hals, namo, tamjan, gards, gasts, laggs, alls, avi (?). Doch auch entspricht das lat. (kurze) a, in habere, ta- cere, sal, ager, satur, ratio, tendere, mare, vergl. mit haban, thahan, salt, akrs, saths, rathjo, thanjan, marei. Noch seltner u, kara, cura.
(E) entspricht durchaus nicht demselben zeichen in den übrigen deutschen sprachen, sondern ist stets dop- pellaut; ich führe daher das dehnzeichen dabei ein, welches Ulphilas so wenig hier, als bei andern gedehn- ten vocalen braucht. Für die vergleichende grammatik werden aber die dehnzeichen nothwendig. Der goth. doppellaut folgt 1) aus dem gr. e, dem es in namen und beibehaltenen wörtern gleichgilt, z. b. Iesus (Ie- sous) *) aikklesjo (ekklesia) amen (amen) Moses (Moses). vergl. mena (mene). Die byzant. schreibung gepais (Pro- cop. 3, 1.) pl. gepaides gibt auch ein goth. e zu erkennen. 2) aus dem schwanken in einen andern nahen diph- thongen ei (ee in ei, wo also freilich ein kurzes e), nicht in endungen allein, als: thize und thizei; dale, da- lei Luc. 3, 5. judaie, judaiei Joh. 12, 1.; sondern selbst im ablaut vesun, veisun und in wurzeln: letan, leitan; manaseths, manaseiths; gretan, greitan; speds, speidizo; azetizo, azeitizo; lekeis, leikeis. Seltner der umgekehrte fall, wo ei ursprünglicher scheint, in veihs (vicus) und vehs (Marc. 8, 27.) **) 3) aus dem analogen a ande- rer stämme. 4) aus dem langen lat. e, das in gleichen wörtern dem goth. e und alth. a entspricht, z. b. ec- clesia, semen, mensis (mehr beim alth. a); alev aus oleum deutet auf eine ausnahme von der gewöhnl. cor- reption oleum (Schneider p. 55. 98.) vgl. elaion und oleivum.
*) Bei Junius fälschlich iaisus; die hss. schreiben abgekürzt is. iua. iuis iuis f. iesus, iesuis, iesua.
**) fehlerhaft schiene die vertauschung des e mit dem kurzen i, wenn sie nicht fast zu häufig wäre, vgl. endungen wie spilli st. spille (Tit. 1, 14.); filegri und filigri; und wur- zeln wie: berusjos u. birusjos; svegnitha u. svignitha (Luc. 1, 44.) ja im ablaut qvimi, nimeina st. qvemi, nemeina etc. Sollte hier ausnahmsweise ein langes i aus dem ei ent- sprungen seyn, dessen berührung mit e oben angegeben ist? So steht auch gabigs neben gabeigs, umgekehrt aber drebi (Marc. 5, 10.) st. dribi. Selbst die im text ange- führten goth. eigennamen gibimerus, ricimerus zeigen den wechsel mit i, ariamirus, hildemirus, ricimirus.
I. gothiſche vocale.
hals, namô, tamjan, gards, gaſts, laggs, alls, avi (?). Doch auch entſpricht das lat. (kurze) a, in habere, ta- cere, ſal, ager, ſatur, ratio, tendere, mare, vergl. mit haban, þahan, ſalt, akrs, ſaþs, raþjô, þanjan, marei. Noch ſeltner u, kara, cura.
(E) entſpricht durchaus nicht demſelben zeichen in den übrigen deutſchen ſprachen, ſondern iſt ſtets dop- pellaut; ich führe daher das dehnzeichen dabei ein, welches Ulphilas ſo wenig hier, als bei andern gedehn- ten vocalen braucht. Für die vergleichende grammatik werden aber die dehnzeichen nothwendig. Der goth. doppellaut folgt 1) aus dem gr. η, dem es in namen und beibehaltenen wörtern gleichgilt, z. b. Iêſus (Ἰη- σοῦς) *) aíkklêſjô (ἐκκλησία) amên (ἀμὴν) Môſês (Μωσῆς). vergl. mêna (μῆνη). Die byzant. ſchreibung γήπαις (Pro- cop. 3, 1.) pl. γήπαιδες gibt auch ein goth. ê zu erkennen. 2) aus dem ſchwanken in einen andern nahen diph- thongen ei (ee in ei, wo alſo freilich ein kurzes e), nicht in endungen allein, als: þizê und þizei; dalê, da- lei Luc. 3, 5. judáiê, judáiei Joh. 12, 1.; ſondern ſelbſt im ablaut vêſun, veiſun und in wurzeln: lêtan, leitan; manaſêþs, manaſeiþs; grêtan, greitan; ſpêds, ſpeidizô; azêtizô, azeitizô; lêkeis, leikeis. Seltner der umgekehrte fall, wo ei urſprünglicher ſcheint, in veihs (vicus) und vêhs (Marc. 8, 27.) **) 3) aus dem analogen â ande- rer ſtämme. 4) aus dem langen lat. e, das in gleichen wörtern dem goth. ê und alth. â entſpricht, z. b. ec- clêſia, ſèmen, mènſis (mehr beim alth. â); alêv aus olêum deutet auf eine ausnahme von der gewöhnl. cor- reption oleum (Schneider p. 55. 98.) vgl. ἐλαιον und olîvum.
