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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelhochdeutsche consonanten. labiales.
vorhin s. 398. Fremde wörter haben es st. p oder ph,
vgl. pfeffer (piper) gaffer (st. gafer) d. i. caphora, cam-
phora, saffer (saphyrus) etc. -- v und w geminieren nicht.

labialverbindungen; anlautende: pl. pr (nur in frem-
den wörtern) bl. br (häufig) pfl. pfr. pfn *) nur pfnast
(fremitus Parc. 138b) pfnasen (Wilh. 1, 94b) pfnust (sin-
gultus) pfnurren (Oberlin h. v.) fl. fr (oder vl. vr) kein
wl. wr. Das ps. fremder wörter gleichfalls in s. verein-
facht. -- In- und auslautende (fs) chefse, refsen (Barl.)
trefs (zizania) auch wohl lefse und wefse, welche selten
vorkommen (lefse:kefse Wilh. 3, 147b cass.) -- (ft) af-
ter. graft (fossa) haft. schaft (hasta) geschaft. kraft. fri-
untscaft. stift. trift. begrift (complexus Parc. 97c) inwift
(favus. Lohengr. 191.) gift. niftel. oft. louft (cursus)
luft. tuft. gruft oder kruft (Parc. 111b troj. 44a) guft
(superbia) klust. ruoft. wuoft (clamor) siuften (ingemis-
cere). Hierbei zu merken 1) ft. entspringt theils aus
wurzelhaftem f (schaft, grift, louft, wuoft, ruoft aus
schaffen, greifen, loufen, wuofen, ruofen) theils aus b
(schrift, wift, trift, gift, kluft aus schreiben, weben,
treiben, geben, klieben) theils aus v (vgl. niftel mit
neve, zwelfte mit zwelve). In beiden letztern fällen
steht also f unorganisch, gerade wie das nord. pt. un-
organisch für ft (s. 313. 314). Einzelne wörter laßen
noch unentschieden, ob ihrer wurzel f oder b gebühre,
z. b. luft, tuft, stift. 2) einzelne schwanken der zeit
und dem dialect nach zwischen f und ft. Alth. galt
allgemein -scaf, scaffi und so noch im 12. jahrh. -scaf,
sceffe, im 13. jahrh. reinmittelh. allgemein -schaft,
schefte (nur die ans niederd. grenzenden, wie Herbort,
haben noch riterschaf, geselleschaf:traf); hingegen gilt
durchaus saf st. des neuh. saft. Wolfr. Reinbot etc.
sagen louft (Parc. 176b 177a Wilh. 2, 195a Georg 46a)
Conrad aber noch louf (troj. 89c 161c schwanr. 955);
wuoft:ruoft Trist. 39c wuofte Wilh. 1, 19b ruft, wuft:
luft Lohengr. 110. Docen misc. 1, 123; Wolfr. braucht
aber ruof (Wilh. 2, 9b 31b) ebenso Conrad, Nib. Klage
u. Bit. haben wuof, ruof. Für guft zeigt sich Nib.
6230. (s. gall.) guf und wif (M. S. 2, 71b tela, sodann
adumbratio, conceptio) scheint einerlei mit wift. 3)

*) Oben s. 149. fn nachzutragen, nämlich fnarton (anhelare)
fnehan, fnah (anhelare) fnescezen (singultire) fnoton (con-
quassare).

I. mittelhochdeutſche conſonanten. labiales.
vorhin ſ. 398. Fremde wörter haben es ſt. p oder ph,
vgl. pfëffer (piper) gaffer (ſt. gâfer) d. i. caphora, cam-
phora, ſaffer (ſaphyrus) etc. — v und w geminieren nicht.

labialverbindungen; anlautende: pl. pr (nur in frem-
den wörtern) bl. br (häufig) pfl. pfr. pfn *) nur pfnaſt
(fremitus Parc. 138b) pfnâſen (Wilh. 1, 94b) pfnuſt (ſin-
gultus) pfnurren (Oberlin h. v.) fl. fr (oder vl. vr) kein
wl. wr. Das pſ. fremder wörter gleichfalls in ſ. verein-
facht. — In- und auslautende (fſ) chefſe, refſen (Barl.)
trëfs (zizania) auch wohl lëfſe und wëfſe, welche ſelten
vorkommen (lëfſe:kefſe Wilh. 3, 147b caſſ.) — (ft) af-
ter. graft (foſſa) haft. ſchaft (haſta) geſchaft. kraft. fri-
untſcaft. ſtift. trift. begrift (complexus Parc. 97c) inwift
(favus. Lohengr. 191.) gift. niftel. oft. louft (curſus)
luft. tuft. gruft oder kruft (Parc. 111b troj. 44a) guft
(ſuperbia) kluſt. ruoft. wuoft (clamor) ſiuften (ingemiſ-
cere). Hierbei zu merken 1) ft. entſpringt theils aus
wurzelhaftem f (ſchaft, grift, louft, wuoft, ruoft aus
ſchaffen, grîfen, loufen, wuofen, ruofen) theils aus b
(ſchrift, wift, trift, gift, kluft aus ſchrîben, wëben,
trîben, gëben, klieben) theils aus v (vgl. niftel mit
nëve, zwelfte mit zwelve). In beiden letztern fällen
ſteht alſo f unorganiſch, gerade wie das nord. pt. un-
organiſch für ft (ſ. 313. 314). Einzelne wörter laßen
noch unentſchieden, ob ihrer wurzel f oder b gebühre,
z. b. luft, tuft, ſtift. 2) einzelne ſchwanken der zeit
und dem dialect nach zwiſchen f und ft. Alth. galt
allgemein -ſcaf, ſcaffi und ſo noch im 12. jahrh. -ſcaf,
ſceffe, im 13. jahrh. reinmittelh. allgemein -ſchaft,
ſchefte (nur die ans niederd. grenzenden, wie Herbort,
haben noch riterſchaf, geſelleſchaf:traf); hingegen gilt
durchaus ſaf ſt. des neuh. ſaft. Wolfr. Reinbot etc.
ſagen louft (Parc. 176b 177a Wilh. 2, 195a Georg 46a)
Conrad aber noch louf (troj. 89c 161c ſchwanr. 955);
wuoft:ruoft Triſt. 39c wuofte Wilh. 1, 19b ruft, wuft:
luft Lohengr. 110. Docen miſc. 1, 123; Wolfr. braucht
aber ruof (Wilh. 2, 9b 31b) ebenſo Conrad, Nib. Klage
u. Bit. haben wuof, ruof. Für guft zeigt ſich Nib.
6230. (ſ. gall.) guf und wif (M. S. 2, 71b tela, ſodann
adumbratio, conceptio) ſcheint einerlei mit wift. 3)

