Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.I. mittelhochdeutsche vocale. Rudolf in der weltchr. (kön. hs. 29a) reimt eindunkles on: lon, vielleicht das gr. on (ens)? gewiß deutsch ist bor (superbia) Wilh. 2, 139a, dem auch das umlautende erboeren (insurgere) enboeren (efferre se) pa- rallel steht, aber die ableitung von bern, bar, geborn würde ein kurzes o rechtfertigen und wirklich steht das adv. enbor und subst. urbor im reim: vor, hor, tor (Trist. 32b 38a troj. 9b 23b etc.); tor (stultus); losen (frau- dulenter agere); rot (neutr. ferrum, catena Wilh. 1, 30b vgl. 37b und troj. 1395. geroetet, geschmiedet) sot (Barl. 402. puteus, könnte aber auch aestus, qualm seyn, das goth. sauds, thusia, wobei Ulphilas wohl an brennen, sieden dachte; auf allen fall stammt sot von sieden, fervere, ebullire, und sot, puteus, angels. seadh, scheint eigent- lich das warme waßer, worin man sott) lot (plumbum, pondus) schote (Georg 47a? recrementum, res abjecta, vgl. das nord. skaud und goth. skauda-raip, elender rieme, da im gr. imas bloß raip, lorum liegt; Boner. 81, 38. vielleicht schoter zu lesen?); die subst. aneboß (incus) loß (sors) genoß (comes) floß (cursus aquae) schoß (gremium) geschoß (telum) doß (sonitus) kloß (globus) koß (garritus avium Ben. 152.) stoß (pulsus) goß (Trist. 122c 124a junctura columnarum) trunkenboße (ebrius); die adj. groß, bloß; kosen (blandiri) rost (craticula) floch, pl. fluhen; zoch, pl. zugen; hoch, gen. hohes; loch dat. lohe (pratum, nemus) M. S. 2, 109b. -- Folgende auslaute: ho, lo mit apocopiertem h. für hoch, loch; stro (stramen) dro (minae) vro (laetus) ro (crudus) mit apocopiertem w oder u für strou oder strouw etc. wie sich aus den umlautenden ableitungen ströuwen, vröu- wen, dröuwen folgert. In so, also, o, do, zwo ist der dehulaut, wie oben s. 96, 5. zu erläutern, zuweiten zeigt sich ein solches o noch in der endung -ot, vgl. mauot: tot (Georg 37a): not (Wig. 13a) verserot: not (Bit 97a) etc., desgl. -ost, trost: vorderost (Bit. 113a). In erdrot (a. Heinr. 205a): not; gedrot: brot (freig. 8b) steht o für ou (gedrout, und dies f. gedrönwet). Sehr selten reimt das auslautende o auf uo, vgl. do (tum): fruo (Nib. 7355. Parc. 40b): zuo (Nib. 7311. klage 137b) und zwo: zuo (Parc. 56a Wilh. 2, 155a) so: zuo (troj. 27a) gleich als ob es duo, zwuo, suo gelautet hätte (gerade wie die alth. ausnahmen, oben s. 96.) denn die annahme eines übergangs der gegenreime in fro, zo wäre unhoch- deutsch. -- Beisp. des o in fremden wörtern: don (so- nus) tron (thronus) krone. sone (n. fl.) persone. patrone. I. mittelhochdeutſche vocale. Rudolf in der weltchr. (kön. hſ. 29a) reimt eindunkles ôn: lôn, vielleicht das gr. ὢν (ens)? gewiß deutſch iſt bôr (ſuperbia) Wilh. 2, 139a, dem auch das umlautende erbœren (inſurgere) enbœren (efferre ſe) pa- rallel ſteht, aber die ableitung von bërn, bar, geborn würde ein kurzes o rechtfertigen und wirklich ſteht das adv. enbor und ſubſt. urbor im reim: vor, hor, tor (Triſt. 