Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

Bild:
<< vorherige Seite
Verliebte und galante Gedichte.
Eratens leichte Hand spielt kein so nett Clavier
Als diese Nymphe schlug/ die in der schönsten Zier
Sich vor denselben wies mit schwartz geputzten Haaren/
Die auf der weissen Haut sich mit Zinnober paaren/
Das auf dem Liljen-Feld der Wangen sich gesetzt.
Der Brüste Schnee Gebürg mit Muscus angenetzt
Wie weisser Marmor schien/ darinn Turckosen gläntzen/
Hier kan der schwache Kiehl das Wunder nicht ergäntzen;
Da meine rüde Faust schon allzuweit gepflügt;
Gnug/ daß ihr hoher Strahl ein steinern Hertz besiegt/
Gnug/ daß der Säyten-Schall den frohen Geist entzücket/
Gnug/ daß die holde Stimm der Freyheit Gold entrücket/
Und an unzähligen die Sclaven-Fesseln legt/
Die statt der Unlust-Last nur süsse Lust erregt/
Weil man vor Sclaven Kost die pure Wollust isset/
Wenn sich ihr holder Blick mit unsern Augen küsset.


An Dulcinden.
Dieweil mein Auge nicht die Strahlen an-kan schauen/
Die deiner Augen-Sonn mit starcken Flammen scheußt/
So muß ich meine Quaal der Feder anvertrauen/
Daß sie in weiß und schwartz die schuldge Ehr-furcht weißt.
Was aber soll Papier der Gluht sich widersetzen?
Vor der gewölbt Crystall nicht einst bestehen kan/
Wird nicht dein strenger Blitz es mit Gewalt verletzen
Eh deine schöne Hand das Siegel auffgethan?
Wann aber schönstes Kind das blitzen sich geleget/
So glaub/ daß Ehr und Furcht die keusche Brunst erhält/
Daß keine Geilheit wird in meiner Brust geheget/
Und daß kein Fall-Brett ist dem Hermelin gestellt/
Das eh den Tod begehrt/ eh es sein Fell betrübet
Jn den verschantzten Koth' so rein nun dessen Haut/
So keusch ist mein Gemüht/ dem Redlichkeit beliebet/
Nicht grosse Schmeichelung von Zucker auffgebaut/
Worunter Kröten-Gifft der falschen Geilheit stecket/
So bittre Wermuth zeugt/ und Bastlisken nehrt/
Mit
Verliebte und galante Gedichte.
Eratens leichte Hand ſpielt kein ſo nett Clavier
Als dieſe Nymphe ſchlug/ die in der ſchoͤnſten Zier
Sich vor denſelben wies mit ſchwartz geputzten Haaren/
Die auf der weiſſen Haut ſich mit Zinnober paaren/
Das auf dem Liljen-Feld der Wangen ſich geſetzt.
Der Bruͤſte Schnee Gebuͤrg mit Muſcus angenetzt
Wie weiſſer Marmor ſchien/ darinn Turckoſen glaͤntzen/
Hier kan der ſchwache Kiehl das Wunder nicht ergaͤntzen;
Da meine ruͤde Fauſt ſchon allzuweit gepfluͤgt;
Gnug/ daß ihr hoher Strahl ein ſteinern Hertz beſiegt/
Gnug/ daß der Saͤyten-Schall den frohen Geiſt entzuͤcket/
Gnug/ daß die holde Stimm der Freyheit Gold entruͤcket/
Und an unzaͤhligen die Sclaven-Feſſeln legt/
Die ſtatt der Unluſt-Laſt nur ſuͤſſe Luſt erregt/
Weil man vor Sclaven Koſt die pure Wolluſt iſſet/
Wenn ſich ihr holder Blick mit unſern Augen kuͤſſet.


An Dulcinden.
Dieweil mein Auge nicht die Strahlen an-kan ſchauen/
Die deiner Augen-Sonn mit ſtarcken Flammen ſcheußt/
So muß ich meine Quaal der Feder anvertrauen/
Daß ſie in weiß und ſchwartz die ſchuldge Ehr-furcht weißt.
Was aber ſoll Papier der Gluht ſich widerſetzen?
