II. neuhochd. subst. stark. fem. zw. u. viert. decl.
tonlose e fällt nie im pl., nur im sing. weg und zwar a) nach liq. in: qual, zal, scham, schar, gefar (peric.) pl. qualen, zalen etc. nachtigall, pl. -gallen. b) nach cht: acht (ohne pl.) furcht (ohne pl.) pacht, pracht, schlacht, wacht pl. schlachten, wachten. c) nach au, frau, pl. auen, frauen; mark pl. marken; schuld pl. schul- den. haut (custodia) pein (dolor) ohne pl. u. a. m. d) nach den bildungen -in (statt -inn, mittelh. -inne) und -ung, als: koenigin, freundin, pl. koeniginnen, freundin- nen; ladung, meinung, pl. ladungen etc. -- 2) über- gang einiger wörter aus der vierten hierher, namentlich: eiche, geschichte, blüte, säule, beide letztere mit unorg. umlaut.
Starkes femininum. zweite declination.
alle historisch hierher bezüglichen wörter (z. b. güte, süße, roete, länge, breite, menge und viele solche) fal- len völlig zur ersten decl. d. h. sie machen die casus sg. gleich; allein ermangeln meist des plur., welcher inzwi- schen, wenn er bisweilen gewagt wird, ebenfalls schwache form annimmt, z. b. mengen (multitudines).
Anmerkungen: 1) entspringen dergleichen fem. aus zweisilb. adj. auf -el, -en, -er; so sollten sie das stumme e abwerfen, folglich: dunkel (caligo) eben (planities) bitter (amaritudo) lauten. Weil sie sich dann aber nicht von den adj. unterschieden, stoßen sie lieber das e vor der liq. aus und behalten das hintere: dunkle, ebne, beittre. Fehlerhaft scheint mir ebene, beittere (doch vgl. die neuh. adj. decl.). Auch säure (nicht säuere) steht für säuer (mittelh. siure, wie gemäuer = gemiure). -- 2) wo in umlautbaren wörtern umlaut fehlt, nament- lich in kunde, taufe (alth. chundei, toufei) scheint schon im mittelh. künde, töufe mit kunde, toufe abgewech- selt zu haben. huld (mittelh. hulde, nicht hülde) legt das e ab.
Starkes femininum. dritte declination.
mangelt.
Starkes femininum. vierte declination.
beispiel: kraft
pl. kräft-e
kraft
kräft-e
kraft
kräft-en
kraft
kräft-e
befaßt nur noch umlautsfähige wörter: angst. axt. bank. braut. brunst. brust. faust. frucht. gans. gruft. gunst (ohne
II. neuhochd. ſubſt. ſtark. fem. zw. u. viert. decl.
tonloſe e fällt nie im pl., nur im ſing. weg und zwar a) nach liq. in: quâl, zâl, ſchâm, ſchâr, gefâr (peric.) pl. quâlen, zâlen etc. nachtigall, pl. -gallen. b) nach cht: acht (ohne pl.) furcht (ohne pl.) pacht, pracht, ſchlacht, wacht pl. ſchlachten, wachten. c) nach au, frau, pl. auen, frauen; mark pl. marken; ſchuld pl. ſchul- den. hût (cuſtodia) pein (dolor) ohne pl. u. a. m. d) nach den bildungen -in (ſtatt -inn, mittelh. -inne) und -ung, als: kœnigin, freundin, pl. kœniginnen, freundin- nen; lâdung, meinung, pl. lâdungen etc. — 2) über- gang einiger wörter aus der vierten hierher, namentlich: eiche, geſchichte, bluͤte, ſäule, beide letztere mit unorg. umlaut.
Starkes femininum. zweite declination.
alle hiſtoriſch hierher bezüglichen wörter (z. b. guͤte, ſuͤße, rœte, länge, breite, menge und viele ſolche) fal- len völlig zur erſten decl. d. h. ſie machen die caſus ſg. gleich; allein ermangeln meiſt des plur., welcher inzwi- ſchen, wenn er bisweilen gewagt wird, ebenfalls ſchwache form annimmt, z. b. mengen (multitudines).
