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Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Vaters nennen zu können. -- Gott der Gerechte! rief sie aufspringend und die Hände zusammenschlagend. Vater! Vater! -- Der Alte trat herein. -- Was habt Ihr heute aus den Zeitungen gelesen? -- Von dem Secretarius? sprach er. -- Wohl, wohl! -- Nun, der ist durchgegangen, hat Schulden über Schulden hinterlassen und die Leute betrogen. Sie verfolgen ihn mit Steckbrief! -- Vater, rief sie, er hat ihm auch sein Geld anvertraut. Er ist zu Grunde gerichtet. -- Potz Dummköpfe und kein Ende! schrie der Alte. Hab ich's nicht immer gesagt? Aber das war ein Entschuldigen. Einmal lachte sie über ihn, dann war er wieder ein redliches Gemüth. Aber ich will dazwischen fahren! Ich will zeigen, wer Herr im Hause ist. Du, Barbara, marsch hinein in die Kammer! Sie aber, Herr, machen Sie, daß Sie fortkommen und verschonen uns künftig mit Ihren Besuchen. Hier wird kein Almosen gereicht. -- Vater, sagte das Mädchen, seid nicht hart gegen ihn, er ist ja doch unglücklich genug. -- Eben darum will ich's nicht auch werden. Das, Herr, fuhr er fort, indem er auf den Brief zeigte, den Barbara vorher auf den Tisch geworfen hatte, das ist ein Mann! Hat Grütz' im Kopfe und Geld im Sack. Betrügt Niemanden, läßt sich aber auch nicht betrügen; und das ist die Hauptsache bei der Ehrlichkeit. -- Ich stotterte, daß der Verlust der Caution noch nicht gewiß sei. -- Ja, rief er, wird ein Narr gewesen sein, der Secretarius! Ein Schelm, ist er, aber pfiffig. Und nun gehen Sie nur rasch,

Vaters nennen zu können. — Gott der Gerechte! rief sie aufspringend und die Hände zusammenschlagend. Vater! Vater! — Der Alte trat herein. — Was habt Ihr heute aus den Zeitungen gelesen? — Von dem Secretarius? sprach er. — Wohl, wohl! — Nun, der ist durchgegangen, hat Schulden über Schulden hinterlassen und die Leute betrogen. Sie verfolgen ihn mit Steckbrief! — Vater, rief sie, er hat ihm auch sein Geld anvertraut. Er ist zu Grunde gerichtet. — Potz Dummköpfe und kein Ende! schrie der Alte. Hab ich's nicht immer gesagt? Aber das war ein Entschuldigen. Einmal lachte sie über ihn, dann war er wieder ein redliches Gemüth. Aber ich will dazwischen fahren! Ich will zeigen, wer Herr im Hause ist. Du, Barbara, marsch hinein in die Kammer! Sie aber, Herr, machen Sie, daß Sie fortkommen und verschonen uns künftig mit Ihren Besuchen. Hier wird kein Almosen gereicht. — Vater, sagte das Mädchen, seid nicht hart gegen ihn, er ist ja doch unglücklich genug. — Eben darum will ich's nicht auch werden. Das, Herr, fuhr er fort, indem er auf den Brief zeigte, den Barbara vorher auf den Tisch geworfen hatte, das ist ein Mann! Hat Grütz' im Kopfe und Geld im Sack. Betrügt Niemanden, läßt sich aber auch nicht betrügen; und das ist die Hauptsache bei der Ehrlichkeit. — Ich stotterte, daß der Verlust der Caution noch nicht gewiß sei. — Ja, rief er, wird ein Narr gewesen sein, der Secretarius! Ein Schelm, ist er, aber pfiffig. Und nun gehen Sie nur rasch,

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[0059] Vaters nennen zu können. — Gott der Gerechte! rief sie aufspringend und die Hände zusammenschlagend. Vater! Vater! — Der Alte trat herein. — Was habt Ihr heute aus den Zeitungen gelesen? — Von dem Secretarius? sprach er. — Wohl, wohl! — Nun, der ist durchgegangen, hat Schulden über Schulden hinterlassen und die Leute betrogen. Sie verfolgen ihn mit Steckbrief! — Vater, rief sie, er hat ihm auch sein Geld anvertraut. Er ist zu Grunde gerichtet. — Potz Dummköpfe und kein Ende! schrie der Alte. Hab ich's nicht immer gesagt? Aber das war ein Entschuldigen. Einmal lachte sie über ihn, dann war er wieder ein redliches Gemüth. Aber ich will dazwischen fahren! Ich will zeigen, wer Herr im Hause ist. Du, Barbara, marsch hinein in die Kammer! Sie aber, Herr, machen Sie, daß Sie fortkommen und verschonen uns künftig mit Ihren Besuchen. Hier wird kein Almosen gereicht. — Vater, sagte das Mädchen, seid nicht hart gegen ihn, er ist ja doch unglücklich genug. — Eben darum will ich's nicht auch werden. Das, Herr, fuhr er fort, indem er auf den Brief zeigte, den Barbara vorher auf den Tisch geworfen hatte, das ist ein Mann! Hat Grütz' im Kopfe und Geld im Sack. Betrügt Niemanden, läßt sich aber auch nicht betrügen; und das ist die Hauptsache bei der Ehrlichkeit. — Ich stotterte, daß der Verlust der Caution noch nicht gewiß sei. — Ja, rief er, wird ein Narr gewesen sein, der Secretarius! Ein Schelm, ist er, aber pfiffig. Und nun gehen Sie nur rasch,

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T10:14:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Der arme Spielmann. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 5. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 275–344. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_spielmann_1910/59>, abgerufen am 13.05.2024.