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Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

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Aeussere Multiplikation der Strecken. § 44--45
liebigen Werth von x, d. h. es muss [rs] . [sa] = 0 sein, oder
die Axe rs muss durch den Punkt a gehen. Somit haben wir
dann als Bedingung, unter welcher nur Gleichgewicht statt finden
kann, dass das Gesammtmoment der von aussen wirkenden Kräfte
in Bezug auf jede durch den befestigten Punkt gehende Axe null
sein muss. Soll eine Axe des Körpers befestigt sein, so kann
man zwei befestigte Punkte annehmen, also zwei Widerstand lei-
stende Kräfte, welche herausfallen, wenn die Axe, in Bezug auf
welche die Moment-Gleichung genommen wird, durch jene beiden
Punkte zugleich gelegt wird; also hat man dann als Bedingung,
unter welcher nur Gleichgewicht statt finden kann, dass das Ge-
sammtmoment der von aussen wirkenden Kräfte in Bezug auf die
befestigte Axe null sein muss.

§ 44. Wir haben in dem Begriff des Moments zugleich eine
schöne Bestätigung des Gesetzes, dass innerhalb derselben Ebene
das äussere Produkt zweier Strecken sein Zeichen so lange beibe-
hält, als der zweite Faktor vom ersten aus betrachtet nach dersel-
ben Seite hin liegt, im entgegengesetzten Falle aber sein Zeichen
ändert. Denn betrachtet man Kräfte in einer Ebene, welche um
einen Punkt drehbar gedacht wird, so werden die Kräfte sich dann
verstärken, wenn sie, vom Drehungspunkte aus betrachtet, nach
derselben Seite hin gerichtet sind, hingegen sich ganz oder theil-
weise aufheben, wenn nach entgegengesetzter; so dass in der That
durch den Begriff des Momentes, nach welchem die Natur selbst
verfährt, jener Begriff des äusseren Produktes gerechtfertigt wird.
Ich glaube nun, dass das Anfangs auffallende Zeichengesetz durch
die ganze Reihe der Betrachtungen, wie wir sie in den verschie-
denartigsten Beziehungen angestellt haben, das Auffallende ganz
verloren hat, und vielmehr jetzt nicht nur als das begrifflich noth-
wendige, sondern auch als das durch die Natur selbst gerechtfer-
tigte und in ihr sich überall bewährende erscheint.

§ 45. Dass nun die äussere Multiplikation, da sie den Begriff
des Verschiedenartigen wesentlich voraussetzt, auf die Zahlenlehre
keine so unmittelbare Anwendung findet, wie auf die Geometrie
und Mechanik, darf uns freilich nicht wundern, indem die Zahlen
ihrem Inhalte nach als gleichartige erscheinen. Aber desto inte-
ressanter ist es, zu bemerken, wie in der Algebra, sobald an der

Aeussere Multiplikation der Strecken. § 44—45
liebigen Werth von x, d. h. es muss [ρσ] . [σα] = 0 sein, oder
die Axe ρσ muss durch den Punkt α gehen. Somit haben wir
dann als Bedingung, unter welcher nur Gleichgewicht statt finden
kann, dass das Gesammtmoment der von aussen wirkenden Kräfte
in Bezug auf jede durch den befestigten Punkt gehende Axe null
sein muss. Soll eine Axe des Körpers befestigt sein, so kann
man zwei befestigte Punkte annehmen, also zwei Widerstand lei-
stende Kräfte, welche herausfallen, wenn die Axe, in Bezug auf
welche die Moment-Gleichung genommen wird, durch jene beiden
Punkte zugleich gelegt wird; also hat man dann als Bedingung,
unter welcher nur Gleichgewicht statt finden kann, dass das Ge-
sammtmoment der von aussen wirkenden Kräfte in Bezug auf die
befestigte Axe null sein muss.

