Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Verliebte und galante Gedichte. Jch will es dir gantz gern zu deinen Füssen legenSag nur der Meynung ab die sein Vergnügen stöhrt. Adina. Du liebest/ Adamald, mich gantz und gar vergebens/Der Himmel ist mein Schatz/ und ich bin seine Braut Er ist mein schönster Schmuck/ und bestes Gut des Lebens Mein Hertz ist ihm schon längst als eigen anvertraut. Es ist umsonst/ und nichts/ was du von mir begehrest/ Treu-brüchig mag mein Hertz zu keinen Zeiten seyn/ Wenn du denhöchsten Gott von gantzen Hertzen ehrest/ So nimmt kein lüstern Trieb die stillen Sinnen ein. Das Garn der Liebe soll mein Hertze nicht bestricken/ Mein Gott-ergebner Geist reist solches gleich entzwey/ Bemühe dich nur nicht mich in dein Netz zu rücken/ Mein Hertze ist und bleibt dem holden Himmel treu. Was solte meine Brust zur eiteln Liebe treiben? Die ich des Himmels-Gunst nach Wunsch geniessen kan/ Die Lilje meiner Brust soll unbeflecket bleiben Mit geilen Händen greifft man diese Frucht nicht an. Crystallen kan man nicht wenn sie entzwey ergäntzen/ Die Porcellan gilt nichts wenn sie zerbrochen ist. Vor Rosen würde mich ein Diesteln Krantz bekräntzen/ So bald ich deinen Mund aus geiler Lust geküßt. Die Keuschheit steigt empor wenn tolle Brunst versincket/ Sie haßt die Liebes-Lust viel ärger als das Gifft. So wie das Hütten-Rauch bey einem Weyrauch stincket/ So übel reucht auch das was geile Liebe stifft. Die Rose meiner Brust soll unberochen sterben/ Vor jeden geilen Griff soll sie verborgen seyn; So werd ich dort davor die Wohlfahrts-Rosen erben/ Die ihre Blätter aus auf keusche Seelen streun. Noch ist die reine Schooß/ sie bleibt auch wol/ verschlossen/ Die Zucht und das Gelübd steurt aller bösen Lust. Von der verbohtnen Frucht hab ich noch nichts genossen/ So geilt auch nicht darnach die Gott geweyhte Brust. Halt Adamald, halt ein/ ich wil und mag nicht lieben/ Es scheint mir eine Last und keine Lust zu seyn. Die
Verliebte und galante Gedichte. Jch will es dir gantz gern zu deinen Fuͤſſen legenSag nur der Meynung ab die ſein Vergnuͤgen ſtoͤhrt. Adina. Du liebeſt/ Adamald, mich gantz und gar vergebens/Der Himmel iſt mein Schatz/ und ich bin ſeine Braut Er iſt mein ſchoͤnſter Schmuck/ und beſtes Gut des Lebens Mein Hertz iſt ihm ſchon laͤngſt als eigen anvertraut. Es iſt umſonſt/ und nichts/ was du von mir begehreſt/ Treu-bruͤchig mag mein Hertz zu keinen Zeiten ſeyn/ Wenn du denhoͤchſten Gott von gantzen Hertzen ehreſt/ So nimmt kein luͤſtern Trieb die ſtillen Sinnen ein. Das Garn der Liebe ſoll mein Hertze nicht beſtricken/ Mein Gott-ergebner Geiſt reiſt ſolches gleich entzwey/ Bemuͤhe dich nur nicht mich in dein Netz zu ruͤcken/ Mein Hertze iſt und bleibt dem holden Himmel treu. Was ſolte meine Bruſt zur eiteln Liebe treiben? Die ich des Himmels-Gunſt nach Wunſch genieſſen kan/ Die Lilje meiner Bruſt ſoll unbeflecket bleiben Mit geilen Haͤnden greifft man dieſe Frucht nicht an. Cryſtallen kan man