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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Werkes 1830 so ungerne mit ansahen, wenn wir uns mit jenen reinen Mo¬
narchien verbünden, denen wir unzart vor den Kopf gestoßen haben, als
wir eine Staatsverfassung aufstellten, freisinniger als irgend ein Volk
sie hat?

Wahr ist es, Belgien hat sich eine der freisinnigsten Verfassungen ge¬
geben, die jemals bestanden haben. Aber, einige Volksunruhen abgerechnet,
die in der Hitze einer Revolution unvermeidlich sind und jetzt glücklicherweise
aufgehört haben, haben wir jemals unsere Unabhängigkeit mißbraucht? Haben
wir Grundsätze ins Leben treten lassen, welche die gesellschaftliche Ordnung
zerstören?

Nein, Belgien hat seinen Weg mit Mäßigung zurückgelegt; es hat die
Gesetze geachtet, wir haben Europa sichere Unterpfänder des Friedens, der
Ruhe und der Sicherheit gegeben. Fast mit allen Mächten bestehen freund¬
schaftliche Beziehungen. Die Revolution von 1830 hat allerdings durch
Vernichtung des Königreichs der Niederlande die holländisch-belgische Bar¬
riere von 1815 umgestürzt. Wenn aber Belgien sich offen von Frankreich
entfernt hält . . . wenn wir mit den andern Mächten uns verbünden,
so liegt in diesem Factum eine Garantie, daß Belgien eine wahre, sicherere
Barriere gegen Frankreich als das improvisirte Königreich von 1815 in sei¬
nen unzusamenhängenden Bestandtheilen bilden würde. Bei diesem Vertrage
müßte natürlich die Zukunft Belgiens, welches 100,000 Soldaten,
und ein furchtbares Bollwerk von Festungen bietet, unter den günstigsten
Bedingungen garantirt werden. Eine Clausel in Betreff unseres Anschlusses
an den deutschen Zollverein fände hier ihre natürlichste Stelle zur wirksamsten
Sicherung unserer Handels- und industriellen Interessen. . . . "

Nachdem der Verfasser hierauf gezeigt hat, daß Belgien im Falle des
Krieges sich selbst schluldig sei, die ihm durch die Verträge zur Pflicht ge¬
machte Neutralität anfzugeben, führt ihn der Gang der Untersuchung auf
die Frage: Wer Belgiens Verbündeter sein solle. Ob in dem traurigen Falle,
wo Belgien nicht unabhängig bleiben könne, also zwischen zwei oder mehreren
Uebeln das am wenigsten schlimme wählen müsse, die Vereinigung zwischen
Holland oder Deutschland der mit Frankreich vorzuziehen sei oder nicht.
Der erste Theil der Frage ist für uns fremd und ohne Interesse. Mit
freudig stolzer Genugthuung möchten wir's dagegen gern mittheilen, was
der Verfasser von den möglichen Veziehungen Belgiens zu Deutschland sagt,
wenn hier nicht manche empfindliche Saite berührt würde. Er kommt hier¬
auf auf die Untersuchung der Chancen, im Falle einer Allianz mit Frankreich.

Nachdem er gezeigt, daß weder seine Gesinnungen noch seine materiellen
und geistigen Mittel einem kleinern Staate, der sich ihm verbündet, genü¬
gende Garantie gegen jede Gefährdung seiner Selbstständigkeit gewähren könne,

Werkes 1830 so ungerne mit ansahen, wenn wir uns mit jenen reinen Mo¬
narchien verbünden, denen wir unzart vor den Kopf gestoßen haben, als
wir eine Staatsverfassung aufstellten, freisinniger als irgend ein Volk
sie hat?

Wahr ist es, Belgien hat sich eine der freisinnigsten Verfassungen ge¬
geben, die jemals bestanden haben. Aber, einige Volksunruhen abgerechnet,
die in der Hitze einer Revolution unvermeidlich sind und jetzt glücklicherweise
aufgehört haben, haben wir jemals unsere Unabhängigkeit mißbraucht? Haben
wir Grundsätze ins Leben treten lassen, welche die gesellschaftliche Ordnung
zerstören?

Nein, Belgien hat seinen Weg mit Mäßigung zurückgelegt; es hat die
Gesetze geachtet, wir haben Europa sichere Unterpfänder des Friedens, der
Ruhe und der Sicherheit gegeben. Fast mit allen Mächten bestehen freund¬
schaftliche Beziehungen. Die Revolution von 1830 hat allerdings durch
Vernichtung des Königreichs der Niederlande die holländisch-belgische Bar¬
riere von 1815 umgestürzt. Wenn aber Belgien sich offen von Frankreich
entfernt hält . . . wenn wir mit den andern Mächten uns verbünden,
so liegt in diesem Factum eine Garantie, daß Belgien eine wahre, sicherere
Barriere gegen Frankreich als das improvisirte Königreich von 1815 in sei¬
nen unzusamenhängenden Bestandtheilen bilden würde. Bei diesem Vertrage
müßte natürlich die Zukunft Belgiens, welches 100,000 Soldaten,
und ein furchtbares Bollwerk von Festungen bietet, unter den günstigsten
Bedingungen garantirt werden. Eine Clausel in Betreff unseres Anschlusses
an den deutschen Zollverein fände hier ihre natürlichste Stelle zur wirksamsten
Sicherung unserer Handels- und industriellen Interessen. . . . 〟

