Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 56 Eigenthümlichkeit der äusseren Mult.
mengrössen gelte, ist klar, indem es, wenn man mit den einzelnen
Stücken durchmultiplicirt, für die einzelnen Produkte gelten muss.
also auch für deren Summe. Also:

"Zwei aufeinander folgende Faktoren sind mit oder ohne Zei-
chenwechsel vertauschbar, je nachdem die Stufenzahlen beider
Faktoren zugleich ungerade sind oder nicht."

§ 56. Die in diesem Kapitel entwickelten Gesetze lassen ge-
genwärtig nur eine theilweise Anwendung auf die Geometrie und
Statik zu, indem die Summengrösse, welche zuerst in einem System
vierter Stufe auftritt, hier keine Anwendung finden kann. Die An-
wendungen beschränken sich daher nur auf die erste Hälfte dieses
Kapitels (§ 47 -- 50), und bestehen darin, dass die Gesetze, welche
im vorigen Kapitel für jene Disciplinen festgestellt wurden, von ih-
ren Schranken befreit, und von einem allgemeineren Gesichtspunkte
angeschaut werden. Zuerst in der Geometrie haben wir den neuen
Additionsbegriff auf die Flächenräume (als Ausdehnungen zweiter
Stufe) zu übertragen.

Doch müssen wir dann an den Flächenräumen ihre Richtungen
d. h. die Richtungen der Ebene, welcher sie angehören, festhalten;
und also zwei Flächenräume als ungleichartig auffassen, wenn die
Ebenen, denen sie angehören, eine Verschiedenheit in den Rich-
tungen darbieten. Da nun die Flächenräume auf diese Weise
aufgesasst Ausdehnungen zweiter Stufe sind, so werden sich zwei
Flächenräume, da sie zugleich einem und demselben Systeme drit-
ter Stufe (dem Raume) angehören, nach § 48 auf einen gemein-
schaftlichen Faktor erster Stufe bringen, d. h. sich als Spathecke
(Parallelogramme) von gleicher Grundseite darstellen lassen. Die
Summe derselben wird somit ein Spatheck sein, welches dieselbe
Grundseite hat, dessen Höhenseite aber die Summe der beiden Hö-
henseiten jener Spathecke ist. Hiernach kann man nun die Sätze
von der Fortbewegung (§ 28 und 29) allgemeiner so aussprechen:

"Die geometrische *) Summe der Flächenräume, welche eine

gleichartiger Strecken null sei, woraus dann das den Begriff der äusseren Mul-
tiplikation charakterisirende Gesetz, wie wir es oben darstellten, hervorgeht.
*) Dieses Adjektivs bediene ich mich, wenn die zu summirenden Grössen
noch nicht hinreichend als Grössen mit konstanter Richtung bezeichnet sind, um
die Summe von der rein arithmetischen Summe zu unterscheiden.

§ 56 Eigenthümlichkeit der äusseren Mult.
mengrössen gelte, ist klar, indem es, wenn man mit den einzelnen
Stücken durchmultiplicirt, für die einzelnen Produkte gelten muss.
also auch für deren Summe. Also:

„Zwei aufeinander folgende Faktoren sind mit oder ohne Zei-
chenwechsel vertauschbar, je nachdem die Stufenzahlen beider
Faktoren zugleich ungerade sind oder nicht.“

§ 56. Die in diesem Kapitel entwickelten Gesetze lassen ge-
genwärtig nur eine theilweise Anwendung auf die Geometrie und
Statik zu, indem die Summengrösse, welche zuerst in einem System
vierter Stufe auftritt, hier keine Anwendung finden kann. Die An-
wendungen beschränken sich daher nur auf die erste Hälfte dieses
Kapitels (§ 47 — 50), und bestehen darin, dass die Gesetze, welche
im vorigen Kapitel für jene Disciplinen festgestellt wurden, von ih-
ren Schranken befreit, und von einem allgemeineren Gesichtspunkte
angeschaut werden. Zuerst in der Geometrie haben wir den neuen
Additionsbegriff auf die Flächenräume (als Ausdehnungen zweiter
Stufe) zu übertragen.

