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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. gothische consonanten. labiales.
gifts (desponsatio) wiewohl Luc. 1, 27. die ausnahme
fragibtim. Von diesem ft sogleich mehr. -- Dem goth.
b entspricht das alth. b, so wie dem umlautenden aus-
laut f das alth. p; im nord. b dem goth. anlaut, aber f
beides dem goth. in- und auslaut, letztern also ohne
umlaut. Wieder anderes zeigen die sächs. mundarten.

(F) als anlaut häufig und in den glossaren zu finden;
als inlaut seltner: afar (post) hasjan. lifnan. sifan. lofa.
ufar (super). hufum (ploravimus); nach liquiden: vulfs.
hanfs; vorzüglich vor einem nachstehenden t. als: aftu-
ma. istuma. hvilstri. fimfta. skafts. hafts. gagrests. hliftus.
skufts. numfts. ufta. aufto (gaft, groft, gifts sind vorhin
beim b angeführt). Als auslaut, außer den beim b be-
rührten umlauten gaf, grof; noch in af. uf. fimf und
ohne zweifel in den formen vulf (acc.) hanf (mancum)
auch in den griech. eigennamen. als losef (I'oseph) gen.
Iosefis (nicht Iosebis). -- Das goth, anlautende f steht
dem alth. nord. und sächs. f gleich; bedenklicher sind
die in- und auslaute. Der iniaut ft zwar entspricht
auch im alth. und sächs. dem ft, im nord. aber dem pt.
Die übrigen in- und auslaute f ents[pr]echen dem alth. f
nur dann, wann sie nicht in b rückumlauten. Eine
weitere vergleichende ausführung gehört nicht schon
hierher; hier fragt sich bloß: ob der Gothe zweierlei f
ausgesprochen, wenn schon nur ein zeichen dafür ge-
schrieben habe? Zu erwägen scheint 1) da, nach alth.
regel falls ein umlaut eintritt. im auslaut die tenuis, im
inlaut die media zu stehen pflegt, so fällt im goth. die
auslautende aspirata und innere media auf; doch zeigt
sich im goth. th und d etwas analoges und vom alth. t
und d wieder abweichendes, jene regel kann also hier
nicht gelten. 2) nach der bekannten gr. regel fügen sich
asp. med. und ten. jede zu ihres gleichen, nicht zu
verschiedenartigen. Hierzu scheint das nord. pt beßer
zu stimmen, als das goth. und alth. ft. -- Sollten sich
die zweierlei goth. f so annehmen laßen. daß eins
ein aspiriertes p, das andere ein asp. b wäre? folglich
ph und bh? An und für sich ist einleuchtend, daß eine
vollftändig entwickelte aspiration nicht allein die tenuis,
sondern auch die media treffen müße, bh wäre alsdann
der natürliche umlaut des inneren b in dem auslaut:
hlaibs, acc. hlaibh, womit sich auch das schwanken
zwischen b und f in solchen fällen erklärt. Dieses bh
wird durch das altsächs. b, so wie durch das alt- und

I. gothiſche conſonanten. labiales.
gifts (deſponſatio) wiewohl Luc. 1, 27. die ausnahme
fragibtim. Von dieſem ft ſogleich mehr. — Dem goth.
b entſpricht das alth. b, ſo wie dem umlautenden aus-
laut f das alth. p; im nord. b dem goth. anlaut, aber f
beides dem goth. in- und auslaut, letztern alſo ohne
umlaut. Wieder anderes zeigen die ſächſ. mundarten.

