Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.Verliebte und galante Gedichte. Liebes Brief an Clelien. Vergönne Clelia, daß mein verirrter Geist Jn deinen Haven treibt/ wo Amors-Winde wehen/ Den Port/ wo lauter Lust sich ums Gestade weist/ Wo Myrthen/ Tausend-Schön und Anemonen stehen. Wo Cypripor den Sitz/ und Venus ihr Gezelt Mit sammt der Kitzelung zur Wohnung auffgeschlagen/ Wo sich die Anmuth hat den dreyen zugesellt/ Wohin uns die Natur den besten Schatz getragen. Wo Milch und Honig fleust/ wo ein Gelobtes-Land/ Wo Zucker und Zibeth sich mit der Ambra küssen/ Wo Liebes-Rosen zeugt der Alabaster Strand/ Daselbst vergönne mir die Lüste zu geniessen. So dis Revier gebichrt/ und unvergleichlich sind/ Die mich mit Ambrosin und Alecant berauschen/ Jn welchem sich mehr Lust als Sand am Meere findt/ Die ich mit Jupiter nicht dencke zu vertauschen/ Weil sein erdichtes Reich nicht solche Engel hegt/ Die uns mit einer Kost von Venus Muscheln laben/ Man da nur blossen Schein zu seiner Tafel trägt/ Wenn man schon Lust verlangt kan man nur Unmuth haben. Wie sich nur Tantalus mit leeren Schauen plagt/ Weil die beliebte Frucht dem Munde wird entzogen/ Wie er im Wasser steht und über Durst doch klagt/ So gehts in Jovis Reich! wer glaubt der wird betrogen. Du aber schenckest mir/ ich weis nicht was vor Frucht Wenn sich dein hohler Schooß mit meinen Gliedern paaret/ Den mein verirter Geist zu seinen Haven sucht/ Wo er vor allen Sturm am besten ist verwahret. An Amarianen um ein Affections-Band. Mein Schatz/ mein Engel-Kind mein eintziges Vergnügen Erblicke deinen Knecht zu deinen Füssen liegen/ Der da von deiner Hand ein kleines Band begehrt/ Das alle Furcht vertreibt/ und seine Hoffnung nehrt. Die Hoffnung die mich sonst aus leeren Schaalen speißte/ Ob gleich ein holder Blick nach deinen Knecht verreißte/ Weil
Verliebte und galante Gedichte. Liebes Brief an Clelien. Vergoͤnne Clelia, daß mein verirrter Geiſt Jn deinen Haven treibt/ wo Amors-Winde wehen/ Den Port/ wo lauter Luſt ſich ums Geſtade weiſt/ Wo Myrthen/ Tauſend-Schoͤn und Anemonen ſtehen. Wo Cypripor den Sitz/ und Venus ihr Gezelt Mit ſammt der Kitzelung zur Wohnung auffgeſchlagen/ Wo ſich die Anmuth hat den dreyen zugeſellt/ Wohin uns die Natur den beſten Schatz getragen. Wo Milch und Honig fleuſt/ wo ein Gelobtes-Land/ Wo Zucker und Zibeth ſich mit der Ambra kuͤſſen/ Wo Liebes-Roſen zeugt der Alabaſter Strand/ Daſelbſt vergoͤnne mir die Luͤſte zu genieſſen. So dis Revier gebichrt/ und unvergleichlich ſind/ Die mich mit Ambroſin und Alecant berauſchen/ Jn welchem ſich mehr Luſt als Sand am Meere findt/ Die ich mit Jupiter nicht dencke zu vertauſchen/ Weil ſein erdichtes Reich nicht ſolche Engel hegt/ Die uns mit einer Koſt von Venus Muſcheln laben/ Man da nur bloſſen Schein zu ſeiner Tafel traͤgt/ Wenn man ſchon Luſt verlangt kan man nur Unmuth haben. Wie ſich nur