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Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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vergessen, auch war in der Dunkelheit an das Erkennen irgend einer Bezeichnung kaum zu denken. Da schritt, auf mich zukommend, ein mit Küchengewächsen schwer beladener Mann an mir vorüber. Kratzt der Alte einmal wieder, brummte er, und stört die ordentlichen Leute in ihrer Nachtruhe. Zugleich, wie ich vorwärts ging, schlug der leise, langgehaltene Ton einer Violine an mein Ohr, der aus dem offen stehenden Bodenfenster eines wenig entfernten ärmlichen Hauses zu kommen schien, das niedrig und ohne Stockwerk wie die übrigen sich durch dieses in der Umgränzung des Daches liegende Giebelfenster vor den andern auszeichnete. Ich stand stille. Ein leiser, aber bestimmt gegriffener Ton schwoll bis zur Heftigkeit, senkte sich, verklang, um gleich darauf wieder bis zum lautesten Gellen empor zu steigen, und zwar immer derselbe Ton mit einer Art genußreichem Daraufberuhen wiederholt. Endlich kam ein Intervall. Es war die Quarte. Hatte der Spieler sich vorher an dem Klange des einzelnen Tones geweidet, so war nun das gleichsam wollüstige Schmecken dieses harmonischen Verhältnisses noch ungleich fühlbarer. Sprungweise gegriffen, zugleich gestrichen, auch die dazwischen liegende Stufenreihe höchst holperig verbunden, die Terz markirt, wiederholt. Die Quinte daran gefügt, einmal mit zitterndem Klang wie ein stilles Weinen ausgehalten, verhallend, dann in wirbelnder Schnelligkeit ewig wiederholt, immer diese selben Verhältnisse, die nämlichen Töne. -- Und das nannte der alte Mann Phantasiren!

vergessen, auch war in der Dunkelheit an das Erkennen irgend einer Bezeichnung kaum zu denken. Da schritt, auf mich zukommend, ein mit Küchengewächsen schwer beladener Mann an mir vorüber. Kratzt der Alte einmal wieder, brummte er, und stört die ordentlichen Leute in ihrer Nachtruhe. Zugleich, wie ich vorwärts ging, schlug der leise, langgehaltene Ton einer Violine an mein Ohr, der aus dem offen stehenden Bodenfenster eines wenig entfernten ärmlichen Hauses zu kommen schien, das niedrig und ohne Stockwerk wie die übrigen sich durch dieses in der Umgränzung des Daches liegende Giebelfenster vor den andern auszeichnete. Ich stand stille. Ein leiser, aber bestimmt gegriffener Ton schwoll bis zur Heftigkeit, senkte sich, verklang, um gleich darauf wieder bis zum lautesten Gellen empor zu steigen, und zwar immer derselbe Ton mit einer Art genußreichem Daraufberuhen wiederholt. Endlich kam ein Intervall. Es war die Quarte. Hatte der Spieler sich vorher an dem Klange des einzelnen Tones geweidet, so war nun das gleichsam wollüstige Schmecken dieses harmonischen Verhältnisses noch ungleich fühlbarer. Sprungweise gegriffen, zugleich gestrichen, auch die dazwischen liegende Stufenreihe höchst holperig verbunden, die Terz markirt, wiederholt. Die Quinte daran gefügt, einmal mit zitterndem Klang wie ein stilles Weinen ausgehalten, verhallend, dann in wirbelnder Schnelligkeit ewig wiederholt, immer diese selben Verhältnisse, die nämlichen Töne. — Und das nannte der alte Mann Phantasiren!

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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_spielmann_1910/21>, abgerufen am 23.11.2024.