Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.
Und du verwegnes Kind! du ungerathner Sohn? Bemühest dich gar nicht durch deine scharffe Waffen/ Durch deine kluge List der Mutter Trost zu schaffen: Es gilt dir eben eins/ ob man der Mutter Hohn Vor die Verehrung zinßt/ wenn du nur dein Vergnügen/ Du kleiner Bösewicht! kanst bey der Psychen kriegen. Bist du des Mavors Sohn? bist du das Wunder-Kind? Bist du der Liebes-Gott von mir und jenem Helden Jn heisser Brunst erzeugt? ja! deine Thaten melden Es gar zu scheinbahr an/ daß wir die Eltern find: Allein! ich dachte was mich etwa möchte beissen/ Du bist ein Wechsel-Balg/ und nicht mein Kind/ zu heissen. Dein Bogen taugt nicht mehr/ die Pfeile treffen nicht/ Der Köcher ist hinweg/ die Sehne ist zerrissen/ Mit deinen Flügeln stopfft die Psyche Pfül und Küssen; Erwege selbst dein Thun/ du kleiner|Bösewicht! Und schäme dich ins Hertz ob deinen schlimmen Thaten/ Durch welche ich und du in diesem Schimpff gerahten. Vor Wehmuth kan mein Mund/ so saget auch das Hertz/ Daß er nicht ferner soll von dieser Sachen sprechen/ Er dürffte sonst gar leicht in tausend Stücken brechen: Ach! wo gerath ich hin? hier brach der herbe Schmertz Die lange Rede ab/ und die bethränten Augen/ Die solten/ als sie schwieg/ ihn zu bewegen taugen. Nun hätte er kein Gott/ und nur ein Ungeheur Seyn müssen/ wenn ihm nicht der Mutter hefftigs Bitten/ Jhr Weinen/ ihre Angst sein hartes Hertz durchschnitten; Die schönen Thränen hielt der kleine allzutheur/ Sie brachen ihm durch Hertz/ und diese Fluth zu stillen/ Versprach er alsofort ihr Wünschen zu erfüllen. Es kränckt mich/ hub er an/ daß das/ so ich zur Lust Und Freude ausgedacht/ so übel ausgeschlagen/ Die blosse Ungedult beweget euch zu klagen/ Und dieser Jrrwisch macht euch falschen Schein bewust; Denn/
Und du verwegnes Kind! du ungerathner Sohn? Bemuͤheſt dich gar nicht durch deine ſcharffe Waffen/ Durch deine kluge Liſt der Mutter Troſt zu ſchaffen: Es gilt dir eben eins/ ob man der Mutter Hohn Vor die Verehrung zinßt/ wenn du nur dein Vergnuͤgen/ Du kleiner Boͤſewicht! kanſt bey der Pſychen kriegen. Biſt du des Mavors Sohn? biſt du das Wunder-Kind? Biſt du der Liebes-Gott von mir und jenem Helden Jn heiſſer Brunſt erzeugt? ja! deine Thaten melden Es gar zu ſcheinbahr an/ daß wir die Eltern find: Allein! ich dachte was mich etwa moͤchte beiſſen/ Du biſt ein Wechſel-Balg/ und nicht mein Kind/ zu heiſſen. Dein Bogen taugt nicht mehr/ die Pfeile treffen nicht/ Der Koͤcher iſt hinweg/ die Sehne iſt zerriſſen/ Mit deinen Fluͤgeln ſtopfft die Pſyche Pfuͤl und Kuͤſſen; Erwege ſelbſt dein Thun/ du kleiner|Boͤſewicht! Und ſchaͤme dich ins Hertz ob deinen ſchlimmen Thaten/ Durch welche ich und du in dieſem Schimpff gerahten. Vor Wehmuth kan mein Mund/ ſo ſaget auch das Hertz/ Daß er nicht ferner ſoll von dieſer Sachen ſprechen/ Er duͤrffte ſonſt gar leicht in tauſend Stuͤcken brechen: Ach! wo gerath ich hin? hier brach der herbe Schmertz Die lange Rede ab/ und die bethraͤnten Augen/ Die ſolten/ als ſie ſchwieg/ ihn zu bewegen taugen. Nun haͤtte er kein Gott/ und nur ein Ungeheur Seyn muͤſſen/ wenn ihm nicht der Mutter hefftigs Bitten/ Jhr Weinen/ ihre Angſt ſein hartes Hertz durchſchnitten; Die ſchoͤnen Thraͤnen hielt der kleine allzutheur/ Sie brachen ihm durch Hertz/ und dieſe Fluth zu ſtillen/ Verſprach er alſofort ihr Wuͤnſchen zu erfuͤllen. Es kraͤnckt mich/ hub er an/ daß das/ ſo ich zur Luſt Und Freude ausgedacht/ ſo uͤbel ausgeſchlagen/ Die bloſſe Ungedult beweget euch zu klagen/ Und dieſer Jrrwiſch macht euch falſchen Schein bewuſt; Denn/
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Vermiſchte Gedichte.