32b 38a troj. 9b 23b etc.); tôr (ſtultus); lôſen (frau- dulenter agere); rôt (neutr. ferrum, catena Wilh. 1, 30b vgl. 37b und troj. 1395. gerœtet, geſchmiedet) ſôt (Barl. 402. puteus, könnte aber auch aeſtus, qualm ſeyn, das goth. ſáuds, θυσία, wobei Ulphilas wohl an brennen, ſieden dachte; auf allen fall ſtammt ſôt von ſieden, fervere, ebullire, und ſôt, puteus, angelſ. ſeadh, ſcheint eigent- lich das warme waßer, worin man ſott) lôt (plumbum, pondus) ſchôte (Georg 47a? recrementum, res abjecta, vgl. das nord. ſkaud und goth. ſkáuda-ráip, elender rieme, da im gr. ἱμὰς bloß ráip, lorum liegt; Boner. 81, 38. vielleicht ſchôter zu leſen?); die ſubſt. anebôƷ (incus) lôƷ (ſors) genôƷ (comes) flôƷ (curſus aquae) ſchôƷ (gremium) geſchôƷ (telum) dôƷ (ſonitus) klôƷ (globus) kôƷ (garritus avium Ben. 152.) ſtôƷ (pulſus) gôƷ (Triſt. 122c 124a junctura columnarum) trunkenbôƷe (ebrius); die adj. grôƷ, blôƷ; kôſen (blandiri) rôſt (craticula) flôch, pl. fluhen; zôch, pl. zugen; hôch, gen. hôhes; lôch dat. lôhe (pratum, nemus) M. S. 2, 109b. — Folgende auslaute: hô, lô mit apocopiertem h. für hôch, lôch; ſtrô (ſtramen) drô (minae) vrô (laetus) rô (crudus) mit apocopiertem w oder u für ſtrou oder ſtrouw etc. wie ſich aus den umlautenden ableitungen ſtröuwen, vröu- wen, dröuwen folgert. In ſô, alſô, ô, dô, zwô iſt der dehulaut, wie oben ſ. 96, 5. zu erläutern, zuweiten zeigt ſich ein ſolches ô noch in der endung -ôt, vgl. mâuôt: tôt (Georg 37a): nôt (Wig. 13a) verſêrôt: nôt (Bit 97a) etc., desgl. -ôſt, trôſt: vorderôſt (Bit. 113a). In erdrôt (a. Heinr. 205a): nôt; gedrôt: brôt (frîg. 8b) ſteht ô für ou (gedrout, und dies f. gedrönwet). Sehr ſelten reimt das auslautende ô auf uo, vgl. dô (tum): fruo (Nib. 7355. Parc. 40b): zuo (Nib. 7311. klage 137b) und zwô: zuo (Parc. 56a Wilh. 2, 155a) ſô: zuo (troj. 27a) gleich als ob es duo, zwuo, ſuo gelautet hätte (gerade wie die alth. ausnahmen, oben ſ. 96.) denn die annahme eines übergangs der gegenreime in frô, zô wäre unhoch- deutſch. — Beiſp. des ô in fremden wörtern: dôn (ſo- nus) trôn (thronus) krône. ſône (n. fl.) përſône. patrône. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0372" n="346"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">mittelhochdeutſche vocale.</hi></fw><lb/> Rudolf in der weltchr. (kön. hſ. 29<hi rendition="#sup">a</hi>) reimt ein<lb/> dunkles ôn: lôn, vielleicht das gr. <hi rendition="#i">ὢν</hi> (ens)? gewiß<lb/> deutſch iſt bôr (ſuperbia) Wilh. 2, 139<hi rendition="#sup">a</hi>, dem auch das<lb/> umlautende erbœren (inſurgere) enbœren (efferre ſe) pa-<lb/> rallel ſteht, aber die ableitung von bërn, bar, geborn<lb/> würde ein kurzes o rechtfertigen und wirklich ſteht das<lb/> adv. enbor und ſubſt. urbor im reim: vor, hor, tor<lb/> (Triſt. 