Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Sinn-Gedichte.
Das Hertze lasset ihr in eurem Munde liegen/
Jch aber hüll den Mund hinunter in mein Hertz.
Man kan zuweilen wol ein Wort von Lieben nennen/
Doch man muß nicht zu weit in Venus Tempel gehn.
Den Eintritt mag man wol gern einem jeden gönnen
Allein ihr Heiligthum will keinen Spötter sehn.


Als sich Meurine über einen Kuß erzürnete.
Meurine zürnet nur/ ich will den Zorn ertragen/
Der Mund will sich dennoch zu euren Lippen wagen/
Denn wer da Rosen pflückt/ der achtet es nicht viel
Wenn ihm zuweilen schon ein Dörnlein stechen will.
Mit Dornen ist der Weg des Lebens überstreuet/
Wie/ meynt ihr/ daß mein Geist sich vor den Dornen scheuet?
Nein! denn der Ausgang macht daß man den Schmertz vergißt/
So bald die Dornen weg/ alsdenn man Rosen küßt.


An Fortille.
Wer deine Wunder-Macht/ Fortille, sehen will
Und deiner Schönheit Krafft recht eigentlich will wissen;
Derselbe stehe nur bey deinem Busen still
Alsdenn wird er mit mir mit guter Folge schliessen/
Sie setzet uns im Feur/ sie zündt die Geister an/
Daß man dieselbe wol den AEthna nennen kan.


An eine wohlgekleidete Alte.
Die Kleider sind recht schön man liebet ihre Pracht/
Allein dein alter Leib wird von uns nichts geacht.


Sat dotata venit, quae bene casta fuit.
Das Mädgen hat genug von Gold und andern Schätzen/
Das seine reine Zucht kan auf die Waage setzen.
Jn dessen keuscher Brust kein geiles Feuer brennt/
Das nicht Cupidens Pfeil und seine Waffen kennt/
Dem
Y 4
Sinn-Gedichte.
Das Hertze laſſet ihr in eurem Munde liegen/
Jch aber huͤll den Mund hinunter in mein Hertz.
Man kan zuweilen wol ein Wort von Lieben nennen/
Doch man muß nicht zu weit in Venus Tempel gehn.
Den Eintritt mag man wol gern einem jeden goͤnnen
Allein ihr Heiligthum will keinen Spoͤtter ſehn.


Als ſich Meurine uͤber einen Kuß erzuͤrnete.
Meurine zuͤrnet nur/ ich will den Zorn ertragen/
Der Mund will ſich dennoch zu euren Lippen wagen/
Denn wer da Roſen pfluͤckt/ der achtet es nicht viel
Wenn ihm zuweilen ſchon ein Doͤrnlein ſtechen will.
Mit Dornen iſt der Weg des Lebens uͤberſtreuet/
Wie/ meynt ihr/ daß mein Geiſt ſich vor den Dornen ſcheuet?
Nein! denn der Ausgang macht daß man den Schmertz vergißt/
So bald die Dornen weg/ alsdenn man Roſen kuͤßt.


An Fortille.
Wer deine Wunder-Macht/ Fortille, ſehen will
Und deiner Schoͤnheit Krafft recht eigentlich will wiſſen;
Derſelbe ſtehe nur bey deinem Buſen ſtill
Alsdenn wird er mit mir mit guter Folge ſchlieſſen/
Sie ſetzet uns im Feur/ ſie zuͤndt die Geiſter an/
Daß man dieſelbe wol den Æthna nennen kan.


An eine wohlgekleidete Alte.
Die Kleider ſind recht ſchoͤn man liebet ihre Pracht/
Allein dein alter Leib wird von uns nichts geacht.