§ 44. Wir haben in dem Begriff des Moments zugleich eine
schöne Bestätigung des Gesetzes, dass innerhalb derselben Ebene
das äussere Produkt zweier Strecken sein Zeichen so lange beibe-
hält, als der zweite Faktor vom ersten aus betrachtet nach dersel-
ben Seite hin liegt, im entgegengesetzten Falle aber sein Zeichen
ändert. Denn betrachtet man Kräfte in einer Ebene, welche um
einen Punkt drehbar gedacht wird, so werden die Kräfte sich dann
verstärken, wenn sie, vom Drehungspunkte aus betrachtet, nach
derselben Seite hin gerichtet sind, hingegen sich ganz oder theil-
weise aufheben, wenn nach entgegengesetzter; so dass in der That
durch den Begriff des Momentes, nach welchem die Natur selbst
verfährt, jener Begriff des äusseren Produktes gerechtfertigt wird.
Ich glaube nun, dass das Anfangs auffallende Zeichengesetz durch
die ganze Reihe der Betrachtungen, wie wir sie in den verschie-
denartigsten Beziehungen angestellt haben, das Auffallende ganz
verloren hat, und vielmehr jetzt nicht nur als das begrifflich noth-
wendige, sondern auch als das durch die Natur selbst gerechtfer-
tigte und in ihr sich überall bewährende erscheint.

§ 45. Dass nun die äussere Multiplikation, da sie den Begriff
des Verschiedenartigen wesentlich voraussetzt, auf die Zahlenlehre
keine so unmittelbare Anwendung findet, wie auf die Geometrie
und Mechanik, darf uns freilich nicht wundern, indem die Zahlen
ihrem Inhalte nach als gleichartige erscheinen. Aber desto inte-
ressanter ist es, zu bemerken, wie in der Algebra, sobald an der

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[70/0106] Aeussere Multiplikation der Strecken. § 44—45 liebigen Werth von x, d. h. es muss [ρσ] . [σα] = 0 sein, oder die Axe ρσ muss durch den Punkt α gehen. Somit haben wir dann als Bedingung, unter welcher nur Gleichgewicht statt finden kann, dass das Gesammtmoment der von aussen wirkenden Kräfte in Bezug auf jede durch den befestigten Punkt gehende Axe null sein muss. Soll eine Axe des Körpers befestigt sein, so kann man zwei befestigte Punkte annehmen, also zwei Widerstand lei- stende Kräfte, welche herausfallen, wenn die Axe, in Bezug auf welche die Moment-Gleichung genommen wird, durch jene beiden Punkte zugleich gelegt wird; also hat man dann als Bedingung, unter welcher nur Gleichgewicht statt finden kann, dass das Ge- sammtmoment der von aussen wirkenden Kräfte in Bezug auf die befestigte Axe null sein muss. § 44. Wir haben in dem Begriff des Moments zugleich eine schöne Bestätigung des Gesetzes, dass innerhalb derselben Ebene das äussere Produkt zweier Strecken sein Zeichen so lange beibe- hält, als der zweite Faktor vom ersten aus betrachtet nach dersel- ben Seite hin liegt, im entgegengesetzten Falle aber sein Zeichen ändert. Denn betrachtet man Kräfte in einer Ebene, welche um einen Punkt drehbar gedacht wird, so werden die Kräfte sich dann verstärken, wenn sie, vom Drehungspunkte aus betrachtet, nach derselben Seite hin gerichtet sind, hingegen sich ganz oder theil- weise aufheben, wenn nach entgegengesetzter; so dass in der That durch den Begriff des Momentes, nach welchem die Natur selbst verfährt, jener Begriff des äusseren Produktes gerechtfertigt wird. Ich glaube nun, dass das Anfangs auffallende Zeichengesetz durch die ganze Reihe der Betrachtungen, wie wir sie in den verschie- denartigsten Beziehungen angestellt haben, das Auffallende ganz verloren hat, und vielmehr jetzt nicht nur als das begrifflich noth- wendige, sondern auch als das durch die Natur selbst gerechtfer- tigte und in ihr sich überall bewährende erscheint. § 45. Dass nun die äussere Multiplikation, da sie den Begriff des Verschiedenartigen wesentlich voraussetzt, auf die Zahlenlehre keine so unmittelbare Anwendung findet, wie auf die Geometrie und Mechanik, darf uns freilich nicht wundern, indem die Zahlen ihrem Inhalte nach als gleichartige erscheinen. Aber desto inte- ressanter ist es, zu bemerken, wie in der Algebra, sobald an der

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Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/106>, abgerufen am 27.11.2024.