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Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

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Aeussere Multiplikation der Strecken. § 28
eine neue der ersteren ungleichartigen Strecke beschreiben lassen,
so dass also alle Punkte eine gleiche Strecke konstruiren. Der
so erzeugte Flächenraum hat die Gestalt einer Spathecks (Parallelo-
gramms). Setzen wir nun zwei solche Flächenräume, die dersel-
ben Ebene angehören, als gleich bezeichnet, wenn man beim
Uebergang aus der Richtung der bewegten Strecke in die Richtung
der durch die Bewegung konstruirten, beidemale nach derselben
Seite hin (z. B. beidemale nach links hin) abbiegen muss, als
ungleich bezeichnet, wenn nach entgegengesetzter, so ergiebt sich
sogleich nachstehendes eben so einfache als allgemeine Gesetz:

"Wenn in der Ebene eine Strecke sich nach einander um be-
liebige Strecken fortbewegt, so ist der gesammte dadurch be-
schriebene Flächenraum (wenn man die Vorzeichen der ein-
zelnen Flächentheile in der angegebenen Weise setzt) eben so
gross, als ob sie sich um die Summe jener Strecken fortbe-
wegt hätte."

Oder

"Wenn in der Ebene eine Strecke sich zwischen zwei festen
Parallelen fortbewegt, so dass sie zu Anfang in der einen, zuletzt
in der andern liegt, so ist der dadurch erzeugte gesammte
Flächenraum stets gleich gross, auf welchem (geraden oder
gebrochenen) Wege sie sich auch dahin bewegt haben mag,
so bald man nur das angenommene Zeichengesetz festhält."

Dieser Satz folgt unmittelbar aus dem bekannten Satze, dass Pa-
rallelogramme, die von derselben Grundseite aus bis nach dersel-
ben Parallele hin sich erstrecken, gleichen Flächenraum haben.
Wie hieraus jener Satz hervorgeht, ergiebt sich leicht aus der
Figur (vergl. Fig. 9.). Betrachtet man nämlich zuerst die unend-
lichen geraden Linien ab und cd als die festen Parallelen, und
vergleicht die Flächenräume, welche entstehen, wenn sich ab einer-
seits um die Strecke ac, andererseits um die gebrochene Linie aec
bewegt, so ist der Anblick der Figur hinreichend, um sich ver-
mittelst des angeführten Satzes von deren Gleichheit zu überzeu-
gen. Aber ebenso wenn man die Parallelen ab und ef als die
festen betrachtet, und die Flächenräume vergleicht, welche entste-
hen, wenn sich ab einestheils um ae, anderntheils um ac und dann
um ce fortbewegt, so überzeugt man sich leicht von der Richtig-

Aeussere Multiplikation der Strecken. § 28
eine neue der ersteren ungleichartigen Strecke beschreiben lassen,
so dass also alle Punkte eine gleiche Strecke konstruiren. Der
so erzeugte Flächenraum hat die Gestalt einer Spathecks (Parallelo-
gramms). Setzen wir nun zwei solche Flächenräume, die dersel-
ben Ebene angehören, als gleich bezeichnet, wenn man beim
Uebergang aus der Richtung der bewegten Strecke in die Richtung
der durch die Bewegung konstruirten, beidemale nach derselben
Seite hin (z. B. beidemale nach links hin) abbiegen muss, als
ungleich bezeichnet, wenn nach entgegengesetzter, so ergiebt sich
sogleich nachstehendes eben so einfache als allgemeine Gesetz:

„Wenn in der Ebene eine Strecke sich nach einander um be-
liebige Strecken fortbewegt, so ist der gesammte dadurch be-
schriebene Flächenraum (wenn man die Vorzeichen der ein-
zelnen Flächentheile in der angegebenen Weise setzt) eben so
gross, als ob sie sich um die Summe jener Strecken fortbe-
wegt hätte.“

