Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Verliebte und galante Gedichte.
Mein Licht/ sie zürne nicht wenn ihr die Schrifft zu wider
Und so mein frecher Geist nach feinen Willen schreibt;
Kein Manns-Bild bleibet hart bey ihren Pracht der Glieder/
Das nicht der Augen-Blitz in Sclaven-Ketten treibt?
Jhr Antlitz ist der Thron wo Zucht und Tugend strahlen/
Die Schönheit hat dabey ihr ihren Sitz gericht.
Wie schön auch die Natur die Kirschen kan bemahlen/
So gleicht ihr Purpur-Schein doch ihren Lippen nicht.
Reimt ihre Trefflichkeit und ich zwar nicht zusammen/
Legt man den Demant auch zu keinem Kieselstein
Noch ein geringes Spreu zu Zimmetrinde-Flammen
So muß die Zwiebel doch bey schönen Rosen seyn. (l)
Auf einen wilden Baum pfrofft man offt süsse Früchte
Man hüllet Perl und Gold in schlechte Wolle ein/
Die Larve decket offt ein schönes Angesichte
Und eine schwartze Wolck steht bey dem Sonnenschein.
Soll nun mein frecher Geist durch ihren Grimm verderben/
Und reist die zarte Hand den Hoffnungs-Ancker ab?
Ach Nein! Erbarmniß läst mich nicht so Hülff-loß sterben/
Und ihre Freundlichkeit die stürtzet nicht ins Grab.
Jch sehe/ daß ein Licht mir in der Nacht auffgehet/
Ein Pharos zeiget mir allwo ich landen soll/
Der Himmel des Gesichts in hellen Strahlen stehet/
Die schönen Augen sind nicht Blitz und Donners voll.
Es läst ihr Freundlich-seyn mich stets das beste hoffen/
Und ihr Erquickungs-Strahl reist Furcht und Schrecken ein/
Jch sehe/ daß mein Geist im Haven eingeloffen/
Weil keine Klippen ihm daselbst im Wege seyn.
Hier schliesset sich mein Brief/ doch nicht die grosse Liebe/
Die gegen sie/ mein Licht/ in meinem Hertzen brennt/
Der Himmel gebe zu/ daß sie den Wechsel übe/
Und daß ihr keusches Hertz nicht meine Brunst verkennt.
(l) Plutarchus schreibet/ daß die Gärtner neben die Rosen-Stöcke
starckriechende Zwiebeln und Knoblauch pflantzen/ davon die
Rosen einen stärckern und annehmlichern Geruch bekommen.
Auf
Verliebte und galante Gedichte.
Mein Licht/ ſie zuͤrne nicht wenn ihr die Schrifft zu wider
Und ſo mein frecher Geiſt nach feinen Willen ſchreibt;
Kein Manns-Bild bleibet hart bey ihren Pracht der Glieder/
Das nicht der Augen-Blitz in Sclaven-Ketten treibt?
Jhr Antlitz iſt der Thron wo Zucht und Tugend ſtrahlen/
Die Schoͤnheit hat dabey ihr ihren Sitz gericht.
Wie ſchoͤn auch die Natur die Kirſchen kan bemahlen/
So gleicht ihr Purpur-Schein doch ihren Lippen nicht.
Reimt ihre Trefflichkeit und ich zwar nicht zuſammen/
Legt man den Demant auch zu keinem Kieſelſtein
Noch ein geringes Spreu zu Zimmetrinde-Flammen
So muß die Zwiebel doch bey ſchoͤnen Roſen ſeyn. (l)
Auf einen wilden Baum pfrofft man offt ſuͤſſe Fruͤchte
Man huͤllet Perl und Gold in ſchlechte Wolle ein/
Die Larve decket offt ein ſchoͤnes Angeſichte
Und eine ſchwartze Wolck ſteht bey dem Sonnenſchein.
Soll nun mein frecher Geiſt durch ihren Grimm verderben/
Und reiſt die zarte Hand den Hoffnungs-Ancker ab?
Ach Nein! Erbarmniß laͤſt mich nicht ſo Huͤlff-loß ſterben/
Und ihre Freundlichkeit die ſtuͤrtzet nicht ins Grab.