nicht wenn ſie entzwey ergaͤntzen/ Die Porcellan gilt nichts wenn ſie zerbrochen iſt. Vor Roſen wuͤrde mich ein Dieſteln Krantz bekraͤntzen/ So bald ich deinen Mund aus geiler Luſt gekuͤßt. Die Keuſchheit ſteigt empor wenn tolle Brunſt verſincket/ Sie haßt die Liebes-Luſt viel aͤrger als das Gifft. So wie das Huͤtten-Rauch bey einem Weyrauch ſtincket/ So uͤbel reucht auch das was geile Liebe ſtifft. Die Roſe meiner Bruſt ſoll unberochen ſterben/ Vor jeden geilen Griff ſoll ſie verborgen ſeyn; So werd ich dort davor die Wohlfahrts-Roſen erben/ Die ihre Blaͤtter aus auf keuſche Seelen ſtreun. Noch iſt die reine Schooß/ ſie bleibt auch wol/ verſchloſſen/ Die Zucht und das Geluͤbd ſteurt aller boͤſen Luſt. Von der verbohtnen Frucht hab ich noch nichts genoſſen/ So geilt auch nicht darnach die Gott geweyhte Bruſt. Halt Adamald, halt ein/ ich wil und mag nicht lieben/ Es ſcheint mir eine Laſt und keine Luſt zu ſeyn. Die
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Verliebte und galante Gedichte.
Jch will es dir gantz gern zu deinen Fuͤſſen legen
Sag nur der Meynung ab die ſein Vergnuͤgen ſtoͤhrt.
Adina.
Du liebeſt/ Adamald, mich gantz und gar vergebens/
Der Himmel iſt mein Schatz/ und ich bin ſeine Braut
Er iſt mein ſchoͤnſter Schmuck/ und beſtes Gut des Lebens
Mein Hertz iſt ihm ſchon laͤngſt als eigen anvertraut.
Es iſt umſonſt/ und nichts/ was du von mir begehreſt/
Treu-bruͤchig mag mein Hertz zu keinen Zeiten ſeyn/
Wenn du denhoͤchſten Gott von gantzen Hertzen ehreſt/
So nimmt kein luͤſtern Trieb die ſtillen Sinnen ein.
Das Garn der Liebe ſoll mein Hertze nicht beſtricken/
Mein Gott-ergebner Geiſt reiſt ſolches gleich entzwey/
Bemuͤhe dich nur nicht mich in dein Netz zu ruͤcken/
Mein Hertze iſt und bleibt dem holden Himmel treu.
Was ſolte meine Bruſt zur eiteln Liebe treiben?
Die ich des Himmels-Gunſt nach Wunſch genieſſen kan/
Die Lilje meiner Bruſt ſoll unbeflecket bleiben
Mit geilen Haͤnden greifft man dieſe Frucht nicht an.
Cryſtallen kan man nicht wenn ſie entzwey ergaͤntzen/
Die Porcellan gilt nichts wenn ſie zerbrochen iſt.
Vor Roſen wuͤrde mich ein Dieſteln Krantz bekraͤntzen/
So bald ich deinen Mund aus geiler Luſt gekuͤßt.
Die Keuſchheit ſteigt empor wenn tolle Brunſt verſincket/
Sie haßt die Liebes-Luſt viel aͤrger als das Gifft.
So wie das Huͤtten-Rauch bey einem Weyrauch ſtincket/
So uͤbel reucht auch das was geile Liebe ſtifft.
Die Roſe meiner Bruſt ſoll unberochen ſterben/
Vor jeden geilen Griff ſoll ſie verborgen ſeyn;
So werd ich dort davor die Wohlfahrts-Roſen erben/
Die ihre Blaͤtter aus auf keuſche Seelen ſtreun.
Noch iſt die reine Schooß/ ſie bleibt auch wol/ verſchloſſen/
Die Zucht und das Geluͤbd ſteurt aller boͤſen Luſt.
Von der verbohtnen Frucht hab ich noch nichts genoſſen/
So geilt auch nicht darnach die Gott geweyhte Bruſt.
Halt Adamald, halt ein/ ich wil und mag nicht lieben/
Es ſcheint mir eine Laſt und keine Luſt zu ſeyn.
Die
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