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Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845.

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ZWEITES BUCH.
Die Aetiologie und Pathogenie der psychischen
Krankheiten.

Erster Abschnitt.
Allgemeines über die Ursachen des Irreseins.
§. 62.

Unter Ursachen versteht man in der Psychiatrie wie in der
übrigen Pathologie die mannigfaltigsten Classen von Momenten,
denen man einen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit zu-
schreibt, die aber zu dieser selbst in höchst verschiedenen Ver-
hältnissen stehen. Einestheils begreift man unter den Ursachen alle
jene äusseren Umstände (Nationalität, Klima, Jahreszeiten etc.),
unter denen man Irresein überhaupt bald häufiger, bald seltener
vorkommen sieht; anderntheils meint man damit gewisse äussere
Schädlichkeiten
(Sonnenhitze, Kopfverletzungen etc.), nach deren
Einwirkung die Krankheit häufiger entsteht; endlich umfasst das Ge-
biet der Ursachen jene inneren, dem Organismus selbst an-
gehörigen Momente
(erbliche Disposition, vorausgegangene Krank-
heiten oder überhaupt anderweitige Störungen des organischen Me-
chanismus, z. B. Krankheiten der Lunge, Genitalien etc.), denen er-
fahrungsmässig ein Einfluss auf das Irrewerden zukommt. Bei sehr
vielen dieser Momente ist der nähere Zusammenhang zwischen ihnen
und der ihnen zugeschriebenen Wirkung, der Weg, auf dem sich
aus ihnen eben Geisteskrankheit entwickelt, kaum oder gar nicht ein-
zusehen -- der Schluss post hoc ergo propter hoc beruht dann auf
einer bloss empirischen (statistischen) Kenntniss davon, dass gerade

ZWEITES BUCH.
Die Aetiologie und Pathogenie der psychischen
Krankheiten.

Erster Abschnitt.
Allgemeines über die Ursachen des Irreseins.
§. 62.

Unter Ursachen versteht man in der Psychiatrie wie in der
übrigen Pathologie die mannigfaltigsten Classen von Momenten,
denen man einen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit zu-
schreibt, die aber zu dieser selbst in höchst verschiedenen Ver-
hältnissen stehen. Einestheils begreift man unter den Ursachen alle
jene äusseren Umstände (Nationalität, Klima, Jahreszeiten etc.),
unter denen man Irresein überhaupt bald häufiger, bald seltener
vorkommen sieht; anderntheils meint man damit gewisse äussere
Schädlichkeiten
(Sonnenhitze, Kopfverletzungen etc.), nach deren
Einwirkung die Krankheit häufiger entsteht; endlich umfasst das Ge-
biet der Ursachen jene inneren, dem Organismus selbst an-
gehörigen Momente
(erbliche Disposition, vorausgegangene Krank-
heiten oder überhaupt anderweitige Störungen des organischen Me-
chanismus, z. B. Krankheiten der Lunge, Genitalien etc.), denen er-
fahrungsmässig ein Einfluss auf das Irrewerden zukommt. Bei sehr
vielen dieser Momente ist der nähere Zusammenhang zwischen ihnen
und der ihnen zugeschriebenen Wirkung, der Weg, auf dem sich
aus ihnen eben Geisteskrankheit entwickelt, kaum oder gar nicht ein-
zusehen — der Schluss post hoc ergo propter hoc beruht dann auf
einer bloss empirischen (statistischen) Kenntniss davon, dass gerade

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[[95]/0109] ZWEITES BUCH. Die Aetiologie und Pathogenie der psychischen Krankheiten. Erster Abschnitt. Allgemeines über die Ursachen des Irreseins. §. 62. Unter Ursachen versteht man in der Psychiatrie wie in der übrigen Pathologie die mannigfaltigsten Classen von Momenten, denen man einen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit zu- schreibt, die aber zu dieser selbst in höchst verschiedenen Ver- hältnissen stehen. Einestheils begreift man unter den Ursachen alle jene äusseren Umstände (Nationalität, Klima, Jahreszeiten etc.), unter denen man Irresein überhaupt bald häufiger, bald seltener vorkommen sieht; anderntheils meint man damit gewisse äussere Schädlichkeiten (Sonnenhitze, Kopfverletzungen etc.), nach deren Einwirkung die Krankheit häufiger entsteht; endlich umfasst das Ge- biet der Ursachen jene inneren, dem Organismus selbst an- gehörigen Momente (erbliche Disposition, vorausgegangene Krank- heiten oder überhaupt anderweitige Störungen des organischen Me- chanismus, z. B. Krankheiten der Lunge, Genitalien etc.), denen er- fahrungsmässig ein Einfluss auf das Irrewerden zukommt. Bei sehr vielen dieser Momente ist der nähere Zusammenhang zwischen ihnen und der ihnen zugeschriebenen Wirkung, der Weg, auf dem sich aus ihnen eben Geisteskrankheit entwickelt, kaum oder gar nicht ein- zusehen — der Schluss post hoc ergo propter hoc beruht dann auf einer bloss empirischen (statistischen) Kenntniss davon, dass gerade

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Zitationshilfe: Griesinger, Wilhelm: Die Pathologie und Therapie der psychischen Krankheiten, für Ärzte und Studierende. Stuttgart, 1845, S. [95]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/griesinger_psychische_1845/109>, abgerufen am 24.11.2024.