Jch ſehe/ daß ein Licht mir in der Nacht auffgehet/
Ein Pharos zeiget mir allwo ich landen ſoll/
Der Himmel des Geſichts in hellen Strahlen ſtehet/
Die ſchoͤnen Augen ſind nicht Blitz und Donners voll.
Es laͤſt ihr Freundlich-ſeyn mich ſtets das beſte hoffen/
Und ihr Erquickungs-Strahl reiſt Furcht und Schrecken ein/
Jch ſehe/ daß mein Geiſt im Haven eingeloffen/
Weil keine Klippen ihm daſelbſt im Wege ſeyn.
Hier ſchlieſſet ſich mein Brief/ doch nicht die groſſe Liebe/
Die gegen ſie/ mein Licht/ in meinem Hertzen brennt/
Der Himmel gebe zu/ daß ſie den Wechſel uͤbe/
Und daß ihr keuſches Hertz nicht meine Brunſt verkennt.
(l) Plutarchus ſchreibet/ daß die Gaͤrtner neben die Roſen-Stoͤcke
ſtarckriechende Zwiebeln und Knoblauch pflantzen/ davon die
Roſen einen ſtaͤrckern und annehmlichern Geruch bekommen.
Auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0158" n="140"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und <hi rendition="#aq">galante</hi> Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Mein Licht/ &#x017F;ie zu&#x0364;rne nicht wenn ihr die Schrifft zu wider</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;o mein frecher Gei&#x017F;t nach feinen Willen &#x017F;chreibt;</l><lb/>
            <l>Kein Manns-Bild bleibet hart bey ihren Pracht der Glieder/</l><lb/>
            <l>Das nicht der Augen-Blitz in Sclaven-Ketten treibt?</l><lb/>
            <l>Jhr Antlitz i&#x017F;t der Thron wo Zucht und Tugend &#x017F;trahlen/</l><lb/>
            <l>Die Scho&#x0364;nheit hat dabey ihr ihren Sitz gericht.</l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;cho&#x0364;n auch die Natur die Kir&#x017F;chen kan bemahlen/</l><lb/>
            <l>So gleicht ihr Purpur-Schein doch ihren Lippen nicht.</l><lb/>
            <l>Reimt ihre Trefflichkeit und ich zwar nicht zu&#x017F;ammen/</l><lb/>
            <l>Legt man den Demant auch zu keinem Kie&#x017F;el&#x017F;tein</l><lb/>
            <l>Noch ein geringes Spreu zu Zimmetrinde-Flammen</l><lb/>
            <l>So muß die Zwiebel doch bey &#x017F;cho&#x0364;nen Ro&#x017F;en &#x017F;eyn. <note xml:id="e21" next="#e22" place="end" n="(l)"/></l><lb/>
            <l>Auf einen wilden Baum pfrofft man offt &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Fru&#x0364;chte</l><lb/>
            <l>Man hu&#x0364;llet Perl und Gold in &#x017F;chlechte Wolle ein/</l><lb/>
            <l>Die Larve decket offt ein &#x017F;cho&#x0364;nes Ange&#x017F;ichte</l><lb/>
            <l>Und eine &#x017F;chwartze Wolck &#x017F;teht bey dem Sonnen&#x017F;chein.</l><lb/>
            <l>Soll nun mein frecher Gei&#x017F;t durch ihren Grimm verderben/</l><lb/>
            <l>Und rei&#x017F;t die zarte Hand den Hoffnungs-Ancker ab?</l><lb/>
            <l>Ach Nein! Erbarmniß la&#x0364;&#x017F;t mich nicht &#x017F;o Hu&#x0364;lff-loß &#x017F;terben/</l><lb/>
            <l>Und ihre Freundlichkeit die &#x017F;tu&#x0364;rtzet nicht ins Grab.</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;ehe/ daß ein Licht mir in der Nacht auffgehet/</l><lb/>
            <l>Ein <hi rendition="#aq">Pharos</hi> zeiget mir allwo ich landen &#x017F;oll/</l><lb/>
            <l>Der Himmel des Ge&#x017F;ichts in hellen Strahlen &#x017F;tehet/</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;cho&#x0364;nen Augen &#x017F;ind nicht Blitz und Donners voll.</l><lb/>
