Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

sen, auf den sie angewiesen sind. Für solche Gäste ist in Ostende ziemlich stief¬
mütterlich gesorgt. Der tägliche Spaziergang auf dem Damme und die abend¬
liche Zusammenkunft auf dem Casino sind so ziemlich alles, was die Stadt
selbst als Zerstreuung bietet. Wenn Ostende in vielfacher Beziehung andere
große Badeplätze überflügelt, so steht es in der Einen sogar hinter den meisten
kleinen zurück.

Von den mannichfaltigen pikanten Mitteln und Spielereien, womit man
anderswo den Aufenthalt der Kurgäste zu verschönern sucht: Theater, Morgen-
und Abendmusiken, Gartenbelustigungen, Bewillkommungsfanfaren u. s. w.,
ist hier wenig zu finden. Wir begreifen nicht, wie sich die Verwaltung der
Stadt solche einfache, zur Anziehung und zur Aufenthaltsverlängerung viel
beitragende Mittel entgehen läßt. Das Casino, mit seinen freundlichen Räu¬
men, mit seinen heitern Abendgesellschaften, Bällen, und kleinen Concerten,
ist gewiß aller Ehren werth, und der Fremde hat eben nicht Ursache, sich
über Mangel an Bequemlichkeit und Zuvorkommenheit zu beklagen. Aber
ein, jeden Tag sich wiederholendes, Vergnügen, hört am Ende auf, eins
zu sein. Wie leicht wäre es, hier ein gutes Theater zu errichten, hier, wo
die Seelust die Abendspaziergänge abkürzt, und die Gäste von selbst zu einer
gesellschaftlichen Vereinigung unter Dach und Mauern zwingt. Wie leicht
wäre es, durch Bootspiele, Fischerstechen etc. von Zeit zu Zeit ein angenehmes
Schauspiel zu bieten. Ostende hat eine große Zukunft, und je weiter die Ei¬
senbahnen nach Deutschland und Frankreich sich ausdehnen, je mehr Fremde
werden diesem Bade mit jedem Jahre zuströmen. Aber es ist nicht genug,
Gäste zu empfangen, man muß sie auch bewirthen. Dieses sollte sich die
Stadt zu Herzen nehmen, und die Gunst der Natur und der Verhältnisse
durch ihre eigenen Bemühungen zu erhöhen trachten.

Med. Dr. D. e. t.


sen, auf den sie angewiesen sind. Für solche Gäste ist in Ostende ziemlich stief¬
mütterlich gesorgt. Der tägliche Spaziergang auf dem Damme und die abend¬
liche Zusammenkunft auf dem Casino sind so ziemlich alles, was die Stadt
selbst als Zerstreuung bietet. Wenn Ostende in vielfacher Beziehung andere
große Badeplätze überflügelt, so steht es in der Einen sogar hinter den meisten
kleinen zurück.

Von den mannichfaltigen pikanten Mitteln und Spielereien, womit man
anderswo den Aufenthalt der Kurgäste zu verschönern sucht: Theater, Morgen-
und Abendmusiken, Gartenbelustigungen, Bewillkommungsfanfaren u. s. w.,
ist hier wenig zu finden. Wir begreifen nicht, wie sich die Verwaltung der
Stadt solche einfache, zur Anziehung und zur Aufenthaltsverlängerung viel
beitragende Mittel entgehen läßt. Das Casino, mit seinen freundlichen Räu¬
men, mit seinen heitern Abendgesellschaften, Bällen, und kleinen Concerten,
ist gewiß aller Ehren werth, und der Fremde hat eben nicht Ursache, sich
über Mangel an Bequemlichkeit und Zuvorkommenheit zu beklagen. Aber
ein, jeden Tag sich wiederholendes, Vergnügen, hört am Ende auf, eins
zu sein. Wie leicht wäre es, hier ein gutes Theater zu errichten, hier, wo
die Seelust die Abendspaziergänge abkürzt, und die Gäste von selbst zu einer
gesellschaftlichen Vereinigung unter Dach und Mauern zwingt. Wie leicht
wäre es, durch Bootspiele, Fischerstechen ꝛc. von Zeit zu Zeit ein angenehmes
Schauspiel zu bieten. Ostende hat eine große Zukunft, und je weiter die Ei¬
senbahnen nach Deutschland und Frankreich sich ausdehnen, je mehr Fremde
werden diesem Bade mit jedem Jahre zuströmen. Aber es ist nicht genug,
Gäste zu empfangen, man muß sie auch bewirthen. Dieses sollte sich die
Stadt zu Herzen nehmen, und die Gunst der Natur und der Verhältnisse
durch ihre eigenen Bemühungen zu erhöhen trachten.