Tantalus mit leeren Schauen plagt/ Weil die beliebte Frucht dem Munde wird entzogen/ Wie er im Waſſer ſteht und uͤber Durſt doch klagt/ So gehts in Jovis Reich! wer glaubt der wird betrogen. Du aber ſchenckeſt mir/ ich weis nicht was vor Frucht Wenn ſich dein hohler Schooß mit meinen Gliedern paaret/ Den mein verirter Geiſt zu ſeinen Haven ſucht/ Wo er vor allen Sturm am beſten iſt verwahret. An Amarianen um ein Affections-Band. Mein Schatz/ mein Engel-Kind mein eintziges Vergnuͤgen Erblicke deinen Knecht zu deinen Fuͤſſen liegen/ Der da von deiner Hand ein kleines Band begehrt/ Das alle Furcht vertreibt/ und ſeine Hoffnung nehrt. Die Hoffnung die mich ſonſt aus leeren Schaalen ſpeißte/ Ob gleich ein holder Blick nach deinen Knecht verreißte/ Weil
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0082" n="64"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Verliebte und <hi rendition="#aq">galante</hi> Gedichte.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Liebes Brief an <hi rendition="#aq">Clelien.</hi></hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">V</hi>ergoͤnne <hi rendition="#aq">Clelia,</hi> daß mein verirrter Geiſt</l><lb/> <l>Jn deinen Haven treibt/ wo <hi rendition="#aq">Amors-</hi>Winde wehen/</l><lb/> <l>Den Port/ wo lauter Luſt ſich ums Geſtade weiſt/</l><lb/> <l>Wo Myrthen/ Tauſend-Schoͤn und <hi rendition="#aq">Anemonen</hi> ſtehen.</l><lb/> <l>Wo <hi rendition="#aq">Cypripor</hi> den Sitz/ und <hi rendition="#aq">Venus</hi> ihr Gezelt</l><lb/> <l>Mit ſammt der Kitzelung zur Wohnung auffgeſchlagen/</l><lb/> <l>Wo ſich die Anmuth hat den dreyen zugeſellt/</l><lb/> <l>Wohin uns die Natur den beſten Schatz getragen.</l><lb/> <l>Wo Milch und Honig fleuſt/ wo ein Gelobtes-Land/</l><lb/> <l>Wo Zucker und <hi rendition="#aq">Zibeth</hi> ſich mit der <hi rendition="#aq">Ambra</hi> kuͤſſen/</l><lb/> <l>Wo Liebes-Roſen zeugt der Alabaſter Strand/</l><lb/> <l>Daſelbſt vergoͤnne mir die Luͤſte zu genieſſen.</l><lb/> <l>So dis <hi rendition="#aq">Revier</hi> gebichrt/ <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice> unvergleichlich ſind/</l><lb/> <l>Die mich mit <hi rendition="#aq">Ambroſin</hi> und <hi rendition="#aq">Alecant</hi> berauſchen/</l><lb/> <l>Jn welchem ſich mehr Luſt als Sand am Meere findt/</l><lb/> <l>Die ich mit <hi rendition="#aq">Jupiter</hi> nicht dencke zu vertauſchen/</l><lb/> <l>Weil ſein erdichtes Reich nicht ſolche Engel hegt/</l><lb/> <l>Die uns mit einer Koſt von <hi rendition="#aq">Venus</hi> Muſcheln laben/</l><lb/> <l>Man da nur bloſſen Schein zu ſeiner Tafel traͤgt/</l><lb/> <l>Wenn man ſchon Luſt verlangt kan man nur Unmuth haben.</l><lb/> <l>Wie ſich nur <hi rendition="#aq">Tantalus</hi> mit leeren Schauen plagt/</l><lb/> <l>Weil die beliebte Frucht dem Munde wird entzogen/</l><lb/> <l>Wie er im Waſſer ſteht und uͤber Durſt doch klagt/</l><lb/> <l>So gehts in <hi rendition="#aq">Jovis</hi> Reich! wer glaubt der wird betrogen.