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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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nen die Namen eines Pradier, Jehan Duseigneur, Duret, Duboeufs,
Foyatier, lauter ernste Künstler, und Frankreichs letzte Repräsentanten
der sterbenden Sculptur? Dantan aber ist ein Jederman bekannter
Name. Er hat neue Mittel aufgefunden, seinen Namen unter das
Volk zu bringen. Er beutet zu diesem Zwecke alle anderen Künste aus.
Wenn die Direktion der Pariser Oper ihren langweiligen Balleten etwas
Originelles beibringen will, so setzt sie Chargen von Dantan in Handlung.
Die Lithographie reproducirt sie unzählige Mal. Man findet sie auf den
Gesimsen, in den Conditorläden und sogar auf Stoffen. Ich habe in Paris
Dantan-Foulards gesehen, für jede Art von Celebritäten gab es da Fou-
lards mit den betreffenden Zeichnungen; literarische, artistische, parlamen¬
tarische, theatralische, finanzielle, musikalische und andere Foulards.

Woher kommt die ungeheure Popularität Dantans? Erstens ist sein
Genre ein neues, und zweitens weiß er seine Idee auf das geistvollste und
wirksamste zu benutzen. Hier in wenig Worten seine Geschichte.

Vor etwa zwölf Jahren war er ein eifriger Kunstjünger in einer Bild-
hauerwerkstätte. Er studierte die Rase des olympischen Jupiter, und das
Ohr der Venus von Milet. Eines Tages, wo er sich jenem neckischen
Muthwillen überließ, der Jederman zuweilen befällt, und besonders die
Künstler, machte er sich den Spaß, die groteske Figur eines Kunstgenossen,
des jungen Ducornet, zu modelliren, und zwar ohne Arme, mit den Füßen
malend. Diese Eulenspiegelei fand unter den Kunstjüngern Beifall, man
führte das Bild eilig in Alabaster aus, und man lachte einige Tage darü¬
ber. Eines schönen Morgens reiste Dantan nach Rom ab, und das Bild
wurde in eine Ecke gestellt und vergessen.

Zwei oder drei Jahre gingen darüber hin. Eines Tages kam der
Künstler, müde des Studiums der Antike, nach Hause, war niedergeschlagen,
entmuthigt und voller Sorgen, wie dieß auf dem rauhen Pfade der Kunst
öfter begegnet, als der Laie denkt. Zu dieser Traurigkeit gesellte sich das
Heimweh; die Erinnerung an das Vaterland erfüllte ihn mit Herzeleid, er
rief sich mit Wehmuth die süßen Freuden der Jugend zurück, das im Schooße
der Familie genossene Glück, und unter diesen Erinnerungen tauchte auch
die an die Statue Ducornets auf, die er so lange vergessen hatte. Diese
Erinnerung machte ihn lächeln, er nahm Thonerde zur Hand, und model-
lirte so mit den Fingern, am folgenden Tage war unter den jungen Künst¬
lern in Rom von nichts die Rede, als von einer Charge des Horace Ver-
net im Schlafrock, und von einer andern des Herrn Carl Vernet auf dem
Halse eines Kleppers reitend.--Das Heimweh hatte Dantan nach Frank-
reich zurückgeführt. Proben seiner Scherzbilder waren da schon hingekom-
men, und hatten erstaunliches Glück gemacht -- -- und ein Jahr später

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nen die Namen eines Pradier, Jehan Duseigneur, Duret, Duboeufs,
Foyatier, lauter ernste Künstler, und Frankreichs letzte Repräsentanten
der sterbenden Sculptur? Dantan aber ist ein Jederman bekannter
Name. Er hat neue Mittel aufgefunden, seinen Namen unter das
Volk zu bringen. Er beutet zu diesem Zwecke alle anderen Künste aus.
Wenn die Direktion der Pariser Oper ihren langweiligen Balleten etwas
Originelles beibringen will, so setzt sie Chargen von Dantan in Handlung.
Die Lithographie reproducirt sie unzählige Mal. Man findet sie auf den
Gesimsen, in den Conditorläden und sogar auf Stoffen. Ich habe in Paris
Dantan-Foulards gesehen, für jede Art von Celebritäten gab es da Fou-
lards mit den betreffenden Zeichnungen; literarische, artistische, parlamen¬
tarische, theatralische, finanzielle, musikalische und andere Foulards.

Woher kommt die ungeheure Popularität Dantans? Erstens ist sein
Genre ein neues, und zweitens weiß er seine Idee auf das geistvollste und
wirksamste zu benutzen. Hier in wenig Worten seine Geschichte.

Vor etwa zwölf Jahren war er ein eifriger Kunstjünger in einer Bild-
hauerwerkstätte. Er studierte die Rase des olympischen Jupiter, und das
Ohr der Venus von Milet. Eines Tages, wo er sich jenem neckischen
Muthwillen überließ, der Jederman zuweilen befällt, und besonders die
Künstler, machte er sich den Spaß, die groteske Figur eines Kunstgenossen,
des jungen Ducornet, zu modelliren, und zwar ohne Arme, mit den Füßen
malend. Diese Eulenspiegelei fand unter den Kunstjüngern Beifall, man
führte das Bild eilig in Alabaster aus, und man lachte einige Tage darü¬
ber. Eines schönen Morgens reiste Dantan nach Rom ab, und das Bild
wurde in eine Ecke gestellt und vergessen.

Zwei oder drei Jahre gingen darüber hin. Eines Tages kam der
Künstler, müde des Studiums der Antike, nach Hause, war niedergeschlagen,
entmuthigt und voller Sorgen, wie dieß auf dem rauhen Pfade der Kunst
öfter begegnet, als der Laie denkt. Zu dieser Traurigkeit gesellte sich das
Heimweh; die Erinnerung an das Vaterland erfüllte ihn mit Herzeleid, er
rief sich mit Wehmuth die süßen Freuden der Jugend zurück, das im Schooße
der Familie genossene Glück, und unter diesen Erinnerungen tauchte auch
die an die Statue Ducornets auf, die er so lange vergessen hatte. Diese
Erinnerung machte ihn lächeln, er nahm Thonerde zur Hand, und model-
lirte so mit den Fingern, am folgenden Tage war unter den jungen Künst¬
lern in Rom von nichts die Rede, als von einer Charge des Horace Ver-
net im Schlafrock, und von einer andern des Herrn Carl Vernet auf dem
Halse eines Kleppers reitend.—Das Heimweh hatte Dantan nach Frank-
reich zurückgeführt. Proben seiner Scherzbilder waren da schon hingekom-
men, und hatten erstaunliches Glück gemacht — — und ein Jahr später

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1). (2013-11-19T17:23:38Z)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/235>, abgerufen am 21.11.2024.