Vor der gewoͤlbt Cryſtall nicht einſt beſtehen kan/
Wird nicht dein ſtrenger Blitz es mit Gewalt verletzen
Eh deine ſchoͤne Hand das Siegel auffgethan?
Wann aber ſchoͤnſtes Kind das blitzen ſich geleget/
So glaub/ daß Ehr und Furcht die keuſche Brunſt erhaͤlt/
Daß keine Geilheit wird in meiner Bruſt geheget/
Und daß kein Fall-Brett iſt dem Hermelin geſtellt/
Das eh den Tod begehrt/ eh es ſein Fell betruͤbet
Jn den verſchantzten Koth’ ſo rein nun deſſen Haut/
So keuſch iſt mein Gemuͤht/ dem Redlichkeit beliebet/
Nicht groſſe Schmeichelung von Zucker auffgebaut/
Worunter Kroͤten-Gifft der falſchen Geilheit ſtecket/
So bittre Wermuth zeugt/ und Baſtlisken nehrt/
Mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0062" n="44"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und <hi rendition="#aq">galante</hi> Gedichte.</hi> </fw><lb/>
            <l><hi rendition="#aq">Eratens</hi> leichte Hand &#x017F;pielt kein &#x017F;o nett <hi rendition="#aq">Clavier</hi></l><lb/>
            <l>Als die&#x017F;e <hi rendition="#aq">Nymphe</hi> &#x017F;chlug/ die in der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Zier</l><lb/>
            <l>Sich vor den&#x017F;elben wies mit &#x017F;chwartz geputzten Haaren/</l><lb/>
            <l>Die auf der wei&#x017F;&#x017F;en Haut &#x017F;ich mit Zinnober paaren/</l><lb/>
            <l>Das auf dem Liljen-Feld der Wangen &#x017F;ich ge&#x017F;etzt.</l><lb/>
            <l>Der Bru&#x0364;&#x017F;te Schnee Gebu&#x0364;rg mit <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;cus</hi> angenetzt</l><lb/>
            <l>Wie wei&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Marmor</hi> &#x017F;chien/ darinn Turcko&#x017F;en gla&#x0364;ntzen/</l><lb/>
            <l>Hier kan der &#x017F;chwache Kiehl das Wunder nicht erga&#x0364;ntzen;</l><lb/>
            <l>Da meine ru&#x0364;de Fau&#x017F;t &#x017F;chon allzuweit gepflu&#x0364;gt;</l><lb/>
            <l>Gnug/ daß ihr hoher Strahl ein &#x017F;teinern Hertz be&#x017F;iegt/</l><lb/>
            <l>Gnug/ daß der Sa&#x0364;yten-Schall den frohen Gei&#x017F;t entzu&#x0364;cket/</l><lb/>
            <l>Gnug/ daß die holde Stimm der Freyheit Gold entru&#x0364;cket/</l><lb/>
            <l>Und an unza&#x0364;hligen die Sclaven-Fe&#x017F;&#x017F;eln legt/</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;tatt der Unlu&#x017F;t-La&#x017F;t nur &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Lu&#x017F;t erregt/</l><lb/>
            <l>Weil man vor Sclaven Ko&#x017F;t die pure Wollu&#x017F;t i&#x017F;&#x017F;et/</l><lb/>
            <l>Wenn &#x017F;ich ihr holder Blick mit un&#x017F;ern Augen ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;et.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">An <hi rendition="#aq">Dulcinden.</hi></hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ieweil mein Auge nicht die Strahlen an-kan &#x017F;chauen/</l><lb/>
            <l>Die deiner Augen-Sonn mit &#x017F;tarcken Flammen &#x017F;cheußt/</l><lb/>
            <l>So muß ich meine Quaal der Feder anvertrauen/</l><lb/>
            <l>Daß &#x017F;ie in weiß und &#x017F;chwartz die &#x017F;chuldge Ehr-furcht weißt.</l><lb/>
            <l>Was aber &#x017F;oll Papier der Gluht &#x017F;ich wider&#x017F;etzen?</l><lb/>
            <l>Vor der gewo&#x0364;lbt Cry&#x017F;tall nicht ein&#x017F;t be&#x017F;tehen kan/</l><lb/>
            <l>Wird nicht dein &#x017F;trenger Blitz es mit Gewalt verletzen</l><lb/>
            <l>Eh deine &#x017F;cho&#x0364;ne Hand das Siegel auffgethan?</l><lb/>
            <l>Wann aber &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;tes Kind das blitzen &#x017F;ich geleget/</l><lb/>
            <l>So glaub/ daß Ehr und Furcht die keu&#x017F;che Brun&#x017F;t erha&#x0364;lt/</l><lb/>
            <l>Daß keine Geilheit wird in meiner Bru&#x017F;t geheget/</l><lb/>
            <l>Und daß kein Fall-Brett i&#x017F;t dem <hi rendition="#aq">Hermelin</hi> ge&#x017F;tellt/</l><lb/>
            <l>Das eh den Tod begehrt/ eh es &#x017F;ein Fell betru&#x0364;bet</l><lb/>
            <l>Jn den ver&#x017F;chantzten Koth&#x2019; &#x017F;o rein nun de&#x017F;&#x017F;en Haut/</l><lb/>
            <l>So keu&#x017F;ch i&#x017F;t mein Gemu&#x0364;ht/ dem Redlichkeit beliebet/</l><lb/>
            <l>Nicht gro&#x017F;&#x017F;e Schmeichelung von Zucker auffgebaut/</l><lb/>
            <l>Worunter Kro&#x0364;ten-Gifft der fal&#x017F;chen Geilheit &#x017F;tecket/</l><lb/>
            <l>So bittre Wermuth zeugt/ und Ba&#x017F;tlisken nehrt/</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Mit</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0062] Verliebte und galante Gedichte. Eratens leichte Hand ſpielt kein ſo nett Clavier Als dieſe Nymphe ſchlug/ die in der ſchoͤnſten Zier Sich vor denſelben wies mit ſchwartz geputzten Haaren/ Die auf der weiſſen Haut ſich mit Zinnober paaren/ Das auf dem Liljen-Feld der Wangen ſich geſetzt. Der Bruͤſte Schnee Gebuͤrg mit Muſcus angenetzt Wie weiſſer Marmor ſchien/ darinn Turckoſen glaͤntzen/ Hier kan der ſchwache Kiehl das Wunder nicht ergaͤntzen; Da meine ruͤde Fauſt ſchon allzuweit gepfluͤgt; Gnug/ daß ihr hoher Strahl ein ſteinern Hertz beſiegt/ Gnug/ daß der Saͤyten-Schall den frohen Geiſt entzuͤcket/ Gnug/ daß die holde Stimm der Freyheit Gold entruͤcket/ Und an unzaͤhligen die Sclaven-Feſſeln legt/ Die ſtatt der Unluſt-Laſt nur ſuͤſſe Luſt erregt/ Weil man vor Sclaven Koſt die pure Wolluſt iſſet/ Wenn ſich ihr holder Blick mit unſern Augen kuͤſſet. An Dulcinden. Dieweil mein Auge nicht die Strahlen an-kan ſchauen/ Die deiner Augen-Sonn mit ſtarcken Flammen ſcheußt/ So muß ich meine Quaal der Feder anvertrauen/ Daß ſie in weiß und ſchwartz die ſchuldge Ehr-furcht weißt. Was aber ſoll Papier der Gluht ſich widerſetzen? Vor der gewoͤlbt Cryſtall nicht einſt beſtehen kan/ Wird nicht dein ſtrenger Blitz es mit Gewalt verletzen Eh deine ſchoͤne Hand das Siegel auffgethan? Wann aber ſchoͤnſtes Kind das blitzen ſich geleget/ So glaub/ daß Ehr und Furcht die keuſche Brunſt erhaͤlt/ Daß keine Geilheit wird in meiner Bruſt geheget/ Und daß kein Fall-Brett iſt dem Hermelin geſtellt/ Das eh den Tod begehrt/ eh es ſein Fell betruͤbet Jn den verſchantzten Koth’ ſo rein nun deſſen Haut/ So keuſch iſt mein Gemuͤht/ dem Redlichkeit beliebet/ Nicht groſſe Schmeichelung von Zucker auffgebaut/ Worunter Kroͤten-Gifft der falſchen Geilheit ſtecket/ So bittre Wermuth zeugt/ und Baſtlisken nehrt/ Mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/62
Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/62>, abgerufen am 24.11.2024.