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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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Als die Literatur noch nicht unabhängig war, begründete ein gutes
Werk das Glück eines Mannes.

Heute muß man in einem fort arbeiten und verkaufen; -- die Feder
steht nicht mehr im Dienste des Geistes, sondern des Hungers; -- man fühlt
sich nicht gedrungen, etwas zu sagen, wohl aber, zu Tische zu gehen.

Man macht Meisterwerke, wie man in Wirthshäusern Sonntags die
Suppe bereitet: -- man schüttet immerzu Wasser auf die anfängliche Fleisch¬
brühe.

Man hat den Nachruhm unterdrückt, -- dieß Paradies verunglückter
oder verhungerter Schriftsteller, -- denn man muß essen, so lange man lebt.

Noch eine kleine Anekdote, Herr Augustin, es ist eine kleine Lästerge¬
schichte über zwei große Talente: -- Herr von Balzac und Herr Alexander
Dumas haben sich überwerfen.

Bei der letzten Reise des Herrn Dumas, -- als er von Florenz kam,
ohne -- zum allgemeinen Erstaunen -- einen neuen Orden mitzubringen,
richtete es ein Freund der beiden Dichter so ein, daß sie den Abend zusam¬
men zubrachten; -- sie reden sich nicht an; -- gegen Mitternacht geht Herr
de Balzac fort, und läßt, indem er an Herrn Dumas vorbeigeht, die Worte
fallen: "wenn ich mich ausgeschrieben habe, so will ich Schauspiele machen."

"So fangen Sie doch auf der Stelle an," -- versetzt Herr Dumas.

Die Polizei.

Ich will Ihnen von der Polizei nur ganz oberflächlich sprechen, Herr Augu¬
stin, der Franzose hat einen Abscheu vor der Polizei. Dieser Abscheu, der anfangs
ganz ungerecht war, gelaugt nun dazu, im vollkommenem Recht sich zu befinden.

Bei einer Emeute, wenn die Polizei gleich am Anfange herzukömmt, so heißt
es: "Man gibt durch die ungeschickte Einmischung einem unbedeutenden Auflaufe
erst den ernsten Anstrich." Wenn die Polizei dagegen wartet, bis der Auflauf zu
einem gewissen Grade gestiegen, so sagt man wieder: Statt das Geschrei einiger
Gassenbuben gleich im Entstehen zu unterdrücken, läßt die Polizei eine kleine Un¬
ordnung zur beunruhigenden Emeute ausarten. Wenn ein Agent der geheimen
Polizei einen Dieb arretirt, so machen die ängstlichen Mienen Beider unmöglich,
es herauszufinden, wer eigentlich der Dieb unter ihnen sei. Und hüten Sie sich ja,
sich zu irren, denn der Dieb könnte es leicht übel nehmen, daß Sie ihn für einen
Polizeimann halten.

Es war der Moral und Sitte gemäß, daß man die Stadtsergeanten unifor¬
mirt hat; aber diese Maaßregel hätte allgemein gemacht werden müssen. Es gibt
noch einen Theil der Polizei, und dieß ist der größte, der, wie die Diebe zu
Werke geht, das heißt, durch Ueberfall und aus dem Hinterhalt.

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Als die Literatur noch nicht unabhängig war, begründete ein gutes
Werk das Glück eines Mannes.

Heute muß man in einem fort arbeiten und verkaufen; — die Feder
steht nicht mehr im Dienste des Geistes, sondern des Hungers; — man fühlt
sich nicht gedrungen, etwas zu sagen, wohl aber, zu Tische zu gehen.

Man macht Meisterwerke, wie man in Wirthshäusern Sonntags die
Suppe bereitet: — man schüttet immerzu Wasser auf die anfängliche Fleisch¬
brühe.

Man hat den Nachruhm unterdrückt, — dieß Paradies verunglückter
oder verhungerter Schriftsteller, — denn man muß essen, so lange man lebt.

Noch eine kleine Anekdote, Herr Augustin, es ist eine kleine Lästerge¬
schichte über zwei große Talente: — Herr von Balzac und Herr Alexander
Dumas haben sich überwerfen.

Bei der letzten Reise des Herrn Dumas, — als er von Florenz kam,
ohne — zum allgemeinen Erstaunen — einen neuen Orden mitzubringen,
richtete es ein Freund der beiden Dichter so ein, daß sie den Abend zusam¬
men zubrachten; — sie reden sich nicht an; — gegen Mitternacht geht Herr
de Balzac fort, und läßt, indem er an Herrn Dumas vorbeigeht, die Worte
fallen: „wenn ich mich ausgeschrieben habe, so will ich Schauspiele machen.“

„So fangen Sie doch auf der Stelle an,“ — versetzt Herr Dumas.

Die Polizei.

