Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.
Vielleicht, daß dort -- (Sie blickt hinter den Vorhang, ihn in der Mitte öffnend. Während dem tritt Herzog Otto leise von der recht[e]n Seite hervor, und bleibt an der Thüre stehen.) Auch hier kein lebend Wesen! Wer wohn't nur hier? Die Wände reich verzier't -- Ein Schlafgemach -- vielleicht wohl gar -- o Gott! (Sie erblickt den Herzog und läßt die Vorhänge fallen.) Otto. Erschreck't nicht, schöne Frau! Erny. Erschrack ich denn? Ich hin erstaun't, empör't, doch nicht erschrocken. Zur Königin berief man mich hieher. Otto. Es ist ihr Wunsch, daß Ihr sie hier erwartet. Erny. Da gilt kein Wunsch und selber kein Befehl. (Zum Gehen gewendet.) Otto. So hört denn mich, mein Bitten, meinen Schmerz. Ich weiß, ich hab' Euch schwer und tief beleidig't. Vor Allem lass't Verzeihung mir erfleh'n. Erny. Wer Alles sich erlaub't, und selbst verzeih't, Braucht der Verzeihung And'rer und Erlaubniß?
Vielleicht, daß dort — (Sie blickt hinter den Vorhang, ihn in der Mitte öffnend. Während dem tritt Herzog Otto leiſe von der recht[e]n Seite hervor, und bleibt an der Thüre ſtehen.) Auch hier kein lebend Weſen! Wer wohn’t nur hier? Die Wände reich verzier’t — Ein Schlafgemach — vielleicht wohl gar — o Gott! (Sie erblickt den Herzog und läßt die Vorhänge fallen.) Otto. Erſchreck’t nicht, ſchöne Frau! Erny. Erſchrack ich denn? Ich hin erſtaun’t, empör’t, doch nicht erſchrocken. Zur Königin berief man mich hieher. Otto. Es iſt ihr Wunſch, daß Ihr ſie hier erwartet. Erny. Da gilt kein Wunſch und ſelber kein Befehl. (Zum Gehen gewendet.) Otto. So hört denn mich, mein Bitten, meinen Schmerz. Ich weiß, ich hab’ Euch ſchwer und tief beleidig’t. Vor Allem laſſ’t Verzeihung mir erfleh’n. Erny. Wer Alles ſich erlaub’t, und ſelbſt verzeih’t, Braucht der Verzeihung And’rer und Erlaubniß? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#ERN"> <p><pb facs="#f0090" n="82"/> Vielleicht, daß dort —</p><lb/> <stage>(Sie blickt hinter den Vorhang, ihn in der Mitte öffnend. Während<lb/> dem tritt Herzog Otto leiſe von der recht<supplied>e</supplied>n Seite hervor, und<lb/> bleibt an der Thüre ſtehen.)</stage><lb/> <p>Auch hier kein lebend Weſen!<lb/> Wer wohn’t nur hier? Die Wände reich verzier’t —<lb/> Ein Schlafgemach — vielleicht wohl gar — o Gott!</p><lb/> <stage>(Sie erblickt den Herzog und läßt die Vorhänge fallen.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#OTTO"> <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/> <p>Erſchreck’t nicht, ſchöne Frau!</p> </sp><lb/> <sp who="#ERN"> <speaker><hi rendition="#g">Erny</hi>.</speaker><lb/> <p>Erſchrack ich denn?<lb/> Ich hin erſtaun’t, empör’t, doch nicht erſchrocken.<lb/> Zur Königin berief man mich hieher.</p> </sp><lb/> <sp who="#OTTO"> <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/> <p>Es iſt ihr Wunſch, daß Ihr ſie hier erwartet.</p> </sp><lb/> <sp who="#ERN"> <speaker><hi rendition="#g">Erny</hi>.</speaker><lb/> <p>Da gilt kein Wunſch und ſelber kein Befehl.</p><lb/> <stage>(Zum Gehen gewendet.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#OTTO"> <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/> <p>So hört denn mich, mein Bitten, meinen Schmerz.<lb/> Ich weiß, ich hab’ Euch ſchwer und tief beleidig’t.<lb/> Vor Allem laſſ’t Verzeihung mir erfleh’n.</p> </sp><lb/> <sp who="#ERN"> <speaker><hi rendition="#g">Erny</hi>.</speaker><lb/> <p>Wer Alles ſich erlaub’t, und ſelbſt verzeih’t,<lb/> Braucht der Verzeihung And’rer und Erlaubniß?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [82/0090]
Vielleicht, daß dort —
(Sie blickt hinter den Vorhang, ihn in der Mitte öffnend. Während
dem tritt Herzog Otto leiſe von der rechten Seite hervor, und
bleibt an der Thüre ſtehen.)
Auch hier kein lebend Weſen!
Wer wohn’t nur hier? Die Wände reich verzier’t —
Ein Schlafgemach — vielleicht wohl gar — o Gott!
(Sie erblickt den Herzog und läßt die Vorhänge fallen.)
Otto.
Erſchreck’t nicht, ſchöne Frau!
Erny.
Erſchrack ich denn?
Ich hin erſtaun’t, empör’t, doch nicht erſchrocken.
Zur Königin berief man mich hieher.
Otto.
Es iſt ihr Wunſch, daß Ihr ſie hier erwartet.
Erny.
Da gilt kein Wunſch und ſelber kein Befehl.
(Zum Gehen gewendet.)
Otto.
So hört denn mich, mein Bitten, meinen Schmerz.
Ich weiß, ich hab’ Euch ſchwer und tief beleidig’t.
Vor Allem laſſ’t Verzeihung mir erfleh’n.
Erny.
Wer Alles ſich erlaub’t, und ſelbſt verzeih’t,
Braucht der Verzeihung And’rer und Erlaubniß?
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