(F) als anlaut häufig und in den gloſſaren zu finden;
als inlaut ſeltner: afar (poſt) haſjan. lifnan. ſifan. lôfa.
ufar (ſuper). hufum (ploravimus); nach liquiden: vulfs.
hanfs; vorzüglich vor einem nachſtehenden t. als: aftu-
ma. iſtuma. hvilſtri. fimfta. ſkafts. hafts. gagrêſts. hliftus.
ſkufts. numfts. ufta. áuftô (gaft, grôft, gifts ſind vorhin
beim b angeführt). Als auslaut, außer den beim b be-
rührten umlauten gaf, grôf; noch in af. uf. fimf und
ohne zweifel in den formen vulf (acc.) hanf (mancum)
auch in den griech. eigennamen. als lôſêf (Ι’ωσὴφ) gen.
Iôſêfis (nicht Iôſèbis). — Das goth, anlautende f ſteht
dem alth. nord. und ſächſ. f gleich; bedenklicher ſind
die in- und auslaute. Der iniaut ft zwar entſpricht
auch im alth. und ſächſ. dem ft, im nord. aber dem pt.
Die übrigen in- und auslaute f entſ[pr]echen dem alth. f
nur dann, wann ſie nicht in b rückumlauten. Eine
weitere vergleichende ausführung gehört nicht ſchon
hierher; hier fragt ſich bloß: ob der Gothe zweierlei f
ausgeſprochen, wenn ſchon nur ein zeichen dafür ge-
ſchrieben habe? Zu erwägen ſcheint 1) da, nach alth.
regel falls ein umlaut eintritt. im auslaut die tenuis, im
inlaut die media zu ſtehen pflegt, ſo fällt im goth. die
auslautende aſpirata und innere media auf; doch zeigt
ſich im goth. þ und d etwas analoges und vom alth. t
und d wieder abweichendes, jene regel kann alſo hier
nicht gelten. 2) nach der bekannten gr. regel fügen ſich
aſp. med. und ten. jede zu ihres gleichen, nicht zu
verſchiedenartigen. Hierzu ſcheint das nord. pt beßer
zu ſtimmen, als das goth. und alth. ft. — Sollten ſich
die zweierlei goth. f ſo annehmen laßen. daß eins
ein aſpiriertes p, das andere ein aſp. b wäre? folglich
ph und bh? An und für ſich iſt einleuchtend, daß eine
vollftändig entwickelte aſpiration nicht allein die tenuis,
ſondern auch die media treffen müße, bh wäre alsdann
der natürliche umlaut des inneren b in dem auslaut:
hláibs, acc. hláibh, womit ſich auch das ſchwanken
zwiſchen b und f in ſolchen fällen erklärt. Dieſes bh
wird durch das altſächſ. ƀ, ſo wie durch das alt- und

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[56/0082] I. gothiſche conſonanten. labiales. gifts (deſponſatio) wiewohl Luc. 1, 27. die ausnahme fragibtim. Von dieſem ft ſogleich mehr. — Dem goth. b entſpricht das alth. b, ſo wie dem umlautenden aus- laut f das alth. p; im nord. b dem goth. anlaut, aber f beides dem goth. in- und auslaut, letztern alſo ohne umlaut. Wieder anderes zeigen die ſächſ. mundarten. (F) als anlaut häufig und in den gloſſaren zu finden; als inlaut ſeltner: afar (poſt) haſjan. lifnan. ſifan. lôfa. ufar (ſuper). hufum (ploravimus); nach liquiden: vulfs. hanfs; vorzüglich vor einem nachſtehenden t. als: aftu- ma. iſtuma. hvilſtri. fimfta. ſkafts. hafts. gagrêſts. hliftus. ſkufts. numfts. ufta. áuftô (gaft, grôft, gifts ſind vorhin beim b angeführt). Als auslaut, außer den beim b be- rührten umlauten gaf, grôf; noch in af. uf. fimf und ohne zweifel in den formen vulf (acc.) hanf (mancum) auch in den griech. eigennamen. als lôſêf (Ι’ωσὴφ) gen. Iôſêfis (nicht Iôſèbis). — Das goth, anlautende f ſteht dem alth. nord. und ſächſ. f gleich; bedenklicher ſind die in- und auslaute. Der iniaut ft zwar entſpricht auch im alth. und ſächſ. dem ft, im nord. aber dem pt. Die übrigen in- und auslaute f entſprechen dem alth. f nur dann, wann ſie nicht in b rückumlauten. Eine weitere vergleichende ausführung gehört nicht ſchon hierher; hier fragt ſich bloß: ob der Gothe zweierlei f ausgeſprochen, wenn ſchon nur ein zeichen dafür ge- ſchrieben habe? Zu erwägen ſcheint 1) da, nach alth. regel falls ein umlaut eintritt. im auslaut die tenuis, im inlaut die media zu ſtehen pflegt, ſo fällt im goth. die auslautende aſpirata und innere media auf; doch zeigt ſich im goth. þ und d etwas analoges und vom alth. t und d wieder abweichendes, jene regel kann alſo hier nicht gelten. 2) nach der bekannten gr. regel fügen ſich aſp. med. und ten. jede zu ihres gleichen, nicht zu verſchiedenartigen. Hierzu ſcheint das nord. pt beßer zu ſtimmen, als das goth. und alth. ft. — Sollten ſich die zweierlei goth. f ſo annehmen laßen. daß eins ein aſpiriertes p, das andere ein aſp. b wäre? folglich ph und bh? An und für ſich iſt einleuchtend, daß eine vollftändig entwickelte aſpiration nicht allein die tenuis, ſondern auch die media treffen müße, bh wäre alsdann der natürliche umlaut des inneren b in dem auslaut: hláibs, acc. hláibh, womit ſich auch das ſchwanken zwiſchen b und f in ſolchen fällen erklärt. Dieſes bh wird durch das altſächſ. ƀ, ſo wie durch das alt- und

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/82>, abgerufen am 26.11.2024.