*) Bei Junius fälſchlich ïaiſus; die hſſ. ſchreiben abgekürzt ïs̅. ïua̅. ïuis̅ ïuis f. ïêſus, ïêſuis, ïêſua.
**) fehlerhaft ſchiene die vertauſchung des ê mit dem kurzen i, wenn ſie nicht faſt zu häufig wäre, vgl. endungen wie ſpilli ſt. ſpillê (Tit. 1, 14.); filêgri und filigri; und wur- zeln wie: bêruſjôs u. biruſjôs; ſvêgniþa u. ſvigniþa (Luc. 1, 44.) ja im ablaut qvimi, nimeina ſt. qvêmi, nêmeina etc. Sollte hier ausnahmsweiſe ein langes ì aus dem ei ent- ſprungen ſeyn, deſſen berührung mit ê oben angegeben iſt? So ſteht auch gabigs neben gabeigs, umgekehrt aber drêbi (Marc. 5, 10.) ſt. dribi. Selbſt die im text ange- führten goth. eigennamen gibimêrus, ricimêrus zeigen den wechſel mit i, ariamirus, hildemirus, ricimirus.
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Noch ſeltner u, kara, cura.
(E) entſpricht durchaus nicht demſelben zeichen in
den übrigen deutſchen ſprachen, ſondern iſt ſtets dop-
pellaut; ich führe daher das dehnzeichen dabei ein,
welches Ulphilas ſo wenig hier, als bei andern gedehn-
ten vocalen braucht. Für die vergleichende grammatik
werden aber die dehnzeichen nothwendig. Der goth.
doppellaut folgt 1) aus dem gr. η, dem es in namen
und beibehaltenen wörtern gleichgilt, z. b. Iêſus (Ἰη-
σοῦς) *) aíkklêſjô (ἐκκλησία) amên (ἀμὴν) Môſês (Μωσῆς).
vergl. mêna (μῆνη). Die byzant. ſchreibung γήπαις (Pro-
cop. 3, 1.) pl. γήπαιδες gibt auch ein goth. ê zu erkennen.
2) aus dem ſchwanken in einen andern nahen diph-
thongen ei (ee in ei, wo alſo freilich ein kurzes e),
nicht in endungen allein, als: þizê und þizei; dalê, da-
lei Luc. 3, 5. judáiê, judáiei Joh. 12, 1.; ſondern ſelbſt
im ablaut vêſun, veiſun und in wurzeln: lêtan, leitan;
manaſêþs, manaſeiþs; grêtan, greitan; ſpêds, ſpeidizô;
azêtizô, azeitizô; lêkeis, leikeis. Seltner der umgekehrte
fall, wo ei urſprünglicher ſcheint, in veihs (vicus) und
vêhs (Marc. 8, 27.) **) 3) aus dem analogen â ande-
rer ſtämme. 4) aus dem langen lat. e, das in gleichen
wörtern dem goth. ê und alth. â entſpricht, z. b. ec-
clêſia, ſèmen, mènſis (mehr beim alth. â); alêv aus
olêum deutet auf eine ausnahme von der gewöhnl. cor-
reption oleum (Schneider p. 55. 98.) vgl. ἐλαιον und
olîvum.
*) Bei Junius fälſchlich ïaiſus; die hſſ. ſchreiben abgekürzt
ïs̅. ïua̅. ïuis̅ ïuis f. ïêſus, ïêſuis, ïêſua.
**) fehlerhaft ſchiene die vertauſchung des ê mit dem kurzen
i, wenn ſie nicht faſt zu häufig wäre, vgl. endungen wie
ſpilli ſt. ſpillê (Tit. 1, 14.); filêgri und filigri; und wur-
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1, 44.) ja im ablaut qvimi, nimeina ſt. qvêmi, nêmeina etc.
Sollte hier ausnahmsweiſe ein langes ì aus dem ei ent-
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iſt? So ſteht auch gabigs neben gabeigs, umgekehrt aber
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/62>, abgerufen am 28.11.2024.
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