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Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.

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Bestät'ge was er meint und was er hofft! --
Doch erst das Haar geordnet und die Kleider,
Verrathen möchten sie mein kindisch Zagen,
Deß wär' er froh, allein da harre du!

(Im Vorgrunde stehend, und die Locken an den Fingern auf-
wickelnd.)

Sie glauben, weil ich selten sprech' und wenig,
Ich könne mich nicht wahren, nicht vertheid'gen.
Mein Vater sprach wohl oft: Sie hat's im Nacken!
Ich hab' es auch! Ihr sollt noch wahrlich seh'n! --

(Sie betrachtet noch ihre Schuhe.)
Nun ist es gut. Der Schuh sitzt fein genug!
Nun ist es gut. Nun will ich nur hinein.

(Otto, der, während der letzten Worte, durch die Seiten-
thüre rechts, leise eingetreten ist, nähert sich jetzt von hin-
ten, ihre beiden Arme mit dem Aeußersten der Finger be-
rührend.)
Otto.
Verstärkt Ihr noch die Macht so vieler Reize?
O, schmückt Euch nicht, wir sind schon wund genug.
Erny
(links nach dem Vordergrunde zurückweichend).
O Gott; er selbst!
Otto.
Ich bin's, und hochbeglückt,
Daß die Gelegenheit, so oft gesucht,
Und nie gefunden, günstig dar sich beut.

Beſtät’ge was er meint und was er hofft! —
Doch erſt das Haar geordnet und die Kleider,
Verrathen möchten ſie mein kindiſch Zagen,
Deß wär’ er froh, allein da harre du!

(Im Vorgrunde ſtehend, und die Locken an den Fingern auf-
wickelnd.)

Sie glauben, weil ich ſelten ſprech’ und wenig,
Ich könne mich nicht wahren, nicht vertheid’gen.
Mein Vater ſprach wohl oft: Sie hat’s im Nacken!
Ich hab’ es auch! Ihr ſollt noch wahrlich ſeh’n! —

(Sie betrachtet noch ihre Schuhe.)
Nun iſt es gut. Der Schuh ſitzt fein genug!
Nun iſt es gut. Nun will ich nur hinein.

(Otto, der, während der letzten Worte, durch die Seiten-
thüre rechts, leiſe eingetreten iſt, nähert ſich jetzt von hin-
ten, ihre beiden Arme mit dem Aeußerſten der Finger be-
rührend.)
Otto.
Verſtärkt Ihr noch die Macht ſo vieler Reize?
O, ſchmückt Euch nicht, wir ſind ſchon wund genug.
Erny
(links nach dem Vordergrunde zurückweichend).
O Gott; er ſelbſt!
Otto.
Ich bin’s, und hochbeglückt,
Daß die Gelegenheit, ſo oft geſucht,
Und nie gefunden, günſtig dar ſich beut.

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[50/0058] Beſtät’ge was er meint und was er hofft! — Doch erſt das Haar geordnet und die Kleider, Verrathen möchten ſie mein kindiſch Zagen, Deß wär’ er froh, allein da harre du! (Im Vorgrunde ſtehend, und die Locken an den Fingern auf- wickelnd.) Sie glauben, weil ich ſelten ſprech’ und wenig, Ich könne mich nicht wahren, nicht vertheid’gen. Mein Vater ſprach wohl oft: Sie hat’s im Nacken! Ich hab’ es auch! Ihr ſollt noch wahrlich ſeh’n! — (Sie betrachtet noch ihre Schuhe.) Nun iſt es gut. Der Schuh ſitzt fein genug! Nun iſt es gut. Nun will ich nur hinein. (Otto, der, während der letzten Worte, durch die Seiten- thüre rechts, leiſe eingetreten iſt, nähert ſich jetzt von hin- ten, ihre beiden Arme mit dem Aeußerſten der Finger be- rührend.) Otto. Verſtärkt Ihr noch die Macht ſo vieler Reize? O, ſchmückt Euch nicht, wir ſind ſchon wund genug. Erny (links nach dem Vordergrunde zurückweichend). O Gott; er ſelbſt! Otto. Ich bin’s, und hochbeglückt, Daß die Gelegenheit, ſo oft geſucht, Und nie gefunden, günſtig dar ſich beut.

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/58>, abgerufen am 21.11.2024.