Doch müssen wir dann an den Flächenräumen ihre Richtungen
d. h. die Richtungen der Ebene, welcher sie angehören, festhalten;
und also zwei Flächenräume als ungleichartig auffassen, wenn die
Ebenen, denen sie angehören, eine Verschiedenheit in den Rich-
tungen darbieten. Da nun die Flächenräume auf diese Weise
aufgeſasst Ausdehnungen zweiter Stufe sind, so werden sich zwei
Flächenräume, da sie zugleich einem und demselben Systeme drit-
ter Stufe (dem Raume) angehören, nach § 48 auf einen gemein-
schaftlichen Faktor erster Stufe bringen, d. h. sich als Spathecke
(Parallelogramme) von gleicher Grundseite darstellen lassen. Die
Summe derselben wird somit ein Spatheck sein, welches dieselbe
Grundseite hat, dessen Höhenseite aber die Summe der beiden Hö-
henseiten jener Spathecke ist. Hiernach kann man nun die Sätze
von der Fortbewegung (§ 28 und 29) allgemeiner so aussprechen:

„Die geometrische *) Summe der Flächenräume, welche eine

gleichartiger Strecken null sei, woraus dann das den Begriff der äusseren Mul-
tiplikation charakterisirende Gesetz, wie wir es oben darstellten, hervorgeht.
*) Dieses Adjektivs bediene ich mich, wenn die zu summirenden Grössen
noch nicht hinreichend als Grössen mit konstanter Richtung bezeichnet sind, um
die Summe von der rein arithmetischen Summe zu unterscheiden.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0121" n="85"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">§ 56</hi> Eigenthümlichkeit der äusseren Mult.</fw><lb/>
mengrössen gelte, ist klar, indem es, wenn man mit den einzelnen<lb/>
Stücken durchmultiplicirt, für die einzelnen Produkte gelten muss.<lb/>
also auch für deren Summe. Also:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">&#x201E;Zwei aufeinander folgende Faktoren sind <hi rendition="#g">mit</hi> oder <hi rendition="#g">ohne</hi> Zei-<lb/>
chenwechsel vertauschbar, je nachdem die Stufenzahlen beider<lb/>
Faktoren zugleich ungerade sind oder nicht.&#x201C;</hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>§ 56. Die in diesem Kapitel entwickelten Gesetze lassen ge-<lb/>
genwärtig nur eine theilweise Anwendung auf die Geometrie und<lb/>
Statik zu, indem die Summengrösse, welche zuerst in einem System<lb/>
vierter Stufe auftritt, hier keine Anwendung finden kann. Die An-<lb/>
wendungen beschränken sich daher nur auf die erste Hälfte dieses<lb/>
Kapitels (§ 47 &#x2014; 50), und bestehen darin, dass die Gesetze, welche<lb/>
im vorigen Kapitel für jene Disciplinen festgestellt wurden, von ih-<lb/>
ren Schranken befreit, und von einem allgemeineren Gesichtspunkte<lb/>
angeschaut werden. Zuerst in der Geometrie haben wir den neuen<lb/>
Additionsbegriff auf die Flächenräume (als Ausdehnungen zweiter<lb/>
Stufe) zu übertragen.</p><lb/>
          <p>Doch müssen wir dann an den Flächenräumen ihre Richtungen<lb/>
d. h. die Richtungen der Ebene, welcher sie angehören, festhalten;<lb/>
und also zwei Flächenräume als ungleichartig auffassen, wenn die<lb/>
Ebenen, denen sie angehören, eine Verschiedenheit in den Rich-<lb/>
tungen darbieten. Da nun die Flächenräume auf diese Weise<lb/>
aufge&#x017F;asst Ausdehnungen zweiter Stufe sind, so werden sich zwei<lb/>
Flächenräume, da sie zugleich einem und demselben Systeme drit-<lb/>
ter Stufe (dem Raume) angehören, nach § 48 auf einen gemein-<lb/>
schaftlichen Faktor erster Stufe bringen, d. h. sich als Spathecke<lb/>
(Parallelogramme) von gleicher Grundseite darstellen lassen. Die<lb/>
Summe derselben wird somit ein Spatheck sein, welches dieselbe<lb/>