            <l>Es la&#x0364;&#x017F;t ihr Freundlich-&#x017F;eyn mich &#x017F;tets das be&#x017F;te hoffen/</l><lb/>
            <l>Und ihr Erquickungs-Strahl rei&#x017F;t Furcht und Schrecken ein/</l><lb/>
            <l>Jch &#x017F;ehe/ daß mein Gei&#x017F;t im Haven eingeloffen/</l><lb/>
            <l>Weil keine Klippen ihm da&#x017F;elb&#x017F;t im Wege &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Hier &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich mein Brief/ doch nicht die gro&#x017F;&#x017F;e Liebe/</l><lb/>
            <l>Die gegen &#x017F;ie/ mein Licht/ in meinem Hertzen brennt/</l><lb/>
            <l>Der Himmel gebe zu/ daß &#x017F;ie den Wech&#x017F;el u&#x0364;be/</l><lb/>
            <l>Und daß ihr keu&#x017F;ches Hertz nicht meine Brun&#x017F;t verkennt.</l>
          </lg><lb/>
          <note xml:id="e22" prev="#e21" place="end" n="(l)"><hi rendition="#aq">Plutarchus</hi> &#x017F;chreibet/ daß die Ga&#x0364;rtner neben die Ro&#x017F;en-Sto&#x0364;cke<lb/>
&#x017F;tarckriechende Zwiebeln und Knoblauch pflantzen/ davon die<lb/>
Ro&#x017F;en einen &#x017F;ta&#x0364;rckern und annehmlichern Geruch bekommen.</note>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Auf</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0158] Verliebte und galante Gedichte. Mein Licht/ ſie zuͤrne nicht wenn ihr die Schrifft zu wider Und ſo mein frecher Geiſt nach feinen Willen ſchreibt; Kein Manns-Bild bleibet hart bey ihren Pracht der Glieder/ Das nicht der Augen-Blitz in Sclaven-Ketten treibt? Jhr Antlitz iſt der Thron wo Zucht und Tugend ſtrahlen/ Die Schoͤnheit hat dabey ihr ihren Sitz gericht. Wie ſchoͤn auch die Natur die Kirſchen kan bemahlen/ So gleicht ihr Purpur-Schein doch ihren Lippen nicht. Reimt ihre Trefflichkeit und ich zwar nicht zuſammen/ Legt man den Demant auch zu keinem Kieſelſtein Noch ein geringes Spreu zu Zimmetrinde-Flammen So muß die Zwiebel doch bey ſchoͤnen Roſen ſeyn. ⁽l⁾ Auf einen wilden Baum pfrofft man offt ſuͤſſe Fruͤchte Man huͤllet Perl und Gold in ſchlechte Wolle ein/ Die Larve decket offt ein ſchoͤnes Angeſichte Und eine ſchwartze Wolck ſteht bey dem Sonnenſchein. Soll nun mein frecher Geiſt durch ihren Grimm verderben/ Und reiſt die zarte Hand den Hoffnungs-Ancker ab? Ach Nein! Erbarmniß laͤſt mich nicht ſo Huͤlff-loß ſterben/ Und ihre Freundlichkeit die ſtuͤrtzet nicht ins Grab. Jch ſehe/ daß ein Licht mir in der Nacht auffgehet/ Ein Pharos zeiget mir allwo ich landen ſoll/ Der Himmel des Geſichts in hellen Strahlen ſtehet/ Die ſchoͤnen Augen ſind nicht Blitz und Donners voll. Es laͤſt ihr Freundlich-ſeyn mich ſtets das beſte hoffen/ Und ihr Erquickungs-Strahl reiſt Furcht und Schrecken ein/ Jch ſehe/ daß mein Geiſt im Haven eingeloffen/ Weil keine Klippen ihm daſelbſt im Wege ſeyn. Hier ſchlieſſet ſich mein Brief/ doch nicht die groſſe Liebe/ Die gegen ſie/ mein Licht/ in meinem Hertzen brennt/ Der Himmel gebe zu/ daß ſie den Wechſel uͤbe/ Und daß ihr keuſches Hertz nicht meine Brunſt verkennt. ⁽l⁾ Plutarchus ſchreibet/ daß die Gaͤrtner neben die Roſen-Stoͤcke ſtarckriechende Zwiebeln und Knoblauch pflantzen/ davon die Roſen einen ſtaͤrckern und annehmlichern Geruch bekommen. Auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/158
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/158>, abgerufen am 21.11.2024.