32<hi rendition="#sup">b</hi> 38<hi rendition="#sup">a</hi> troj. 9<hi rendition="#sup">b</hi> 23<hi rendition="#sup">b</hi> etc.); tôr (ſtultus); lôſen (frau-<lb/> dulenter agere); rôt (neutr. ferrum, catena Wilh. 1, 30<hi rendition="#sup">b</hi><lb/> vgl. 37<hi rendition="#sup">b</hi> und troj. 1395. gerœtet, geſchmiedet) ſôt (Barl.<lb/> 402. puteus, könnte aber auch aeſtus, qualm ſeyn, das goth.<lb/> ſáuds, <hi rendition="#i">θυσία</hi>, wobei Ulphilas wohl an brennen, ſieden<lb/> dachte; auf allen fall ſtammt ſôt von ſieden, fervere,<lb/> ebullire, und ſôt, puteus, angelſ. ſeadh, ſcheint eigent-<lb/> lich das warme waßer, worin man ſott) lôt (plumbum,<lb/> pondus) ſchôte (Georg 47<hi rendition="#sup">a</hi>? recrementum, res abjecta,<lb/> vgl. das nord. ſkaud und goth. ſkáuda-ráip, elender<lb/> rieme, da im gr. <hi rendition="#i">ἱμὰς</hi> bloß ráip, lorum liegt; Boner.<lb/> 81, 38. vielleicht ſchôter zu leſen?); die ſubſt. anebôƷ<lb/> (incus) lôƷ (ſors) genôƷ (comes) flôƷ (curſus aquae)<lb/> ſchôƷ (gremium) geſchôƷ (telum) dôƷ (ſonitus) klôƷ<lb/> (globus) kôƷ (garritus avium Ben. 152.) ſtôƷ (pulſus)<lb/> gôƷ (Triſt. 122<hi rendition="#sup">c</hi> 124<hi rendition="#sup">a</hi> junctura columnarum) trunkenbôƷe<lb/> (ebrius); die adj. grôƷ, blôƷ; kôſen (blandiri) rôſt<lb/> (craticula) flôch, pl. fluhen; zôch, pl. zugen; hôch, gen.<lb/> hôhes; lôch dat. lôhe (pratum, nemus) M. S. 2, 109<hi rendition="#sup">b</hi>. —<lb/> Folgende auslaute: hô, lô mit apocopiertem h. für hôch,<lb/> lôch; ſtrô (ſtramen) drô (minae) vrô (laetus) rô (crudus)<lb/> mit apocopiertem w oder u für ſtrou oder ſtrouw etc.<lb/> wie ſich aus den umlautenden ableitungen ſtröuwen, vröu-<lb/> wen, dröuwen folgert. In ſô, alſô, ô, dô, zwô iſt der<lb/> dehulaut, wie oben ſ. 96, 5. zu erläutern, zuweiten zeigt<lb/> ſich ein ſolches ô noch in der endung -ôt, vgl. mâuôt:<lb/> tôt (Georg 37<hi rendition="#sup">a</hi>): nôt (Wig. 13<hi rendition="#sup">a</hi>) verſêrôt: nôt (Bit 97<hi rendition="#sup">a</hi>) etc.,<lb/> desgl. -ôſt, trôſt: vorderôſt (Bit. 113<hi rendition="#sup">a</hi>). In erdrôt (a.<lb/> Heinr. 205<hi rendition="#sup">a</hi>): nôt; gedrôt: brôt (frîg. 8<hi rendition="#sup">b</hi>) ſteht ô für ou<lb/> (gedrout, und dies f. gedrönwet). Sehr ſelten reimt das<lb/> auslautende ô auf uo, vgl. dô (tum): fruo (Nib. 7355.<lb/> Parc. 40<hi rendition="#sup">b</hi>): zuo (Nib. 7311. klage 137<hi rendition="#sup">b</hi>) und zwô:<lb/> zuo (Parc. 56<hi rendition="#sup">a</hi> Wilh. 2, 155<hi rendition="#sup">a</hi>) ſô: zuo (troj. 27<hi rendition="#sup">a</hi>) gleich<lb/> als ob es duo, zwuo, ſuo gelautet hätte (gerade wie die<lb/> alth. ausnahmen, oben ſ. 96.) denn die annahme eines<lb/> übergangs der gegenreime in frô, zô wäre unhoch-<lb/> deutſch. — Beiſp. des ô in fremden wörtern: dôn (ſo-<lb/> nus) trôn (thronus) krône. ſône (n. fl.) përſône. patrône.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [346/0372]
