Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.
Allein, wenn nicht, dann Unglücksel'ge! wisse: Verschwinden sollst du vom Gesicht der Erde, Daß sich die Leute fragen: Ist sie todt? Indess' du leb'st in dunklen Schauerklüften, Umgeben von des Ortes Einsamkeiten, Wo nur Erinnerung und du. Dort soll'st du jammern, soll'st die Hände ringen, Wie einen Festtag zählen jeden Tag, Wo mich mein Fuß in deine Zelle trägt. Umsonst dein Fleh'n, umsonst selbst deine Liebe. (Näher tretend.) Wenn du mir Liebe böthest selbst -- Erny. Ich dir? Ha, mein Gefühl, ich hab' es dir genannt. Otto. Du hast. Es sey! (Er tritt hinter den Vorhang.) Erny. O Gott! Was wird? Er sinn't Gefährliches. Nur fort! Entflieh'n! (Sie eilt zur Thüre, und versucht es, sie zu öffnen.) Die Thür' verschlossen. -- Gott! Wer schloß die Thür? Wer rettet mich? Sie kommen! -- Großer Gott!
Allein, wenn nicht, dann Unglückſel’ge! wiſſe: Verſchwinden ſollſt du vom Geſicht der Erde, Daß ſich die Leute fragen: Iſt ſie todt? Indeſſ’ du leb’ſt in dunklen Schauerklüften, Umgeben von des Ortes Einſamkeiten, Wo nur Erinnerung und du. Dort ſoll’ſt du jammern, ſoll’ſt die Hände ringen, Wie einen Feſttag zählen jeden Tag, Wo mich mein Fuß in deine Zelle trägt. Umſonſt dein Fleh’n, umſonſt ſelbſt deine Liebe. (Näher tretend.) Wenn du mir Liebe bötheſt ſelbſt — Erny. Ich dir? Ha, mein Gefühl, ich hab’ es dir genannt. Otto. Du haſt. Es ſey! (Er tritt hinter den Vorhang.) Erny. O Gott! Was wird? Er ſinn’t Gefährliches. Nur fort! Entflieh’n! (Sie eilt zur Thüre, und verſucht es, ſie zu öffnen.) Die Thür’ verſchloſſen. — Gott! Wer ſchloß die Thür? Wer rettet mich? Sie kommen! — Großer Gott! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#OTTO"> <p><pb facs="#f0097" n="89"/> Allein, wenn nicht, dann Unglückſel’ge! wiſſe:<lb/> Verſchwinden ſollſt du vom Geſicht der Erde,<lb/> Daß ſich die Leute fragen: Iſt ſie todt?<lb/> Indeſſ’ du leb’ſt in dunklen Schauerklüften,<lb/> Umgeben von des Ortes Einſamkeiten,<lb/> Wo nur Erinnerung und du.<lb/> Dort ſoll’ſt du jammern, ſoll’ſt die Hände ringen,<lb/> Wie einen Feſttag zählen jeden Tag,<lb/> Wo mich mein Fuß in deine Zelle trägt.<lb/> Umſonſt dein Fleh’n, umſonſt ſelbſt deine Liebe.</p><lb/> <stage>(Näher tretend.)</stage><lb/> <p>Wenn du mir Liebe bötheſt ſelbſt —</p> </sp><lb/> <sp who="#ERN"> <speaker><hi rendition="#g">Erny</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich dir?<lb/> Ha, mein Gefühl, ich hab’ es dir genannt.</p> </sp><lb/> <sp who="#OTTO"> <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/> <p>Du haſt. Es ſey!</p><lb/> <stage>(Er tritt hinter den Vorhang.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#ERN"> <speaker><hi rendition="#g">Erny</hi>.</speaker><lb/> <p>O Gott! Was wird?<lb/> Er ſinn’t Gefährliches. Nur fort! Entflieh’n!</p><lb/> <stage>(Sie eilt zur Thüre, und verſucht es, ſie zu öffnen.)</stage><lb/> <p>Die Thür’ verſchloſſen. — Gott! Wer ſchloß die Thür?<lb/> Wer rettet mich? Sie kommen! — Großer Gott!</p><lb/> </sp> </div> </body> </text> </TEI> [89/0097]
Allein, wenn nicht, dann Unglückſel’ge! wiſſe:
Verſchwinden ſollſt du vom Geſicht der Erde,
Daß ſich die Leute fragen: Iſt ſie todt?
Indeſſ’ du leb’ſt in dunklen Schauerklüften,
Umgeben von des Ortes Einſamkeiten,
Wo nur Erinnerung und du.
Dort ſoll’ſt du jammern, ſoll’ſt die Hände ringen,
Wie einen Feſttag zählen jeden Tag,
Wo mich mein Fuß in deine Zelle trägt.
Umſonſt dein Fleh’n, umſonſt ſelbſt deine Liebe.
(Näher tretend.)
Wenn du mir Liebe bötheſt ſelbſt —
Erny.
Ich dir?
Ha, mein Gefühl, ich hab’ es dir genannt.
Otto.
Du haſt. Es ſey!
(Er tritt hinter den Vorhang.)
Erny.
O Gott! Was wird?
Er ſinn’t Gefährliches. Nur fort! Entflieh’n!
(Sie eilt zur Thüre, und verſucht es, ſie zu öffnen.)
Die Thür’ verſchloſſen. — Gott! Wer ſchloß die Thür?
Wer rettet mich? Sie kommen! — Großer Gott!
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