Ich will Ihnen von der Polizei nur ganz oberflächlich sprechen, Herr Augu¬
stin, der Franzose hat einen Abscheu vor der Polizei. Dieser Abscheu, der anfangs
ganz ungerecht war, gelaugt nun dazu, im vollkommenem Recht sich zu befinden.

Bei einer Emeute, wenn die Polizei gleich am Anfange herzukömmt, so heißt
es: „Man gibt durch die ungeschickte Einmischung einem unbedeutenden Auflaufe
erst den ernsten Anstrich.“ Wenn die Polizei dagegen wartet, bis der Auflauf zu
einem gewissen Grade gestiegen, so sagt man wieder: Statt das Geschrei einiger
Gassenbuben gleich im Entstehen zu unterdrücken, läßt die Polizei eine kleine Un¬
ordnung zur beunruhigenden Emeute ausarten. Wenn ein Agent der geheimen
Polizei einen Dieb arretirt, so machen die ängstlichen Mienen Beider unmöglich,
es herauszufinden, wer eigentlich der Dieb unter ihnen sei. Und hüten Sie sich ja,
sich zu irren, denn der Dieb könnte es leicht übel nehmen, daß Sie ihn für einen
Polizeimann halten.

Es war der Moral und Sitte gemäß, daß man die Stadtsergeanten unifor¬
mirt hat; aber diese Maaßregel hätte allgemein gemacht werden müssen. Es gibt
noch einen Theil der Polizei, und dieß ist der größte, der, wie die Diebe zu
Werke geht, das heißt, durch Ueberfall und aus dem Hinterhalt.

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[87/0095] Als die Literatur noch nicht unabhängig war, begründete ein gutes Werk das Glück eines Mannes. Heute muß man in einem fort arbeiten und verkaufen; — die Feder steht nicht mehr im Dienste des Geistes, sondern des Hungers; — man fühlt sich nicht gedrungen, etwas zu sagen, wohl aber, zu Tische zu gehen. Man macht Meisterwerke, wie man in Wirthshäusern Sonntags die Suppe bereitet: — man schüttet immerzu Wasser auf die anfängliche Fleisch¬ brühe. Man hat den Nachruhm unterdrückt, — dieß Paradies verunglückter oder verhungerter Schriftsteller, — denn man muß essen, so lange man lebt. Noch eine kleine Anekdote, Herr Augustin, es ist eine kleine Lästerge¬ schichte über zwei große Talente: — Herr von Balzac und Herr Alexander Dumas haben sich überwerfen. Bei der letzten Reise des Herrn Dumas, — als er von Florenz kam, ohne — zum allgemeinen Erstaunen — einen neuen Orden mitzubringen, richtete es ein Freund der beiden Dichter so ein, daß sie den Abend zusam¬ men zubrachten; — sie reden sich nicht an; — gegen Mitternacht geht Herr de Balzac fort, und läßt, indem er an Herrn Dumas vorbeigeht, die Worte fallen: „wenn ich mich ausgeschrieben habe, so will ich Schauspiele machen.“ „So fangen Sie doch auf der Stelle an,“ — versetzt Herr Dumas. Die Polizei. Ich will Ihnen von der Polizei nur ganz oberflächlich sprechen, Herr Augu¬ stin, der Franzose hat einen Abscheu vor der Polizei. Dieser Abscheu, der anfangs ganz ungerecht war, gelaugt nun dazu, im vollkommenem Recht sich zu befinden. Bei einer Emeute, wenn die Polizei gleich am Anfange herzukömmt, so heißt es: „Man gibt durch die ungeschickte Einmischung einem unbedeutenden Auflaufe erst den ernsten Anstrich.“ Wenn die Polizei dagegen wartet, bis der Auflauf zu einem gewissen Grade gestiegen, so sagt man wieder: Statt das Geschrei einiger Gassenbuben gleich im Entstehen zu unterdrücken, läßt die Polizei eine kleine Un¬ ordnung zur beunruhigenden Emeute ausarten. Wenn ein Agent der geheimen Polizei einen Dieb arretirt, so machen die ängstlichen Mienen Beider unmöglich, es herauszufinden, wer eigentlich der Dieb unter ihnen sei. Und hüten Sie sich ja, sich zu irren, denn der Dieb könnte es leicht übel nehmen, daß Sie ihn für einen Polizeimann halten. Es war der Moral und Sitte gemäß, daß man die Stadtsergeanten unifor¬ mirt hat; aber diese Maaßregel hätte allgemein gemacht werden müssen. Es gibt noch einen Theil der Polizei, und dieß ist der größte, der, wie die Diebe zu Werke geht, das heißt, durch Ueberfall und aus dem Hinterhalt. 12*

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T17:23:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Bayerische Staatbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Per 61 k-1). (2013-11-19T17:23:38Z)

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Art der Texterfassung: OCR.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/95>, abgerufen am 22.11.2024.