I. mittelhochdeutſche vocale.
Rudolf in der weltchr. (kön. hſ. 29a) reimt ein
dunkles ôn: lôn, vielleicht das gr. ὢν (ens)? gewiß
deutſch iſt bôr (ſuperbia) Wilh. 2, 139a, dem auch das
umlautende erbœren (inſurgere) enbœren (efferre ſe) pa-
rallel ſteht, aber die ableitung von bërn, bar, geborn
würde ein kurzes o rechtfertigen und wirklich ſteht das
adv. enbor und ſubſt. urbor im reim: vor, hor, tor
(Triſt. 32b 38a troj. 9b 23b etc.); tôr (ſtultus); lôſen (frau-
dulenter agere); rôt (neutr. ferrum, catena Wilh. 1, 30b
vgl. 37b und troj. 1395. gerœtet, geſchmiedet) ſôt (Barl.
402. puteus, könnte aber auch aeſtus, qualm ſeyn, das goth.
ſáuds, θυσία, wobei Ulphilas wohl an brennen, ſieden
dachte; auf allen fall ſtammt ſôt von ſieden, fervere,
ebullire, und ſôt, puteus, angelſ. ſeadh, ſcheint eigent-
lich das warme waßer, worin man ſott) lôt (plumbum,
pondus) ſchôte (Georg 47a? recrementum, res abjecta,
vgl. das nord. ſkaud und goth. ſkáuda-ráip, elender
rieme, da im gr. ἱμὰς bloß ráip, lorum liegt; Boner.
81, 38. vielleicht ſchôter zu leſen?); die ſubſt. anebôƷ
(incus) lôƷ (ſors) genôƷ (comes) flôƷ (curſus aquae)
ſchôƷ (gremium) geſchôƷ (telum) dôƷ (ſonitus) klôƷ
(globus) kôƷ (garritus avium Ben. 152.) ſtôƷ (pulſus)
gôƷ (Triſt. 122c 124a junctura columnarum) trunkenbôƷe
(ebrius); die adj. grôƷ, blôƷ; kôſen (blandiri) rôſt
(craticula) flôch, pl. fluhen; zôch, pl. zugen; hôch, gen.
hôhes; lôch dat. lôhe (pratum, nemus) M. S. 2, 109b. —
Folgende auslaute: hô, lô mit apocopiertem h. für hôch,
lôch; ſtrô (ſtramen) drô (minae) vrô (laetus) rô (crudus)
mit apocopiertem w oder u für ſtrou oder ſtrouw etc.
wie ſich aus den umlautenden ableitungen ſtröuwen, vröu-
wen, dröuwen folgert. In ſô, alſô, ô, dô, zwô iſt der
dehulaut, wie oben ſ. 96, 5. zu erläutern, zuweiten zeigt
ſich ein ſolches ô noch in der endung -ôt, vgl. mâuôt:
tôt (Georg 37a): nôt (Wig. 13a) verſêrôt: nôt (Bit 97a) etc.,
desgl. -ôſt, trôſt: vorderôſt (Bit. 113a). In erdrôt (a.
Heinr. 205a): nôt; gedrôt: brôt (frîg. 8b) ſteht ô für ou
(gedrout, und dies f. gedrönwet). Sehr ſelten reimt das
auslautende ô auf uo, vgl. dô (tum): fruo (Nib. 7355.
Parc. 40b): zuo (Nib. 7311. klage 137b) und zwô:
zuo (Parc. 56a Wilh. 2, 155a) ſô: zuo (troj. 27a) gleich
als ob es duo, zwuo, ſuo gelautet hätte (gerade wie die
alth. ausnahmen, oben ſ. 96.) denn die annahme eines
übergangs der gegenreime in frô, zô wäre unhoch-
deutſch. — Beiſp. des ô in fremden wörtern: dôn (ſo-
nus) trôn (thronus) krône. ſône (n. fl.) përſône. patrône.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |