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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Verliebte und galante Gedichte.
Er kunte unbewehrt die herbe Schmach nicht rächen/
Damit das nackte Weib ihm stets beschwerlich war/
Das Hertze wolte ihm vor Zorn im Leibe brechen/
Doch war sein Zorn umsonst/ weil Sehn' und Pfeil nicht dar.
Zu diesem Schmertz ward er noch hefftiger vexiret/
Denn Chloris sprach zu ihm: Das heist gecourtisiret/
Ein ander mahl sieh dich/ Cupido, besser für/
So treibt ein schwaches Weib nicht ihren Spott mit dir.


Liebes-Brief an eine Nachbarinn.
Galante Nachbarin erbrich ein kleines Schreiben/
Das ein entflammter Geist aufs weisse Blat gestellt;
Mein Feuer müste zwar noch wol verborgen bleiben/
Allein! wer widersteht wenn Dach und Giebel fällt.
Wenn der gesammte Bau in lichten Flammen stehet/
So fliehet jedermann/ und sucht bey andern Raht/
Eh' als das gantze Haus im Rauch und Dampff vergehet/
Und die erboßte Flamm zu weit gefressen hat.
Mein Hertz brennt lichterloh/ die heissen Funcken stieben
Mir aus den Augen raus: die helle Liebes-Gluht
Jst schon neun Monden lang bey mir verborgen blieben/
Wodurch mir ist verseigt mein Nahrungs-Oehl/ das Blut.
Jst nun von deiner Hand nicht Hülffe zu erlangen?
So muß mein Hertzens-Bau in Flammen untergehn;
Doch stoltze Hoffnung lässt mich schon mit Beystand prangen/
Weil meinen Untergang dein Auge nicht kan sehn.
Denn brennt des Nächsten Wand/ so ist Gefahr verhanden
Vor jenen/ der zunächst an solchen Flammen wohnt;
Es pflegt der harte Sinn/ am Wehmuhts-Fels zu stranden/
Weil die erzürnte Gluht auch seinen Bau nicht schont.
Ein jeder träget bey was zur Errettung dienet/
Setzt Feindschaft an die Seit'/ und steurt den wilden Brand/
Weil durch gethane Hülff die Wohlfahrts-Pflantze grünet/
Und angewandter Fleiß beschützet seine Wand.
Allem! hier seh' ich gern/ daß auch mit heissen Flammen
Dein annoch kaltes Hertz in Liebe werd' entbrennt;
Daß
Verliebte und galante Gedichte.
Er kunte unbewehrt die herbe Schmach nicht raͤchen/
Damit das nackte Weib ihm ſtets beſchwerlich war/
Das Hertze wolte ihm vor Zorn im Leibe brechen/
Doch war ſein Zorn umſonſt/ weil Sehn’ und Pfeil nicht dar.
Zu dieſem Schmertz ward er noch hefftiger vexiret/
Denn Chloris ſprach zu ihm: Das heiſt gecourtiſiret/
Ein ander mahl ſieh dich/ Cupido, beſſer fuͤr/
So treibt ein ſchwaches Weib nicht ihren Spott mit dir.