Grundseite hat, dessen Höhenseite aber die Summe der beiden Hö-<lb/>
henseiten jener Spathecke ist. Hiernach kann man nun die Sätze<lb/>
von der Fortbewegung (§ 28 und 29) allgemeiner so aussprechen:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">&#x201E;Die geometrische <note place="foot" n="*)">Dieses Adjektivs bediene ich mich, wenn die zu summirenden Grössen<lb/>
noch nicht hinreichend als Grössen mit konstanter Richtung bezeichnet sind, um<lb/>
die Summe von der rein arithmetischen Summe zu unterscheiden.</note> Summe der Flächenräume, welche eine</hi><lb/>
              <p>
                <note xml:id="b120" prev="#a120" place="foot" n="*)">gleichartiger Strecken null sei, woraus dann das den Begriff der <hi rendition="#g">äusseren</hi> Mul-<lb/>
tiplikation charakterisirende Gesetz, wie wir es oben darstellten, hervorgeht.</note>
              </p><lb/>
            </quote>
          </cit>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0121] § 56 Eigenthümlichkeit der äusseren Mult. mengrössen gelte, ist klar, indem es, wenn man mit den einzelnen Stücken durchmultiplicirt, für die einzelnen Produkte gelten muss. also auch für deren Summe. Also: „Zwei aufeinander folgende Faktoren sind mit oder ohne Zei- chenwechsel vertauschbar, je nachdem die Stufenzahlen beider Faktoren zugleich ungerade sind oder nicht.“ § 56. Die in diesem Kapitel entwickelten Gesetze lassen ge- genwärtig nur eine theilweise Anwendung auf die Geometrie und Statik zu, indem die Summengrösse, welche zuerst in einem System vierter Stufe auftritt, hier keine Anwendung finden kann. Die An- wendungen beschränken sich daher nur auf die erste Hälfte dieses Kapitels (§ 47 — 50), und bestehen darin, dass die Gesetze, welche im vorigen Kapitel für jene Disciplinen festgestellt wurden, von ih- ren Schranken befreit, und von einem allgemeineren Gesichtspunkte angeschaut werden. Zuerst in der Geometrie haben wir den neuen Additionsbegriff auf die Flächenräume (als Ausdehnungen zweiter Stufe) zu übertragen. Doch müssen wir dann an den Flächenräumen ihre Richtungen d. h. die Richtungen der Ebene, welcher sie angehören, festhalten; und also zwei Flächenräume als ungleichartig auffassen, wenn die Ebenen, denen sie angehören, eine Verschiedenheit in den Rich- tungen darbieten. Da nun die Flächenräume auf diese Weise aufgeſasst Ausdehnungen zweiter Stufe sind, so werden sich zwei Flächenräume, da sie zugleich einem und demselben Systeme drit- ter Stufe (dem Raume) angehören, nach § 48 auf einen gemein- schaftlichen Faktor erster Stufe bringen, d. h. sich als Spathecke (Parallelogramme) von gleicher Grundseite darstellen lassen. Die Summe derselben wird somit ein Spatheck sein, welches dieselbe Grundseite hat, dessen Höhenseite aber die Summe der beiden Hö- henseiten jener Spathecke ist. Hiernach kann man nun die Sätze von der Fortbewegung (§ 28 und 29) allgemeiner so aussprechen: „Die geometrische *) Summe der Flächenräume, welche eine *) *) Dieses Adjektivs bediene ich mich, wenn die zu summirenden Grössen noch nicht hinreichend als Grössen mit konstanter Richtung bezeichnet sind, um die Summe von der rein arithmetischen Summe zu unterscheiden. *) gleichartiger Strecken null sei, woraus dann das den Begriff der äusseren Mul- tiplikation charakterisirende Gesetz, wie wir es oben darstellten, hervorgeht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/121
Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/121>, abgerufen am 25.11.2024.