iu (jam) und iu (vobis), zweckmäßiger jedoch glaube ich beiderlei durch das wiedereingeführte j zu son- dern: thju oder thiu (illa) thiu (illo) thiu (virgo) ju (jam) iu (vobis). Wie thiu ist hiu der instr., da- her bei O. richtig hiutu (hodie) accentuiert wird. N. schreibt den eigentlichen diphth. gleichfalls: iu*), ju hingegen iu [oder betont iu].
3) seit N. zeit erhält der eigentliche diphthong iu eine erweiterung, indem er auch, wiewohl schwankend, als umlaut des au zu gelten anhebt, vgl. chraut pl. chriuter; braut gen. briute. Dieser umlaut lautet auch späterhin ganz wie die übrigen fälle des mittelh. iu oder neuh. eu und unstreitig hätte er, wäre er be- reits im 8. 9ten jahrh. vorhanden gewesen, mit dem- selben iu ausgedrückt werden können **). Wer folg- lich die ansicht vertheidigen will, daß ein alth. um- laut des au so gut vor N. als nachher bestanden habe, muß aufstellen, das umgelautete au habe früherhin nicht iu sondern verschieden gelautet, was mir we- nig wahrscheinlich vorkommt, zu geschweigen daß sich der laut gar nicht wird angeben laßen. Und selbst das schwanken bei N., der neben chriuter auch noch chrauter schreibt, redet für das damahlige ausbrechen eines noch unsicheren umlauts.
4) vom übergang des iu in iw oder iuw unten bei dem cons. w. --
(OA) nicht gemeinalth. sondern mundartisch für ua, man suche es theils in alemann. urkundlichen ei- gennamen (Neugart v. hroad-, moat-, oadal-, road-, etc.) theils in den gl. ker. z. b. moat, ploat, ploamo, poah, hroam, ploaßu (sacrifico) foakit (fuagit) etc. vgl. gl. doc. 214. soana (judicium). Die bestimmte mundart will ich aber nicht örtlich anweisen; lieber halte ich oa für etwas alterthümlicher als ua, was auch zu dem ursprung aus oo (o) stimmt.
(OE. OI) sind keine alth. diphthongen ***); zuweilen stoßen die vocale o und e, e, oder i, als zweisilbiger
*) Warum nicht eiu? da er sonst eie, eio, auo schreibt? sind ihm eie, eio, auo undiphthongischer als ei, ou, iu?
**) Einzelne spuren des früheien iu st. au in giriuno (clam, susurrando) O. I. 19, 18. I. 27, 70.
***) To[i]f (baptisma) oiga (oculus) hoibet (caput) toigen (my- sterium) erloibet, sämmtlich bei W. halte ich für falsche
I. althochdeutſche vocale.
iú (jam) und íu (vobis), zweckmäßiger jedoch glaube ich beiderlei durch das wiedereingeführte j zu ſon- dern: thju oder thïu (illa) thiu (illo) thiu (virgo) ju (jam) iu (vobis). Wie thiu iſt hiu der inſtr., da- her bei O. richtig híutu (hodie) accentuiert wird. N. ſchreibt den eigentlichen diphth. gleichfalls: íu*), ju hingegen iu [oder betont iú].
3) ſeit N. zeit erhält der eigentliche diphthong iu eine erweiterung, indem er auch, wiewohl ſchwankend, als umlaut des û zu gelten anhebt, vgl. chrût pl. chriuter; brût gen. briute. Dieſer umlaut lautet auch ſpäterhin ganz wie die übrigen fälle des mittelh. iu oder neuh. eu und unſtreitig hätte er, wäre er be- reits im 8. 9ten jahrh. vorhanden geweſen, mit dem- ſelben iu ausgedrückt werden können **). Wer folg- lich die anſicht vertheidigen will, daß ein alth. um- laut des û ſo gut vor N. als nachher beſtanden habe, muß aufſtellen, das umgelautete û habe früherhin nicht iu ſondern verſchieden gelautet, was mir we- nig wahrſcheinlich vorkommt, zu geſchweigen daß ſich der laut gar nicht wird angeben laßen. Und ſelbſt das ſchwanken bei N., der neben chriuter auch noch chrûter ſchreibt, redet für das damahlige ausbrechen eines noch unſicheren umlauts.