Liebes-Brief an eine Nachbarinn.
Galante Nachbarin erbrich ein kleines Schreiben/
Das ein entflammter Geiſt aufs weiſſe Blat geſtellt;
Mein Feuer muͤſte zwar noch wol verborgen bleiben/
Allein! wer widerſteht wenn Dach und Giebel faͤllt.
Wenn der geſammte Bau in lichten Flammen ſtehet/
So fliehet jedermann/ und ſucht bey andern Raht/
Eh’ als das gantze Haus im Rauch und Dampff vergehet/
Und die erboßte Flamm zu weit gefreſſen hat.
Mein Hertz brennt lichterloh/ die heiſſen Funcken ſtieben
Mir aus den Augen raus: die helle Liebes-Gluht
Jſt ſchon neun Monden lang bey mir verborgen blieben/
Wodurch mir iſt verſeigt mein Nahrungs-Oehl/ das Blut.
Jſt nun von deiner Hand nicht Huͤlffe zu erlangen?
So muß mein Hertzens-Bau in Flammen untergehn;
Doch ſtoltze Hoffnung laͤſſt mich ſchon mit Beyſtand prangen/
Weil meinen Untergang dein Auge nicht kan ſehn.
Denn brennt des Naͤchſten Wand/ ſo iſt Gefahr verhanden
Vor jenen/ der zunaͤchſt an ſolchen Flammen wohnt;
Es pflegt der harte Sinn/ am Wehmuhts-Fels zu ſtranden/
Weil die erzuͤrnte Gluht auch ſeinen Bau nicht ſchont.
Ein jeder traͤget bey was zur Errettung dienet/
Setzt Feindſchaft an die Seit’/ und ſteurt den wilden Brand/
Weil durch gethane Huͤlff die Wohlfahrts-Pflantze gruͤnet/
Und angewandter Fleiß beſchuͤtzet ſeine Wand.
Allem! hier ſeh’ ich gern/ daß auch mit heiſſen Flammen
Dein annoch kaltes Hertz in Liebe werd’ entbrennt;
Daß
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[46/0064] Verliebte und galante Gedichte. Er kunte unbewehrt die herbe Schmach nicht raͤchen/ Damit das nackte Weib ihm ſtets beſchwerlich war/ Das Hertze wolte ihm vor Zorn im Leibe brechen/ Doch war ſein Zorn umſonſt/ weil Sehn’ und Pfeil nicht dar. Zu dieſem Schmertz ward er noch hefftiger vexiret/ Denn Chloris ſprach zu ihm: Das heiſt gecourtiſiret/ Ein ander mahl ſieh dich/ Cupido, beſſer fuͤr/ So treibt ein ſchwaches Weib nicht ihren Spott mit dir. Liebes-Brief an eine Nachbarinn. Galante Nachbarin erbrich ein kleines Schreiben/ Das ein entflammter Geiſt aufs weiſſe Blat geſtellt; Mein Feuer muͤſte zwar noch wol verborgen bleiben/ Allein! wer widerſteht wenn Dach und Giebel faͤllt. Wenn der geſammte Bau in lichten Flammen ſtehet/ So fliehet jedermann/ und ſucht bey andern Raht/ Eh’ als das gantze Haus im Rauch und Dampff vergehet/ Und die erboßte Flamm zu weit gefreſſen hat. Mein Hertz brennt lichterloh/ die heiſſen Funcken ſtieben Mir aus den Augen raus: die helle Liebes-Gluht Jſt ſchon neun Monden lang bey mir verborgen blieben/ Wodurch mir iſt verſeigt mein Nahrungs-Oehl/ das Blut. Jſt nun von deiner Hand nicht Huͤlffe zu erlangen? So muß mein Hertzens-Bau in Flammen untergehn; Doch ſtoltze Hoffnung laͤſſt mich ſchon mit Beyſtand prangen/ Weil meinen Untergang dein Auge nicht kan ſehn. Denn brennt des Naͤchſten Wand/ ſo iſt Gefahr verhanden Vor jenen/ der zunaͤchſt an ſolchen Flammen wohnt; Es pflegt der harte Sinn/ am Wehmuhts-Fels zu ſtranden/ Weil die erzuͤrnte Gluht auch ſeinen Bau nicht ſchont. Ein jeder traͤget bey was zur Errettung dienet/ Setzt Feindſchaft an die Seit’/ und ſteurt den wilden Brand/ Weil durch gethane Huͤlff die Wohlfahrts-Pflantze gruͤnet/ Und angewandter Fleiß beſchuͤtzet ſeine Wand. Allem! hier ſeh’ ich gern/ daß auch mit heiſſen Flammen Dein annoch kaltes Hertz in Liebe werd’ entbrennt; Daß

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/64>, abgerufen am 24.11.2024.