Nachdem der Verfasser hierauf gezeigt hat, daß Belgien im Falle des
Krieges sich selbst schluldig sei, die ihm durch die Verträge zur Pflicht ge¬
machte Neutralität anfzugeben, führt ihn der Gang der Untersuchung auf
die Frage: Wer Belgiens Verbündeter sein solle. Ob in dem traurigen Falle,
wo Belgien nicht unabhängig bleiben könne, also zwischen zwei oder mehreren
Uebeln das am wenigsten schlimme wählen müsse, die Vereinigung zwischen
Holland oder Deutschland der mit Frankreich vorzuziehen sei oder nicht.
Der erste Theil der Frage ist für uns fremd und ohne Interesse. Mit
freudig stolzer Genugthuung möchten wir's dagegen gern mittheilen, was
der Verfasser von den möglichen Veziehungen Belgiens zu Deutschland sagt,
wenn hier nicht manche empfindliche Saite berührt würde. Er kommt hier¬
auf auf die Untersuchung der Chancen, im Falle einer Allianz mit Frankreich.

Nachdem er gezeigt, daß weder seine Gesinnungen noch seine materiellen
und geistigen Mittel einem kleinern Staate, der sich ihm verbündet, genü¬
gende Garantie gegen jede Gefährdung seiner Selbstständigkeit gewähren könne,

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[236/0244] Werkes 1830 so ungerne mit ansahen, wenn wir uns mit jenen reinen Mo¬ narchien verbünden, denen wir unzart vor den Kopf gestoßen haben, als wir eine Staatsverfassung aufstellten, freisinniger als irgend ein Volk sie hat? Wahr ist es, Belgien hat sich eine der freisinnigsten Verfassungen ge¬ geben, die jemals bestanden haben. Aber, einige Volksunruhen abgerechnet, die in der Hitze einer Revolution unvermeidlich sind und jetzt glücklicherweise aufgehört haben, haben wir jemals unsere Unabhängigkeit mißbraucht? Haben wir Grundsätze ins Leben treten lassen, welche die gesellschaftliche Ordnung zerstören? Nein, Belgien hat seinen Weg mit Mäßigung zurückgelegt; es hat die Gesetze geachtet, wir haben Europa sichere Unterpfänder des Friedens, der Ruhe und der Sicherheit gegeben. Fast mit allen Mächten bestehen freund¬ schaftliche Beziehungen. Die Revolution von 1830 hat allerdings durch Vernichtung des Königreichs der Niederlande die holländisch-belgische Bar¬ riere von 1815 umgestürzt. Wenn aber Belgien sich offen von Frankreich entfernt hält . . . wenn wir mit den andern Mächten uns verbünden, so liegt in diesem Factum eine Garantie, daß Belgien eine wahre, sicherere Barriere gegen Frankreich als das improvisirte Königreich von 1815 in sei¬ nen unzusamenhängenden Bestandtheilen bilden würde. Bei diesem Vertrage müßte natürlich die Zukunft Belgiens, welches 100,000 Soldaten, und ein furchtbares Bollwerk von Festungen bietet, unter den günstigsten Bedingungen garantirt werden. Eine Clausel in Betreff unseres Anschlusses an den deutschen Zollverein fände hier ihre natürlichste Stelle zur wirksamsten Sicherung unserer Handels- und industriellen Interessen. . . . 〟 Nachdem der Verfasser hierauf gezeigt hat, daß Belgien im Falle des Krieges sich selbst schluldig sei, die ihm durch die Verträge zur Pflicht ge¬ machte Neutralität anfzugeben, führt ihn der Gang der Untersuchung auf die Frage: Wer Belgiens Verbündeter sein solle. Ob in dem traurigen Falle, wo Belgien nicht unabhängig bleiben könne, also zwischen zwei oder mehreren Uebeln das am wenigsten schlimme wählen müsse, die Vereinigung zwischen Holland oder Deutschland der mit Frankreich vorzuziehen sei oder nicht. Der erste Theil der Frage ist für uns fremd und ohne Interesse. Mit freudig stolzer Genugthuung möchten wir's dagegen gern mittheilen, was der Verfasser von den möglichen Veziehungen Belgiens zu Deutschland sagt, wenn hier nicht manche empfindliche Saite berührt würde. Er kommt hier¬ auf auf die Untersuchung der Chancen, im Falle einer Allianz mit Frankreich. Nachdem er gezeigt, daß weder seine Gesinnungen noch seine materiellen und geistigen Mittel einem kleinern Staate, der sich ihm verbündet, genü¬ gende Garantie gegen jede Gefährdung seiner Selbstständigkeit gewähren könne,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/244>, abgerufen am 21.11.2024.