</l><lb/> <l>Du aber ſchenckeſt mir/ ich weis nicht was vor Frucht</l><lb/> <l>Wenn ſich dein hohler Schooß mit meinen Gliedern paaret/</l><lb/> <l>Den mein verirter Geiſt zu ſeinen Haven ſucht/</l><lb/> <l>Wo er vor allen Sturm am beſten iſt verwahret.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">An <hi rendition="#aq">Amarianen</hi> um ein <hi rendition="#aq">Affections-</hi>Band.</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">M</hi>ein Schatz/ mein Engel-Kind mein eintziges Vergnuͤgen</l><lb/> <l>Erblicke deinen Knecht zu deinen Fuͤſſen liegen/</l><lb/> <l>Der da von deiner Hand ein kleines Band begehrt/</l><lb/> <l>Das alle Furcht vertreibt/ und ſeine Hoffnung nehrt.</l><lb/> <l>Die Hoffnung die mich ſonſt aus leeren Schaalen ſpeißte/</l><lb/> <l>Ob gleich ein holder Blick nach deinen Knecht verreißte/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Weil</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [64/0082]
Verliebte und galante Gedichte.
Liebes Brief an Clelien.
Vergoͤnne Clelia, daß mein verirrter Geiſt
Jn deinen Haven treibt/ wo Amors-Winde wehen/
Den Port/ wo lauter Luſt ſich ums Geſtade weiſt/
Wo Myrthen/ Tauſend-Schoͤn und Anemonen ſtehen.
Wo Cypripor den Sitz/ und Venus ihr Gezelt
Mit ſammt der Kitzelung zur Wohnung auffgeſchlagen/
Wo ſich die Anmuth hat den dreyen zugeſellt/
Wohin uns die Natur den beſten Schatz getragen.
Wo Milch und Honig fleuſt/ wo ein Gelobtes-Land/
Wo Zucker und Zibeth ſich mit der Ambra kuͤſſen/
Wo Liebes-Roſen zeugt der Alabaſter Strand/
Daſelbſt vergoͤnne mir die Luͤſte zu genieſſen.
So dis Revier gebichrt/ und unvergleichlich ſind/
Die mich mit Ambroſin und Alecant berauſchen/
Jn welchem ſich mehr Luſt als Sand am Meere findt/
Die ich mit Jupiter nicht dencke zu vertauſchen/
Weil ſein erdichtes Reich nicht ſolche Engel hegt/
Die uns mit einer Koſt von Venus Muſcheln laben/
Man da nur bloſſen Schein zu ſeiner Tafel traͤgt/
Wenn man ſchon Luſt verlangt kan man nur Unmuth haben.
Wie ſich nur Tantalus mit leeren Schauen plagt/
Weil die beliebte Frucht dem Munde wird entzogen/
Wie er im Waſſer ſteht und uͤber Durſt doch klagt/
So gehts in Jovis Reich! wer glaubt der wird betrogen.
Du aber ſchenckeſt mir/ ich weis nicht was vor Frucht
Wenn ſich dein hohler Schooß mit meinen Gliedern paaret/
Den mein verirter Geiſt zu ſeinen Haven ſucht/
Wo er vor allen Sturm am beſten iſt verwahret.
An Amarianen um ein Affections-Band.
Mein Schatz/ mein Engel-Kind mein eintziges Vergnuͤgen
Erblicke deinen Knecht zu deinen Fuͤſſen liegen/
Der da von deiner Hand ein kleines Band begehrt/
Das alle Furcht vertreibt/ und ſeine Hoffnung nehrt.
Die Hoffnung die mich ſonſt aus leeren Schaalen ſpeißte/
Ob gleich ein holder Blick nach deinen Knecht verreißte/
Weil
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |