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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Vermischte Gedichte.
Sie trug den Sieg davon/ denn mitten in dem Sterben
Besiegte sie die Lust mit samt der Grausamkeit/
Jhr tugendhaffter Sinn hielt das vor kein Verderben
Des Lebens Ende sehn/ wenn nur das Ehren-Kleid/
Der Seelen keuscher Schmuck möcht ohne Flecken bleiben/
Woraus der Laster Koth durch keine Kunst zu reiben.
So trotzte sie der Noth/ und gab die jungen Jahre/
Den wohlgemachten Leib/ an Zier den Engeln gleich/
Um tugendhafft zu seyn mit Freuden auf die Bahre/
Und schwung sich durch die That in das gestirnte Reich/
Wo Sie den Ehren-Krantz vor ihren Sieg bekommen/
Als sie der Engel-Schaar frohlockend angenommen.
Weg nun Lucretia, du Wunder deiner Zeiten/
Louisens Helden-Muth beschämet deine That:

So lange Tag und Nacht durch Wechsel sich bestreiten/
So lange Sonn' und Mond Glantz und Bewegung hat/
So lange wird die That der treflichen Louisen
Als wie ein Wunderwerck von aller Welt gepriesen.
Du nahmst den Nothzwang an dein Leben zu erhalten/
Und als die That geschehn/ da brachtest du dich um/
Sie wolte vor den Zwang/ doch nicht wie du erkalten/
Sie starb durch fremde Hand/ und also muß der Ruhm
Jhr bleiben/ weil sie nicht des Selbst-Mords Tyger-Klauen
Wie du an dir gethan/ in ihre Brust gehauen.
Rom rühmet ihre That/ und hebt die reine Seele/
Mehr als die Rom gethan/ biß an das Stern-Gerüst;
Rühmt man am Hermelin, daß es den Tod erwehle?
Eh' sichs mit Koth befleckt/ der ihm zuwider ist/
So hat Louisens Tod die Tugendhafft gestorben/
Den Ruhm der gantzen Welt mit allem Recht erworben.

ENDE der vermischten Gedichte.

V.
Vermiſchte Gedichte.
Sie trug den Sieg davon/ denn mitten in dem Sterben
Beſiegte ſie die Luſt mit ſamt der Grauſamkeit/
Jhr tugendhaffter Sinn hielt das vor kein Verderben
Des Lebens Ende ſehn/ wenn nur das Ehren-Kleid/
Der Seelen keuſcher Schmuck moͤcht ohne Flecken bleiben/
Woraus der Laſter Koth durch keine Kunſt zu reiben.
So trotzte ſie der Noth/ und gab die jungen Jahre/
Den wohlgemachten Leib/ an Zier den Engeln gleich/
Um tugendhafft zu ſeyn mit Freuden auf die Bahre/
Und ſchwung ſich durch die That in das geſtirnte Reich/
Wo Sie den Ehren-Krantz vor ihren Sieg bekommen/
Als ſie der Engel-Schaar frohlockend angenommen.
Weg nun Lucretia, du Wunder deiner Zeiten/
Louiſens Helden-Muth beſchaͤmet deine That:

So lange Tag und Nacht durch Wechſel ſich beſtreiten/
So lange Sonn’ und Mond Glantz und Bewegung hat/
So lange wird die That der treflichen Louiſen
Als wie ein Wunderwerck von aller Welt geprieſen.
Du nahmſt den Nothzwang an dein Leben zu erhalten/
Und als die That geſchehn/ da brachteſt du dich um/
Sie wolte vor den Zwang/ doch nicht wie du erkalten/
Sie ſtarb durch fremde Hand/ und alſo muß der Ruhm
Jhr bleiben/ weil ſie nicht des Selbſt-Mords Tyger-Klauen
Wie du an dir gethan/ in ihre Bruſt gehauen.
Rom ruͤhmet ihre That/ und hebt die reine Seele/
Mehr als die Rom gethan/ biß an das Stern-Geruͤſt;
Ruͤhmt man am Hermelin, daß es den Tod erwehle?
Eh’ ſichs mit Koth befleckt/ der ihm zuwider iſt/
So hat Louiſens Tod die Tugendhafft geſtorben/
Den Ruhm der gantzen Welt mit allem Recht erworben.

ENDE der vermiſchten Gedichte.

V.
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[466/0484] Vermiſchte Gedichte. Sie trug den Sieg davon/ denn mitten in dem Sterben Beſiegte ſie die Luſt mit ſamt der Grauſamkeit/ Jhr tugendhaffter Sinn hielt das vor kein Verderben Des Lebens Ende ſehn/ wenn nur das Ehren-Kleid/ Der Seelen keuſcher Schmuck moͤcht ohne Flecken bleiben/ Woraus der Laſter Koth durch keine Kunſt zu reiben. So trotzte ſie der Noth/ und gab die jungen Jahre/ Den wohlgemachten Leib/ an Zier den Engeln gleich/ Um tugendhafft zu ſeyn mit Freuden auf die Bahre/ Und ſchwung ſich durch die That in das geſtirnte Reich/ Wo Sie den Ehren-Krantz vor ihren Sieg bekommen/ Als ſie der Engel-Schaar frohlockend angenommen. Weg nun Lucretia, du Wunder deiner Zeiten/ Louiſens Helden-Muth beſchaͤmet deine That: So lange Tag und Nacht durch Wechſel ſich beſtreiten/ So lange Sonn’ und Mond Glantz und Bewegung hat/ So lange wird die That der treflichen Louiſen Als wie ein Wunderwerck von aller Welt geprieſen. Du nahmſt den Nothzwang an dein Leben zu erhalten/ Und als die That geſchehn/ da brachteſt du dich um/ Sie wolte vor den Zwang/ doch nicht wie du erkalten/ Sie ſtarb durch fremde Hand/ und alſo muß der Ruhm Jhr bleiben/ weil ſie nicht des Selbſt-Mords Tyger-Klauen Wie du an dir gethan/ in ihre Bruſt gehauen. Rom ruͤhmet ihre That/ und hebt die reine Seele/ Mehr als die Rom gethan/ biß an das Stern-Geruͤſt; Ruͤhmt man am Hermelin, daß es den Tod erwehle? Eh’ ſichs mit Koth befleckt/ der ihm zuwider iſt/ So hat Louiſens Tod die Tugendhafft geſtorben/ Den Ruhm der gantzen Welt mit allem Recht erworben. ENDE der vermiſchten Gedichte. V.

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/484>, abgerufen am 21.11.2024.