4) vom übergang des iu in iw oder iuw unten bei dem conſ. w. —
(OA) nicht gemeinalth. ſondern mundartiſch für ua, man ſuche es theils in alemann. urkundlichen ei- gennamen (Neugart v. hroad-, moat-, oadal-, road-, etc.) theils in den gl. ker. z. b. moat, ploat, ploamo, poah, hroam, ploaƷu (ſacrifico) foakit (fuagit) etc. vgl. gl. doc. 214. ſoana (judicium). Die beſtimmte mundart will ich aber nicht örtlich anweiſen; lieber halte ich oa für etwas alterthümlicher als ua, was auch zu dem urſprung aus oo (ô) ſtimmt.
(OE. OI) ſind keine alth. diphthongen ***); zuweilen ſtoßen die vocale ô und ê, e, oder i, als zweiſilbiger
*) Warum nicht îu? da er ſonſt îe, îo, ûo ſchreibt? ſind ihm îe, îo, ûo undiphthongiſcher als éi, óu, íu?
**) Einzelne ſpuren des früheien iu ſt. û in giriuno (clam, ſuſurrando) O. I. 19, 18. I. 27, 70.
***) To[i]f (baptiſma) oiga (oculus) hoibet (caput) toigen (my- ſterium) erloibet, ſämmtlich bei W. halte ich für falſche
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><list><item><pbfacs="#f0135"n="109"/><fwplace="top"type="header">I. <hirendition="#i">althochdeutſche vocale.</hi></fw><lb/>
iú (jam) und íu (vobis), zweckmäßiger jedoch glaube<lb/>
ich beiderlei durch das wiedereingeführte j zu ſon-<lb/>
dern: thju oder thïu (illa) thiu (illo) thiu (virgo)<lb/>
ju (jam) iu (vobis). Wie thiu iſt hiu der inſtr., da-<lb/>
her bei O. richtig híutu (hodie) accentuiert wird. N.<lb/>ſchreibt den eigentlichen diphth. gleichfalls: <hirendition="#i">íu</hi><noteplace="foot"n="*)">Warum nicht <hirendition="#i">îu</hi>? da er ſonſt îe, îo, ûo ſchreibt? ſind<lb/>
ihm îe, îo, ûo undiphthongiſcher als éi, óu, íu?</note>, ju<lb/>
hingegen <hirendition="#i">iu</hi> [oder betont <hirendition="#i">iú</hi>].</item><lb/><item>3) ſeit N. zeit erhält der eigentliche diphthong <hirendition="#i">iu</hi> eine<lb/>
erweiterung, indem er auch, wiewohl ſchwankend,<lb/>
als umlaut des û zu gelten anhebt, vgl. chrût pl.<lb/>
chriuter; brût gen. briute. Dieſer umlaut lautet auch<lb/>ſpäterhin ganz wie die übrigen fälle des mittelh. <hirendition="#i">iu</hi><lb/>
oder neuh. <hirendition="#i">eu</hi> und unſtreitig hätte er, wäre er be-<lb/>
reits im 8. 9ten jahrh. vorhanden geweſen, mit dem-<lb/>ſelben <hirendition="#i">iu</hi> ausgedrückt werden können <noteplace="foot"n="**)">Einzelne ſpuren des früheien <hirendition="#i">iu</hi>ſt. <hirendition="#i">û</hi> in giriuno (clam,<lb/>ſuſurrando) O. I. 19, 18. I. 27, 70.</note>. Wer folg-<lb/>
lich die anſicht vertheidigen will, daß ein alth. um-<lb/>
laut des û ſo gut vor N. als nachher beſtanden habe,<lb/>
muß aufſtellen, das umgelautete û habe früherhin<lb/>
nicht <hirendition="#i">iu</hi>ſondern verſchieden gelautet, was mir we-<lb/>
nig wahrſcheinlich vorkommt, zu geſchweigen daß<lb/>ſich der laut gar nicht wird angeben laßen. Und ſelbſt<lb/>
das ſchwanken bei N., der neben chriuter auch noch<lb/>
chrûter ſchreibt, redet für das damahlige ausbrechen<lb/>
eines noch unſicheren umlauts.</item><lb/><item>4) vom übergang des <hirendition="#i">iu</hi> in <hirendition="#i">iw</hi> oder <hirendition="#i">iuw</hi> unten bei dem<lb/>
conſ. <hirendition="#i">w</hi>. —</item></list><lb/><p>(OA) nicht gemeinalth. ſondern mundartiſch für<lb/><hirendition="#i">ua</hi>, man ſuche es theils in alemann. urkundlichen ei-<lb/>