*) Oben ſ. 149. fn nachzutragen, nämlich fnartôn (anhelare)
fnëhan, fnah (anhelare) fneſcezen (ſingultire) fnotôn (con-
quaſſare).
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[407/0433] I. mittelhochdeutſche conſonanten. labiales. vorhin ſ. 398. Fremde wörter haben es ſt. p oder ph, vgl. pfëffer (piper) gaffer (ſt. gâfer) d. i. caphora, cam- phora, ſaffer (ſaphyrus) etc. — v und w geminieren nicht. labialverbindungen; anlautende: pl. pr (nur in frem- den wörtern) bl. br (häufig) pfl. pfr. pfn *) nur pfnaſt (fremitus Parc. 138b) pfnâſen (Wilh. 1, 94b) pfnuſt (ſin- gultus) pfnurren (Oberlin h. v.) fl. fr (oder vl. vr) kein wl. wr. Das pſ. fremder wörter gleichfalls in ſ. verein- facht. — In- und auslautende (fſ) chefſe, refſen (Barl.) trëfs (zizania) auch wohl lëfſe und wëfſe, welche ſelten vorkommen (lëfſe:kefſe Wilh. 3, 147b caſſ.) — (ft) af- ter. graft (foſſa) haft. ſchaft (haſta) geſchaft. kraft. fri- untſcaft. ſtift. trift. begrift (complexus Parc. 97c) inwift (favus. Lohengr. 191.) gift. niftel. oft. louft (curſus) luft. tuft. gruft oder kruft (Parc. 111b troj. 44a) guft (ſuperbia) kluſt. ruoft. wuoft (clamor) ſiuften (ingemiſ- cere). Hierbei zu merken 1) ft. entſpringt theils aus wurzelhaftem f (ſchaft, grift, louft, wuoft, ruoft aus ſchaffen, grîfen, loufen, wuofen, ruofen) theils aus b (ſchrift, wift, trift, gift, kluft aus ſchrîben, wëben, trîben, gëben, klieben) theils aus v (vgl. niftel mit nëve, zwelfte mit zwelve). In beiden letztern fällen ſteht alſo f unorganiſch, gerade wie das nord. pt. un- organiſch für ft (ſ. 313. 314). Einzelne wörter laßen noch unentſchieden, ob ihrer wurzel f oder b gebühre, z. b. luft, tuft, ſtift. 2) einzelne ſchwanken der zeit und dem dialect nach zwiſchen f und ft. Alth. galt allgemein -ſcaf, ſcaffi und ſo noch im 12. jahrh. -ſcaf, ſceffe, im 13. jahrh. reinmittelh. allgemein -ſchaft, ſchefte (nur die ans niederd. grenzenden, wie Herbort, haben noch riterſchaf, geſelleſchaf:traf); hingegen gilt durchaus ſaf ſt. des neuh. ſaft. Wolfr. Reinbot etc. ſagen louft (Parc. 176b 177a Wilh. 2, 195a Georg 46a) Conrad aber noch louf (troj. 89c 161c ſchwanr. 955); wuoft:ruoft Triſt. 39c wuofte Wilh. 1, 19b ruft, wuft: luft Lohengr. 110. Docen miſc. 1, 123; Wolfr. braucht aber ruof (Wilh. 2, 9b 31b) ebenſo Conrad, Nib. Klage u. Bit. haben wuof, ruof. Für guft zeigt ſich Nib. 6230. (ſ. gall.) guf und wif (M. S. 2, 71b tela, ſodann adumbratio, conceptio) ſcheint einerlei mit wift. 3) *) Oben ſ. 149. fn nachzutragen, nämlich fnartôn (anhelare) fnëhan, fnah (anhelare) fneſcezen (ſingultire) fnotôn (con- quaſſare).

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/433>, abgerufen am 22.11.2024.