Allein! wo finde ich ein ſolch getreu Verehren?
Man iſt vielmehr bemuͤht mein Altar zu zerſtoͤhren.
Und du verwegnes Kind! du ungerathner Sohn?
Bemuͤheſt dich gar nicht durch deine ſcharffe Waffen/
Durch deine kluge Liſt der Mutter Troſt zu ſchaffen:
Es gilt dir eben eins/ ob man der Mutter Hohn
Vor die Verehrung zinßt/ wenn du nur dein Vergnuͤgen/
Du kleiner Boͤſewicht! kanſt bey der Pſychen kriegen.
Biſt du des Mavors Sohn? biſt du das Wunder-Kind?
Biſt du der Liebes-Gott von mir und jenem Helden
Jn heiſſer Brunſt erzeugt? ja! deine Thaten melden
Es gar zu ſcheinbahr an/ daß wir die Eltern find:
Allein! ich dachte was mich etwa moͤchte beiſſen/
Du biſt ein Wechſel-Balg/ und nicht mein Kind/ zu heiſſen.
Dein Bogen taugt nicht mehr/ die Pfeile treffen nicht/
Der Koͤcher iſt hinweg/ die Sehne iſt zerriſſen/
Mit deinen Fluͤgeln ſtopfft die Pſyche Pfuͤl und Kuͤſſen;
Erwege ſelbſt dein Thun/ du kleiner|Boͤſewicht!
Und ſchaͤme dich ins Hertz ob deinen ſchlimmen Thaten/
Durch welche ich und du in dieſem Schimpff gerahten.
Vor Wehmuth kan mein Mund/ ſo ſaget auch das Hertz/
Daß er nicht ferner ſoll von dieſer Sachen ſprechen/
Er duͤrffte ſonſt gar leicht in tauſend Stuͤcken brechen:
Ach! wo gerath ich hin? hier brach der herbe Schmertz
Die lange Rede ab/ und die bethraͤnten Augen/
Die ſolten/ als ſie ſchwieg/ ihn zu bewegen taugen.
Nun haͤtte er kein Gott/ und nur ein Ungeheur
Seyn muͤſſen/ wenn ihm nicht der Mutter hefftigs Bitten/
Jhr Weinen/ ihre Angſt ſein hartes Hertz durchſchnitten;
Die ſchoͤnen Thraͤnen hielt der kleine allzutheur/
Sie brachen ihm durch Hertz/ und dieſe Fluth zu ſtillen/
Verſprach er alſofort ihr Wuͤnſchen zu erfuͤllen.
Es kraͤnckt mich/ hub er an/ daß das/ ſo ich zur Luſt
Und Freude ausgedacht/ ſo uͤbel ausgeſchlagen/
Die bloſſe Ungedult beweget euch zu klagen/
Und dieſer Jrrwiſch macht euch falſchen Schein bewuſt;
Denn/
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