Anmerkungen: 1) entſpringen dergleichen fem. aus zweiſilb. adj. auf -el, -en, -er; ſo ſollten ſie das ſtumme e abwerfen, folglich: dunkel (caligo) êben (planities) bitter (amaritudo) lauten. Weil ſie ſich dann aber nicht von den adj. unterſchieden, ſtoßen ſie lieber das e vor der liq. aus und behalten das hintere: dunkle, êbne, bîttre. Fehlerhaft ſcheint mir êbene, bîttere (doch vgl. die neuh. adj. decl.). Auch ſäure (nicht ſäuere) ſteht für ſäuer (mittelh. ſiure, wie gemäuer = gemiure). — 2) wo in umlautbaren wörtern umlaut fehlt, nament- lich in kunde, taufe (alth. chundî, toufî) ſcheint ſchon im mittelh. künde, töufe mit kunde, toufe abgewech- ſelt zu haben. huld (mittelh. hulde, nicht hülde) legt das e ab.
Starkes femininum. dritte declination.
mangelt.
Starkes femininum. vierte declination.
beiſpiel: kraft
pl. kräft-e
kraft
kräft-e
kraft
kräft-en
kraft
kräft-e
befaßt nur noch umlautsfähige wörter: angſt. axt. bank. braut. brunſt. bruſt. fauſt. frucht. gans. gruft. gunſt (ohne
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II. neuhochd. ſubſt. ſtark. fem. zw. u. viert. decl.
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a) nach liq. in: quâl, zâl, ſchâm, ſchâr, gefâr (peric.)
pl. quâlen, zâlen etc. nachtigall, pl. -gallen. b) nach
cht: acht (ohne pl.) furcht (ohne pl.) pacht, pracht,
ſchlacht, wacht pl. ſchlachten, wachten. c) nach au,
frau, pl. auen, frauen; mark pl. marken; ſchuld pl. ſchul-
den. hût (cuſtodia) pein (dolor) ohne pl. u. a. m. d) nach
den bildungen -in (ſtatt -inn, mittelh. -inne) und
-ung, als: kœnigin, freundin, pl. kœniginnen, freundin-
nen; lâdung, meinung, pl. lâdungen etc. — 2) über-
gang einiger wörter aus der vierten hierher, namentlich:
eiche, geſchichte, bluͤte, ſäule, beide letztere mit unorg.
umlaut.
Starkes femininum. zweite declination.
alle hiſtoriſch hierher bezüglichen wörter (z. b. guͤte,
ſuͤße, rœte, länge, breite, menge und viele ſolche) fal-
len völlig zur erſten decl. d. h. ſie machen die caſus ſg.
gleich; allein ermangeln meiſt des plur., welcher inzwi-
ſchen, wenn er bisweilen gewagt wird, ebenfalls
ſchwache form annimmt, z. b. mengen (multitudines).
Anmerkungen: 1) entſpringen dergleichen fem. aus
zweiſilb. adj. auf -el, -en, -er; ſo ſollten ſie das ſtumme
e abwerfen, folglich: dunkel (caligo) êben (planities)
bitter (amaritudo) lauten. Weil ſie ſich dann aber nicht
von den adj. unterſchieden, ſtoßen ſie lieber das e vor
der liq. aus und behalten das hintere: dunkle, êbne,
bîttre. Fehlerhaft ſcheint mir êbene, bîttere (doch vgl.
die neuh. adj. decl.). Auch ſäure (nicht ſäuere) ſteht
für ſäuer (mittelh. ſiure, wie gemäuer = gemiure). —
2) wo in umlautbaren wörtern umlaut fehlt, nament-
lich in kunde, taufe (alth. chundî, toufî) ſcheint ſchon
im mittelh. künde, töufe mit kunde, toufe abgewech-
ſelt zu haben. huld (mittelh. hulde, nicht hülde) legt
das e ab.
Starkes femininum. dritte declination. mangelt.
Starkes femininum. vierte declination.
beiſpiel: kraft pl. kräft-e
kraft kräft-e
kraft kräft-en
kraft kräft-e
befaßt nur noch umlautsfähige wörter: angſt. axt. bank.
braut. brunſt. bruſt. fauſt. frucht. gans. gruft. gunſt (ohne
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/726>, abgerufen am 22.11.2024.
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