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Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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mal versprochen, mußte ich halten, in Zukunft aber beschloß ich, vorsichtiger zu sein. Ich meldete mich wegen meiner Erbschaft. Es war weniger, als man geglaubt hatte, aber doch sehr viel, nahe an eintausend Gulden. Mein Zimmer wurde den ganzen Tag von Bittenden und Hülfesuchenden nicht leer. Ich war aber beinahe hart geworden und gab nur, wo die Noth am größten war. Auch Barbara's Vater kam. Er schmähte, daß ich sie schon drei Tage nicht besucht, worauf ich der Wahrheit gemäß erwiderte, daß ich fürchte, seiner Tochter zur Last zu sein. Er aber sagte, das solle mich nicht kümmern, er habe ihr schon den Kopf zurecht gesetzt, wobei er auf eine boshafte Art lachte, so daß ich erschrak. Dadurch an Barbara's Warnung rückerinnert, verhehlte ich, als wir bald im Gespräche darauf kamen, den Betrag meiner Erbschaft; auch seinen Handelsvorschlägen wich ich geschickt aus.

Wirklich lagen mir bereits andere Aussichten im Kopfe. In der Kanzlei, wo man mich nur meines Vaters wegen geduldet hatte, war mein Platz bereits durch einen Andern besetzt, was mich, da kein Gehalt damit verbunden war, wenig kümmerte. Aber der Secretär meines Vaters, der durch die letzten Ereignisse brodlos geworden, theilte mir den Plan zur Errichtung eines Auskunfts-, Copir- und Uebersetzungs-Comptoirs mit, wozu ich die ersten Einrichtungskosten vorschießen sollte, indeß er selbst die Direction zu übernehmen bereit war. Auf mein Andringen

mal versprochen, mußte ich halten, in Zukunft aber beschloß ich, vorsichtiger zu sein. Ich meldete mich wegen meiner Erbschaft. Es war weniger, als man geglaubt hatte, aber doch sehr viel, nahe an eintausend Gulden. Mein Zimmer wurde den ganzen Tag von Bittenden und Hülfesuchenden nicht leer. Ich war aber beinahe hart geworden und gab nur, wo die Noth am größten war. Auch Barbara's Vater kam. Er schmähte, daß ich sie schon drei Tage nicht besucht, worauf ich der Wahrheit gemäß erwiderte, daß ich fürchte, seiner Tochter zur Last zu sein. Er aber sagte, das solle mich nicht kümmern, er habe ihr schon den Kopf zurecht gesetzt, wobei er auf eine boshafte Art lachte, so daß ich erschrak. Dadurch an Barbara's Warnung rückerinnert, verhehlte ich, als wir bald im Gespräche darauf kamen, den Betrag meiner Erbschaft; auch seinen Handelsvorschlägen wich ich geschickt aus.

Wirklich lagen mir bereits andere Aussichten im Kopfe. In der Kanzlei, wo man mich nur meines Vaters wegen geduldet hatte, war mein Platz bereits durch einen Andern besetzt, was mich, da kein Gehalt damit verbunden war, wenig kümmerte. Aber der Secretär meines Vaters, der durch die letzten Ereignisse brodlos geworden, theilte mir den Plan zur Errichtung eines Auskunfts-, Copir- und Uebersetzungs-Comptoirs mit, wozu ich die ersten Einrichtungskosten vorschießen sollte, indeß er selbst die Direction zu übernehmen bereit war. Auf mein Andringen

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:14:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_spielmann_1910/50>, abgerufen am 27.04.2024.