Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
Nichts da! Den Blick nicht auf den Boden! Hier,
Auf mich dein Aug'! -- Ja so, es schwimmt in Thränen?!
-- Mißhandeln, Kind! mißhandeln wollt' ich nicht!
Senk' nur die Stirne, leg' sie an dieß Herz,
Und was du weist, das flüst're leis' ihm zu.
Es wird dich hören, wie es dir verzeih't.
Erny.
Verzeih'n? O, bitt'res Wort!
Bancbanus.
Nu, Kind, wer weiß --
Vielleicht dich bitten selbst, daß du verzeih'st,
Was Thörichtes ich sprach. -- Es ist mein Fehler,
Mein alter Fehler: stets der Mund voran!
Erny
(aufgerichtet).
Bancban! Vor Allem wisse: Kein Gedanke
Von Unrecht kam in meinen armen Sinn,
Nur daß -- o Gott! Mein Gott!
Bancbanus.
Schäm'st du dich, Kind?
Das ist dir nütz'! Schäm' dich an meiner Brust!
So recht, den Kopf im Winkel eingeduckt,
Die Augen zu; recht wie der Vogel Strauß.
Und so laß sprechen uns. -- Du guter Gott!
Ich möchte singen, jubeln, jauchzen, schrei'n,
Daß sie mir blieb, daß ich sie nicht verlor.
Nun also denn: -- der Prinz war hier?

Nichts da! Den Blick nicht auf den Boden! Hier,
Auf mich dein Aug’! — Ja ſo, es ſchwimmt in Thränen?!
— Mißhandeln, Kind! mißhandeln wollt’ ich nicht!
Senk’ nur die Stirne, leg’ ſie an dieß Herz,
Und was du weiſt, das flüſt’re leiſ’ ihm zu.
Es wird dich hören, wie es dir verzeih’t.
Erny.
Verzeih’n? O, bitt’res Wort!
Bancbanus.
Nu, Kind, wer weiß —
Vielleicht dich bitten ſelbſt, daß du verzeih’ſt,
Was Thörichtes ich ſprach. — Es iſt mein Fehler,
Mein alter Fehler: ſtets der Mund voran!
Erny
(aufgerichtet).
Bancban! Vor Allem wiſſe: Kein Gedanke
Von Unrecht kam in meinen armen Sinn,
Nur daß — o Gott! Mein Gott!
Bancbanus.
Schäm’ſt du dich, Kind?
Das iſt dir nütz’! Schäm’ dich an meiner Bruſt!
So recht, den Kopf im Winkel eingeduckt,
Die Augen zu; recht wie der Vogel Strauß.
Und ſo laß ſprechen uns. — Du guter Gott!
Ich möchte ſingen, jubeln, jauchzen, ſchrei’n,
Daß ſie mir blieb, daß ich ſie nicht verlor.
Nun alſo denn: — der Prinz war hier?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#BAN">
          <p><pb facs="#f0069" n="61"/>
Nichts da! Den Blick nicht auf den Boden! Hier,<lb/>
Auf mich dein Aug&#x2019;! &#x2014; Ja &#x017F;o, es &#x017F;chwimmt in Thränen?!<lb/>
&#x2014; Mißhandeln, Kind! mißhandeln wollt&#x2019; ich nicht!<lb/>
Senk&#x2019; nur die Stirne, leg&#x2019; &#x017F;ie an dieß Herz,<lb/>
Und was du wei&#x017F;t, das flü&#x017F;t&#x2019;re lei&#x017F;&#x2019; ihm zu.<lb/>
Es wird dich hören, wie es dir verzeih&#x2019;t.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ERN">
          <speaker><hi rendition="#g">Erny</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Verzeih&#x2019;n? O, bitt&#x2019;res Wort!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAN">
          <speaker><hi rendition="#g">Bancbanus</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Nu, Kind, wer weiß &#x2014;<lb/>
Vielleicht dich bitten &#x017F;elb&#x017F;t, daß du verzeih&#x2019;&#x017F;t,<lb/>
Was Thörichtes ich &#x017F;prach. &#x2014; Es i&#x017F;t mein Fehler,<lb/>
Mein alter Fehler: &#x017F;tets der Mund voran!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ERN">
          <speaker> <hi rendition="#g">Erny</hi> </speaker><lb/>
          <stage>(aufgerichtet).</stage><lb/>
          <p>Bancban! Vor Allem wi&#x017F;&#x017F;e: Kein Gedanke<lb/>
Von Unrecht kam in meinen armen Sinn,<lb/>
Nur daß &#x2014; o Gott! Mein Gott!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#BAN">
          <speaker><hi rendition="#g">Bancbanus</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Schäm&#x2019;&#x017F;t du dich, Kind?<lb/>
Das i&#x017F;t dir nütz&#x2019;! Schäm&#x2019; dich an meiner Bru&#x017F;t!<lb/>
So recht, den Kopf im Winkel eingeduckt,<lb/>
Die Augen zu; recht wie der Vogel Strauß.<lb/>
Und &#x017F;o laß &#x017F;prechen uns. &#x2014; Du guter Gott!<lb/>
Ich möchte &#x017F;ingen, jubeln, jauchzen, &#x017F;chrei&#x2019;n,<lb/>
Daß &#x017F;ie mir blieb, daß ich &#x017F;ie nicht verlor.<lb/>
Nun al&#x017F;o denn: &#x2014; der Prinz war hier?</p>
        </sp><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0069] Nichts da! Den Blick nicht auf den Boden! Hier, Auf mich dein Aug’! — Ja ſo, es ſchwimmt in Thränen?! — Mißhandeln, Kind! mißhandeln wollt’ ich nicht! Senk’ nur die Stirne, leg’ ſie an dieß Herz, Und was du weiſt, das flüſt’re leiſ’ ihm zu. Es wird dich hören, wie es dir verzeih’t. Erny. Verzeih’n? O, bitt’res Wort! Bancbanus. Nu, Kind, wer weiß — Vielleicht dich bitten ſelbſt, daß du verzeih’ſt, Was Thörichtes ich ſprach. — Es iſt mein Fehler, Mein alter Fehler: ſtets der Mund voran! Erny (aufgerichtet). Bancban! Vor Allem wiſſe: Kein Gedanke Von Unrecht kam in meinen armen Sinn, Nur daß — o Gott! Mein Gott! Bancbanus. Schäm’ſt du dich, Kind? Das iſt dir nütz’! Schäm’ dich an meiner Bruſt! So recht, den Kopf im Winkel eingeduckt, Die Augen zu; recht wie der Vogel Strauß. Und ſo laß ſprechen uns. — Du guter Gott! Ich möchte ſingen, jubeln, jauchzen, ſchrei’n, Daß ſie mir blieb, daß ich ſie nicht verlor. Nun alſo denn: — der Prinz war hier?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/69
Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/69>, abgerufen am 21.11.2024.