bewahrte nationalität der hochdeutschen völkerschaften politisch in einander übergehen und sich berühren muste, wird das bedenkliche der untersuchung zugestehn. Wei- chen doch denkmähler, die beide an einem und dem- selben ort, wenn schon nicht gleichzeitig, hervorgegan- gen sind, ich meine Keros und Notkers arbeiten, in manchen lautverhältnissen so bedeutend von einander ab, daß man kaum geneigt bleiben dürste, sie der näm- lichen mundart zuzuschreiben.
Althochdeutsche vocale.
Ich werde zuerst die einfachen, dann die gedehn- ten *), endlich die übrigen doppelten vocale abhandeln. Die ganze reihe scheint vollständiger und mitunter fol- gerichtiger als die gothische, was größtentheils aus der mannigfaltigkeit der mundarten, zum theil von den um- lauten, die der Gothe nicht kennt, herrührt.
(A) a, der reine laut in unzähligen wörtern (durch spätere runen von dem a unterschieden und ask be- nannt), völlig dem goth. a gleich, seine kürze noch wirksam in dem anhebenden und steigenden verdoppeln einiger consonanten, namentlich des darauf folgenden f und ß. Von der verwandtschaft des lat. kurzen o ließen sich die beispiele mehren, vgl. mani, manon, rat etc. mit monile, monere, rota **); aber auch die von ein- stimmendem a, als: aha, aran, gans, nasa, waba, fater, palz vergl. mit aqva, arare, anser, nasus, favus, pater, baltens. Den Römern ist also wohl zu trauen, daß sie in deutschen eigennamen wie batavi, chamavi, marco- manni, vandali, chatti, marsi, langobardi, mattium, mannus, vangio, arpus, araris, vahalis etc. den laut des a getroffen haben ***); in den beiden ersten zeigt
*) Die runenalphabete drücken unter den vocalen eigentlich Die gedehnten aus und benennen auch sie vorzugsweise.
**) In deutschen mundarten selbst ist der übergang des a in o höchst selten, doch gehört dahin halon (arcessere) J. T. und gl. jun. 196. -- aber holon. O; vgl. den wechsel der adj. endung -aht und -oht; auch unten die bemerkung beim diphth ou.
***) Glesum, Tac. Germ. 45 Plin. hist. nat. 4, 30. 37, 11. werfe man nicht ein; es wird einem nördl. volksstamm zuge- schrieben und stimmt mehr zum nord. gler, als zum hochd. glas.
I. althochdeutſche vocale.
bewahrte nationalität der hochdeutſchen völkerſchaften politiſch in einander übergehen und ſich berühren muſte, wird das bedenkliche der unterſuchung zugeſtehn. Wei- chen doch denkmähler, die beide an einem und dem- ſelben ort, wenn ſchon nicht gleichzeitig, hervorgegan- gen ſind, ich meine Keros und Notkers arbeiten, in manchen lautverhältniſſen ſo bedeutend von einander ab, daß man kaum geneigt bleiben dürſte, ſie der näm- lichen mundart zuzuſchreiben.
Althochdeutſche vocale.
Ich werde zuerſt die einfachen, dann die gedehn- ten *), endlich die übrigen doppelten vocale abhandeln. Die ganze reihe ſcheint vollſtändiger und mitunter fol- gerichtiger als die gothiſche, was größtentheils aus der mannigfaltigkeit der mundarten, zum theil von den um- lauten, die der Gothe nicht kennt, herrührt.