gennamen (Neugart v. hroad-, moat-, oadal-, road-,<lb/>
etc.) theils in den gl. ker. z. b. moat, ploat, ploamo,<lb/>
poah, hroam, ploaƷu (ſacrifico) foakit (fuagit) etc. vgl.<lb/>
gl. doc. 214. ſoana (judicium). Die beſtimmte mundart<lb/>
will ich aber nicht örtlich anweiſen; lieber halte ich<lb/><hirendition="#i">oa</hi> für etwas alterthümlicher als <hirendition="#i">ua</hi>, was auch zu dem<lb/>
urſprung aus <hirendition="#i">oo</hi> (ô) ſtimmt.</p><lb/><p>(OE. OI) ſind keine alth. diphthongen <notexml:id="note-0135"next="#note-0136"place="foot"n="***)">To<supplied>i</supplied>f (baptiſma) oiga (oculus) hoibet (caput) toigen (my-<lb/>ſterium) erloibet, ſämmtlich bei W. halte ich für falſche</note>; zuweilen<lb/>ſtoßen die vocale ô und ê, e, oder i, als zweiſilbiger<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[109/0135]
I. althochdeutſche vocale.
iú (jam) und íu (vobis), zweckmäßiger jedoch glaube
ich beiderlei durch das wiedereingeführte j zu ſon-
dern: thju oder thïu (illa) thiu (illo) thiu (virgo)
ju (jam) iu (vobis). Wie thiu iſt hiu der inſtr., da-
her bei O. richtig híutu (hodie) accentuiert wird. N.
ſchreibt den eigentlichen diphth. gleichfalls: íu *), ju
hingegen iu [oder betont iú].
3) ſeit N. zeit erhält der eigentliche diphthong iu eine
erweiterung, indem er auch, wiewohl ſchwankend,
als umlaut des û zu gelten anhebt, vgl. chrût pl.
chriuter; brût gen. briute. Dieſer umlaut lautet auch
ſpäterhin ganz wie die übrigen fälle des mittelh. iu
oder neuh. eu und unſtreitig hätte er, wäre er be-
reits im 8. 9ten jahrh. vorhanden geweſen, mit dem-
ſelben iu ausgedrückt werden können **). Wer folg-
lich die anſicht vertheidigen will, daß ein alth. um-
laut des û ſo gut vor N. als nachher beſtanden habe,
muß aufſtellen, das umgelautete û habe früherhin
nicht iu ſondern verſchieden gelautet, was mir we-
nig wahrſcheinlich vorkommt, zu geſchweigen daß
ſich der laut gar nicht wird angeben laßen. Und ſelbſt
das ſchwanken bei N., der neben chriuter auch noch
chrûter ſchreibt, redet für das damahlige ausbrechen
eines noch unſicheren umlauts.
4) vom übergang des iu in iw oder iuw unten bei dem
conſ. w. —
(OA) nicht gemeinalth. ſondern mundartiſch für
ua, man ſuche es theils in alemann. urkundlichen ei-
gennamen (Neugart v. hroad-, moat-, oadal-, road-,
etc.) theils in den gl. ker. z. b. moat, ploat, ploamo,
poah, hroam, ploaƷu (ſacrifico) foakit (fuagit) etc. vgl.
gl. doc. 214. ſoana (judicium). Die beſtimmte mundart
will ich aber nicht örtlich anweiſen; lieber halte ich
oa für etwas alterthümlicher als ua, was auch zu dem
urſprung aus oo (ô) ſtimmt.
(OE. OI) ſind keine alth. diphthongen ***); zuweilen
ſtoßen die vocale ô und ê, e, oder i, als zweiſilbiger
*) Warum nicht îu? da er ſonſt îe, îo, ûo ſchreibt? ſind
ihm îe, îo, ûo undiphthongiſcher als éi, óu, íu?
**) Einzelne ſpuren des früheien iu ſt. û in giriuno (clam,
ſuſurrando) O. I. 19, 18. I. 27, 70.
***) Toif (baptiſma) oiga (oculus) hoibet (caput) toigen (my-
ſterium) erloibet, ſämmtlich bei W. halte ich für falſche
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/135>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.