Sat dotata venit, quæ bene caſta fuit.
Das Maͤdgen hat genug von Gold und andern Schaͤtzen/
Das ſeine reine Zucht kan auf die Waage ſetzen.
Jn deſſen keuſcher Bruſt kein geiles Feuer brennt/
Das nicht Cupidens Pfeil und ſeine Waffen kennt/
Dem
Y 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0361" n="343"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sinn-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l>Das Hertze la&#x017F;&#x017F;et ihr in eurem Munde liegen/</l><lb/>
            <l>Jch aber hu&#x0364;ll den Mund hinunter in mein Hertz.</l><lb/>
            <l>Man kan zuweilen wol ein Wort von Lieben nennen/</l><lb/>
            <l>Doch man muß nicht zu weit in <hi rendition="#aq">Venus</hi> Tempel gehn.</l><lb/>
            <l>Den Eintritt mag man wol gern einem jeden go&#x0364;nnen</l><lb/>
            <l>Allein ihr Heiligthum will keinen Spo&#x0364;tter &#x017F;ehn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Als &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Meurine</hi> u&#x0364;ber einen Kuß erzu&#x0364;rnete.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#aq"><hi rendition="#in">M</hi>eurine</hi> zu&#x0364;rnet nur/ ich will den Zorn ertragen/</l><lb/>
            <l>Der Mund will &#x017F;ich dennoch zu euren Lippen wagen/</l><lb/>
            <l>Denn wer da Ro&#x017F;en pflu&#x0364;ckt/ der achtet es nicht viel</l><lb/>
            <l>Wenn ihm zuweilen &#x017F;chon ein Do&#x0364;rnlein &#x017F;techen will.</l><lb/>
            <l>Mit Dornen i&#x017F;t der Weg des Lebens u&#x0364;ber&#x017F;treuet/</l><lb/>
            <l>Wie/ meynt ihr/ daß mein Gei&#x017F;t &#x017F;ich vor den Dornen &#x017F;cheuet?</l><lb/>
            <l>Nein! denn der Ausgang macht daß man den Schmertz vergißt/</l><lb/>
            <l>So bald die Dornen weg/ alsdenn man Ro&#x017F;en ku&#x0364;ßt.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An <hi rendition="#aq">Fortille.</hi></hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>er deine Wunder-Macht/ <hi rendition="#aq">Fortille,</hi> &#x017F;ehen will</l><lb/>
            <l>Und deiner Scho&#x0364;nheit Krafft recht eigentlich will wi&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
            <l>Der&#x017F;elbe &#x017F;tehe nur bey deinem Bu&#x017F;en &#x017F;till</l><lb/>
            <l>Alsdenn wird er mit mir mit guter Folge &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en/</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;etzet uns im Feur/ &#x017F;ie zu&#x0364;ndt die Gei&#x017F;ter an/</l><lb/>
            <l>Daß man die&#x017F;elbe wol den <hi rendition="#aq">Æthna</hi> nennen kan.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An eine wohlgekleidete Alte.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Kleider &#x017F;ind recht &#x017F;cho&#x0364;n man liebet ihre Pracht/</l><lb/>
            <l>Allein dein alter Leib wird von uns nichts geacht.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">Sat dotata venit, quæ bene ca&#x017F;ta fuit.</hi> </hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>as Ma&#x0364;dgen hat genug von Gold und andern Scha&#x0364;tzen/</l><lb/>
            <l>Das &#x017F;eine reine Zucht kan auf die Waage &#x017F;etzen.</l><lb/>
            <l>Jn de&#x017F;&#x017F;en keu&#x017F;cher Bru&#x017F;t kein geiles Feuer brennt/</l><lb/>
            <l>Das nicht <hi rendition="#aq">Cupidens</hi> Pfeil und &#x017F;eine Waffen kennt/</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Y 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Dem</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[343/0361] Sinn-Gedichte. Das Hertze laſſet ihr in eurem Munde liegen/ Jch aber huͤll den Mund hinunter in mein Hertz. Man kan zuweilen wol ein Wort von Lieben nennen/ Doch man muß nicht zu weit in Venus Tempel gehn. Den Eintritt mag man wol gern einem jeden goͤnnen Allein ihr Heiligthum will keinen Spoͤtter ſehn. Als ſich Meurine uͤber einen Kuß erzuͤrnete. Meurine zuͤrnet nur/ ich will den Zorn ertragen/ Der Mund will ſich dennoch zu euren Lippen wagen/ Denn wer da Roſen pfluͤckt/ der achtet es nicht viel Wenn ihm zuweilen ſchon ein Doͤrnlein ſtechen will. Mit Dornen iſt der Weg des Lebens uͤberſtreuet/ Wie/ meynt ihr/ daß mein Geiſt ſich vor den Dornen ſcheuet? Nein! denn der Ausgang macht daß man den Schmertz vergißt/ So bald die Dornen weg/ alsdenn man Roſen kuͤßt. An Fortille. Wer deine Wunder-Macht/ Fortille, ſehen will Und deiner Schoͤnheit Krafft recht eigentlich will wiſſen; Derſelbe ſtehe nur bey deinem Buſen ſtill Alsdenn wird er mit mir mit guter Folge ſchlieſſen/ Sie ſetzet uns im Feur/ ſie zuͤndt die Geiſter an/ Daß man dieſelbe wol den Æthna nennen kan. An eine wohlgekleidete Alte. Die Kleider ſind recht ſchoͤn man liebet ihre Pracht/ Allein dein alter Leib wird von uns nichts geacht. Sat dotata venit, quæ bene caſta fuit. Das Maͤdgen hat genug von Gold und andern Schaͤtzen/ Das ſeine reine Zucht kan auf die Waage ſetzen. Jn deſſen keuſcher Bruſt kein geiles Feuer brennt/ Das nicht Cupidens Pfeil und ſeine Waffen kennt/ Dem Y 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/361
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/361>, abgerufen am 22.11.2024.