Med. Dr. D. e. t.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/179409" facs="#f0026" n="18"/>
sen, auf den sie angewiesen sind. Für solche Gäste ist in Ostende ziemlich stief¬<lb/>
mütterlich gesorgt. Der tägliche Spaziergang auf dem Damme und die abend¬<lb/>
liche Zusammenkunft auf dem Casino sind so ziemlich alles, was die Stadt<lb/>
selbst als Zerstreuung bietet. Wenn Ostende in vielfacher Beziehung andere<lb/>
große Badeplätze überflügelt, so steht es in der Einen sogar hinter den meisten<lb/>
kleinen zurück.</p><lb/>
        <p>Von den mannichfaltigen pikanten Mitteln und Spielereien, womit man<lb/>
anderswo den Aufenthalt der Kurgäste zu verschönern sucht: Theater, Morgen-<lb/>
und Abendmusiken, Gartenbelustigungen, Bewillkommungsfanfaren u. s. w.,<lb/>
ist hier wenig zu finden. Wir begreifen nicht, wie sich die Verwaltung der<lb/>
Stadt solche einfache, zur Anziehung und zur Aufenthaltsverlängerung viel<lb/>
beitragende Mittel entgehen läßt. Das Casino, mit seinen freundlichen Räu¬<lb/>
men, mit seinen heitern Abendgesellschaften, Bällen, und kleinen Concerten,<lb/>
ist gewiß aller Ehren werth, und der Fremde hat eben nicht Ursache, sich<lb/>
über Mangel an Bequemlichkeit und Zuvorkommenheit zu beklagen. Aber<lb/>
ein, jeden Tag sich wiederholendes, Vergnügen, hört am Ende auf, eins<lb/>
zu sein. Wie leicht wäre es, hier ein gutes Theater zu errichten, hier, wo<lb/>
die Seelust die Abendspaziergänge abkürzt, und die Gäste von selbst zu einer<lb/>
gesellschaftlichen Vereinigung unter Dach und Mauern zwingt. Wie leicht<lb/>
wäre es, durch Bootspiele, Fischerstechen &#xA75B;c. von Zeit zu Zeit ein angenehmes<lb/>
Schauspiel zu bieten. Ostende hat eine große Zukunft, und je weiter die Ei¬<lb/>
senbahnen nach Deutschland und Frankreich sich ausdehnen, je mehr Fremde<lb/>
werden diesem Bade mit jedem Jahre zuströmen. Aber es ist nicht genug,<lb/>
Gäste zu empfangen, man muß sie auch bewirthen. Dieses sollte sich die<lb/>
Stadt zu Herzen nehmen, und die Gunst der Natur und der Verhältnisse<lb/>
durch ihre eigenen Bemühungen zu erhöhen trachten.</p><lb/>
        <bibl>Med. Dr. D. e. t.</bibl>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0026] sen, auf den sie angewiesen sind. Für solche Gäste ist in Ostende ziemlich stief¬ mütterlich gesorgt. Der tägliche Spaziergang auf dem Damme und die abend¬ liche Zusammenkunft auf dem Casino sind so ziemlich alles, was die Stadt selbst als Zerstreuung bietet. Wenn Ostende in vielfacher Beziehung andere große Badeplätze überflügelt, so steht es in der Einen sogar hinter den meisten kleinen zurück. Von den mannichfaltigen pikanten Mitteln und Spielereien, womit man anderswo den Aufenthalt der Kurgäste zu verschönern sucht: Theater, Morgen- und Abendmusiken, Gartenbelustigungen, Bewillkommungsfanfaren u. s. w., ist hier wenig zu finden. Wir begreifen nicht, wie sich die Verwaltung der Stadt solche einfache, zur Anziehung und zur Aufenthaltsverlängerung viel beitragende Mittel entgehen läßt. Das Casino, mit seinen freundlichen Räu¬ men, mit seinen heitern Abendgesellschaften, Bällen, und kleinen Concerten, ist gewiß aller Ehren werth, und der Fremde hat eben nicht Ursache, sich über Mangel an Bequemlichkeit und Zuvorkommenheit zu beklagen. Aber ein, jeden Tag sich wiederholendes, Vergnügen, hört am Ende auf, eins zu sein. Wie leicht wäre es, hier ein gutes Theater zu errichten, hier, wo die Seelust die Abendspaziergänge abkürzt, und die Gäste von selbst zu einer gesellschaftlichen Vereinigung unter Dach und Mauern zwingt. Wie leicht wäre es, durch Bootspiele, Fischerstechen ꝛc. von Zeit zu Zeit ein angenehmes Schauspiel zu bieten. Ostende hat eine große Zukunft, und je weiter die Ei¬ senbahnen nach Deutschland und Frankreich sich ausdehnen, je mehr Fremde werden diesem Bade mit jedem Jahre zuströmen. Aber es ist nicht genug, Gäste zu empfangen, man muß sie auch bewirthen. Dieses sollte sich die Stadt zu Herzen nehmen, und die Gunst der Natur und der Verhältnisse durch ihre eigenen Bemühungen zu erhöhen trachten. Med. Dr. D. e. t.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1). (2013-11-19T17:23:38Z)

Weitere Informationen:

Art der Texterfassung: OCR.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/26
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/26>, abgerufen am 21.11.2024.