaker><hi rendition="#g">Herzogin von Angouleme</hi>.</speaker><lb/>
              <p>König, nenn&#x2019; ihn gewaltig, rie&#x017F;enhaft, unge-<lb/>
heuer, &#x2014; doch nimmermehr groß den Mörder<lb/>
d&#x2019;Enghiens, &#x2014; nun und nimmer der groß, welcher<lb/>
Treue, Recht, Ehr&#x2019; und Liebe dem Ruhm und der<lb/>
Macht aufopfert. Das kann auch der Dämon der<lb/>
Hölle. Die wahre Größe gibt Ruhm, Macht, jeden<lb/>
Außen&#x017F;chein für Ehre, Recht und inneres Glück<lb/>
dahin &#x2014; Er aber that das nie &#x2014; O, ich kenne<lb/>
ihn &#x2014; die&#x017F;er Kai&#x017F;ertiger hätte &#x017F;ich vor &#x017F;einem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4</fw><lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0057] mit ſeinem ruhmestrunkenen, nie geſättigten Auge ſah Er in ihnen nur die Zeichen ſeiner Allmacht. Die mächtigen Parlamente Englands wurden bang und flüſterten wie Haufen furchtſamer Vögel, — wollten Frieden machen, er möge koſten, was er wolle, auch wenn ſie an mir das heilige Gaſtrecht verletzen, mich aus ihrem Reiche weiſen ſollten. — Und nun! — Die Schlachtendonner ſind verklun- gen, — Europa iſt ſtill, — wo die Adler raſeten, blühen wieder friedlich die drei Lilien, und Er, der Große, ward ein armer Einſiedler von Elba, ſtarrt vielleicht grade jetzt in das Meer, und er- kennt in ihm das Element, welches er nie beſiegen konnte, und das ihm, ein Spiegel, groß wie Er ſelbſt, höhniſch ſein Antlitz zurückwirft. Herzogin von Angouleme. König, nenn’ ihn gewaltig, rieſenhaft, unge- heuer, — doch nimmermehr groß den Mörder d’Enghiens, — nun und nimmer der groß, welcher Treue, Recht, Ehr’ und Liebe dem Ruhm und der Macht aufopfert. Das kann auch der Dämon der Hölle. Die wahre Größe gibt Ruhm, Macht, jeden Außenſchein für Ehre, Recht und inneres Glück dahin — Er aber that das nie — O, ich kenne ihn — dieſer Kaiſertiger hätte ſich vor ſeinem 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/57
Zitationshilfe: Grabbe, Christian Dietrich: Napoleon oder Die hundert Tage. Frankfurt (Main), 1831, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grabbe_napoleon_1831/57>, abgerufen am 24.11.2024.