Oder

„Wenn in der Ebene eine Strecke sich zwischen zwei festen
Parallelen fortbewegt, so dass sie zu Anfang in der einen, zuletzt
in der andern liegt, so ist der dadurch erzeugte gesammte
Flächenraum stets gleich gross, auf welchem (geraden oder
gebrochenen) Wege sie sich auch dahin bewegt haben mag,
so bald man nur das angenommene Zeichengesetz festhält.“

Dieser Satz folgt unmittelbar aus dem bekannten Satze, dass Pa-
rallelogramme, die von derselben Grundseite aus bis nach dersel-
ben Parallele hin sich erstrecken, gleichen Flächenraum haben.
Wie hieraus jener Satz hervorgeht, ergiebt sich leicht aus der
Figur (vergl. Fig. 9.). Betrachtet man nämlich zuerst die unend-
lichen geraden Linien ab und cd als die festen Parallelen, und
vergleicht die Flächenräume, welche entstehen, wenn sich ab einer-
seits um die Strecke ac, andererseits um die gebrochene Linie aec
bewegt, so ist der Anblick der Figur hinreichend, um sich ver-
mittelst des angeführten Satzes von deren Gleichheit zu überzeu-
gen. Aber ebenso wenn man die Parallelen ab und ef als die
festen betrachtet, und die Flächenräume vergleicht, welche entste-
hen, wenn sich ab einestheils um ae, anderntheils um ac und dann
um ce fortbewegt, so überzeugt man sich leicht von der Richtig-

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[48/0084] Aeussere Multiplikation der Strecken. § 28 eine neue der ersteren ungleichartigen Strecke beschreiben lassen, so dass also alle Punkte eine gleiche Strecke konstruiren. Der so erzeugte Flächenraum hat die Gestalt einer Spathecks (Parallelo- gramms). Setzen wir nun zwei solche Flächenräume, die dersel- ben Ebene angehören, als gleich bezeichnet, wenn man beim Uebergang aus der Richtung der bewegten Strecke in die Richtung der durch die Bewegung konstruirten, beidemale nach derselben Seite hin (z. B. beidemale nach links hin) abbiegen muss, als ungleich bezeichnet, wenn nach entgegengesetzter, so ergiebt sich sogleich nachstehendes eben so einfache als allgemeine Gesetz: „Wenn in der Ebene eine Strecke sich nach einander um be- liebige Strecken fortbewegt, so ist der gesammte dadurch be- schriebene Flächenraum (wenn man die Vorzeichen der ein- zelnen Flächentheile in der angegebenen Weise setzt) eben so gross, als ob sie sich um die Summe jener Strecken fortbe- wegt hätte.“ Oder „Wenn in der Ebene eine Strecke sich zwischen zwei festen Parallelen fortbewegt, so dass sie zu Anfang in der einen, zuletzt in der andern liegt, so ist der dadurch erzeugte gesammte Flächenraum stets gleich gross, auf welchem (geraden oder gebrochenen) Wege sie sich auch dahin bewegt haben mag, so bald man nur das angenommene Zeichengesetz festhält.“ Dieser Satz folgt unmittelbar aus dem bekannten Satze, dass Pa- rallelogramme, die von derselben Grundseite aus bis nach dersel- ben Parallele hin sich erstrecken, gleichen Flächenraum haben. Wie hieraus jener Satz hervorgeht, ergiebt sich leicht aus der Figur (vergl. Fig. 9.). Betrachtet man nämlich zuerst die unend- lichen geraden Linien ab und cd als die festen Parallelen, und vergleicht die Flächenräume, welche entstehen, wenn sich ab einer- seits um die Strecke ac, andererseits um die gebrochene Linie aec bewegt, so ist der Anblick der Figur hinreichend, um sich ver- mittelst des angeführten Satzes von deren Gleichheit zu überzeu- gen. Aber ebenso wenn man die Parallelen ab und ef als die festen betrachtet, und die Flächenräume vergleicht, welche entste- hen, wenn sich ab einestheils um ae, anderntheils um ac und dann um ce fortbewegt, so überzeugt man sich leicht von der Richtig-

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Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/84>, abgerufen am 29.11.2024.