(A) a, der reine laut in unzähligen wörtern (durch ſpätere runen von dem â unterſchieden und aſk be- nannt), völlig dem goth. a gleich, ſeine kürze noch wirkſam in dem anhebenden und ſteigenden verdoppeln einiger conſonanten, namentlich des darauf folgenden f und Ʒ. Von der verwandtſchaft des lat. kurzen o ließen ſich die beiſpiele mehren, vgl. mani, manòn, rat etc. mit monile, monere, rota **); aber auch die von ein- ſtimmendem a, als: aha, aran, gans, naſa, waba, fater, palz vergl. mit aqva, arare, anſer, naſus, favus, pater, baltens. Den Römern iſt alſo wohl zu trauen, daß ſie in deutſchen eigennamen wie batavi, chamavi, marco- manni, vandali, chatti, marſi, langobardi, mattium, mannus, vangio, arpus, araris, vahalis etc. den laut des a getroffen haben ***); in den beiden erſten zeigt
*) Die runenalphabete drücken unter den vocalen eigentlich Die gedehnten aus und benennen auch ſie vorzugsweiſe.
**) In deutſchen mundarten ſelbſt iſt der übergang des a in o höchſt ſelten, doch gehört dahin halôn (arceſſere) J. T. und gl. jun. 196. — aber holôn. O; vgl. den wechſel der adj. endung -aht und -oht; auch unten die bemerkung beim diphth ou.
***) Gleſum, Tac. Germ. 45 Plin. hiſt. nat. 4, 30. 37, 11. werfe man nicht ein; es wird einem nördl. volksſtamm zuge- ſchrieben und ſtimmt mehr zum nord. gler, als zum hochd. glas.
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I. althochdeutſche vocale.
bewahrte nationalität der hochdeutſchen völkerſchaften
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chen doch denkmähler, die beide an einem und dem-
ſelben ort, wenn ſchon nicht gleichzeitig, hervorgegan-
gen ſind, ich meine Keros und Notkers arbeiten, in
manchen lautverhältniſſen ſo bedeutend von einander
ab, daß man kaum geneigt bleiben dürſte, ſie der näm-
lichen mundart zuzuſchreiben.
Althochdeutſche vocale.
Ich werde zuerſt die einfachen, dann die gedehn-
ten *), endlich die übrigen doppelten vocale abhandeln.
Die ganze reihe ſcheint vollſtändiger und mitunter fol-
gerichtiger als die gothiſche, was größtentheils aus der
mannigfaltigkeit der mundarten, zum theil von den um-
lauten, die der Gothe nicht kennt, herrührt.
(A) a, der reine laut in unzähligen wörtern (durch
ſpätere runen von dem â unterſchieden und aſk be-
nannt), völlig dem goth. a gleich, ſeine kürze noch
wirkſam in dem anhebenden und ſteigenden verdoppeln
einiger conſonanten, namentlich des darauf folgenden f
und Ʒ. Von der verwandtſchaft des lat. kurzen o ließen
ſich die beiſpiele mehren, vgl. mani, manòn, rat etc.
mit monile, monere, rota **); aber auch die von ein-
ſtimmendem a, als: aha, aran, gans, naſa, waba, fater,
palz vergl. mit aqva, arare, anſer, naſus, favus, pater,
baltens. Den Römern iſt alſo wohl zu trauen, daß ſie
in deutſchen eigennamen wie batavi, chamavi, marco-
manni, vandali, chatti, marſi, langobardi, mattium,
mannus, vangio, arpus, araris, vahalis etc. den laut
des a getroffen haben ***); in den beiden erſten zeigt
*) Die runenalphabete drücken unter den vocalen eigentlich
Die gedehnten aus und benennen auch ſie vorzugsweiſe.
**) In deutſchen mundarten ſelbſt iſt der übergang des a in
o höchſt ſelten, doch gehört dahin halôn (arceſſere) J. T.
und gl. jun. 196. — aber holôn. O; vgl. den wechſel der
adj. endung -aht und -oht; auch unten die bemerkung
beim diphth ou.
***) Gleſum, Tac. Germ. 45 Plin. hiſt. nat. 4, 30. 37, 11. werfe
man nicht ein; es wird einem nördl. volksſtamm zuge-
ſchrieben und ſtimmt mehr zum nord. gler, als zum
hochd. glas.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/101>, abgerufen am 24.11.2024.
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