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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. allg. vergleichung der declination.
-abus; in subst. der drei letzten: mensibus, artubus,
diebus; ausnahmsweise in erster: filiabus etc. (Schn.
p. 25 sqq.) was auf ein filiobus zweiter hinweist; et-
wan entsprang oloes f. illis (Schn. p. 74.) aus oloe-
bus? Litth. pron. und adj. -ms; subst. bloßes -m,
ein früherdeutsches -ms, -mr (s. 808.) bestätigend;
man halte das altn. thrimr, litth. trims zum lat. tri-
bus, da aus habem (habeo) haben (habere) han, aus
-ben im volksmunde häufig -bm, em wird (Schmel-
ler §. 408. 550. 576.). Die deutsche und litth. sprache
warfen von ms = bs das s fort, andere -- b) umge-
kehrt den vordern cons. und behielten -s [gerade wie
beim gen. pl. aus der vollen form die dentsche das
vordere r, die griech. das hintere n behielt]: die lat.
pron. his, eis, illis, istis st. hibus etc. zuweilen queis
f. quibus; adj. und subst. erster und zw. decl.; die gr.
pron. adj. subst. durchgängig -s, in dritter decl. -si,
sin
, (? für -ns, nsi) z. b. trisi (tribus). --
18) diese für unsern zweck ganz obenhin angestellte ver-
gleichung erbringt, daß in allen sprachen desselben
urstamms, wie in der deutschen, nur ein consonanti-
scher typus für die gesammte decl walte, einzelne
abgewichene oder erstumpfte flexionen aber ebenso
auf vollendetere frühere zurückgeleitet werden dürfen.
Das lat. his z. b. auf hibus; bonis auf bonobus, bo-
nabus; der gen. boni, atri auf bonius, atrius (vgl.
alius, solius, neutrius etc.); der nom. boni auf bo-
noes, bonos; der acc. bonos auf bonons, currus auf
curruns, der gen. pl. ducum, legum auf ducerum,
legerum (altlat. wirklich boverum, joverum, lapide-
rum, regerum, nucerum; Schneider p. 171, obschon
einschaltung eines bildungs -er im ganzen worte denk-
bar wäre, boveres st. boves, wie sich sueres f. sues
auch findet; man vgl. das alth. hrindir, sueinir) etc.
Individuelle gewähr leisten solche vermuthungen un-
möglich (oben s. 808. 826.); in der wirklichkeit hat sich
keine sprache weder vollständig noch regelrecht ent-
faltet, und wahrscheinlich werden theoretische bil-
dungen nur durch historischen erweis langsamer
übergänge.
19) unterschiede der geschlechter *) und declinationen
gründen sich auf den vocal. a) vergleichbar dem
*) Zus. fall des männl. und weibl. erfolgt im griech. häufiger
als im deutschen, noch häufiger im lat,; nicht allein de-
II. allg. vergleichung der declination.
-abus; in ſubſt. der drei letzten: menſibus, artubus,
diebus; ausnahmsweiſe in erſter: filiabus etc. (Schn.
p. 25 ſqq.) was auf ein filiobus zweiter hinweiſt; et-
wan entſprang oloes f. illis (Schn. p. 74.) aus oloe-
bus? Litth. pron. und adj. -ms; ſubſt. bloßes -m,
ein früherdeutſches -ms, -mr (ſ. 808.) beſtätigend;
man halte das altn. þrimr, litth. trims zum lat. tri-
bus, da aus habêm (habeo) habên (habere) hân, aus
-ben im volksmunde häufig -bm, em wird (Schmel-
ler §. 408. 550. 576.). Die deutſche und litth. ſprache
warfen von ms = bs das ſ fort, andere — β) umge-
kehrt den vordern conſ. und behielten -s [gerade wie
beim gen. pl. aus der vollen form die dentſche das
vordere r, die griech. das hintere ν behielt]: die lat.
pron. his, eis, illis, iſtis ſt. hibus etc. zuweilen quîs
f. quibus; adj. und ſubſt. erſter und zw. decl.; die gr.
pron. adj. ſubſt. durchgängig -s, in dritter decl. -σι,
σιν
, (? für -νς, νσι) z. b. τρισί (tribus). —
18) dieſe für unſern zweck ganz obenhin angeſtellte ver-
gleichung erbringt, daß in allen ſprachen deſſelben
urſtamms, wie in der deutſchen, nur ein conſonanti-
ſcher typus für die geſammte decl walte, einzelne
abgewichene oder erſtumpfte flexionen aber ebenſo
auf vollendetere frühere zurückgeleitet werden dürfen.
Das lat. his z. b. auf hibus; bonis auf bonobus, bo-
nabus; der gen. boni, atri auf bonius, atrius (vgl.
alius, ſolius, neutrius etc.); der nom. boni auf bo-
noes, bonos; der acc. bonôs auf bonons, currus auf
curruns, der gen. pl. ducum, legum auf ducerum,
legerum (altlat. wirklich boverum, joverum, lapide-
rum, regerum, nucerum; Schneider p. 171, obſchon
einſchaltung eines bildungs -er im ganzen worte denk-
bar wäre, boveres ſt. boves, wie ſich ſueres f. ſues
auch findet; man vgl. das alth. hrindir, ſuînir) etc.
Individuelle gewähr leiſten ſolche vermuthungen un-
möglich (oben ſ. 808. 826.); in der wirklichkeit hat ſich
keine ſprache weder vollſtändig noch regelrecht ent-
faltet, und wahrſcheinlich werden theoretiſche bil-
dungen nur durch hiſtoriſchen erweis langſamer
übergänge.
19) unterſchiede der geſchlechter *) und declinationen
gründen ſich auf den vocal. α) vergleichbar dem
*) Zuſ. fall des männl. und weibl. erfolgt im griech. häufiger
als im deutſchen, noch häufiger im lat,; nicht allein de-
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[829/0855] II. allg. vergleichung der declination. -abus; in ſubſt. der drei letzten: menſibus, artubus, diebus; ausnahmsweiſe in erſter: filiabus etc. (Schn. p. 25 ſqq.) was auf ein filiobus zweiter hinweiſt; et- wan entſprang oloes f. illis (Schn. p. 74.) aus oloe- bus? Litth. pron. und adj. -ms; ſubſt. bloßes -m, ein früherdeutſches -ms, -mr (ſ. 808.) beſtätigend; man halte das altn. þrimr, litth. trims zum lat. tri- bus, da aus habêm (habeo) habên (habere) hân, aus -ben im volksmunde häufig -bm, em wird (Schmel- ler §. 408. 550. 576.). Die deutſche und litth. ſprache warfen von ms = bs das ſ fort, andere — β) umge- kehrt den vordern conſ. und behielten -s [gerade wie beim gen. pl. aus der vollen form die dentſche das vordere r, die griech. das hintere ν behielt]: die lat. pron. his, eis, illis, iſtis ſt. hibus etc. zuweilen quîs f. quibus; adj. und ſubſt. erſter und zw. decl.; die gr. pron. adj. ſubſt. durchgängig -s, in dritter decl. -σι, σιν, (? für -νς, νσι) z. b. τρισί (tribus). — 18) dieſe für unſern zweck ganz obenhin angeſtellte ver- gleichung erbringt, daß in allen ſprachen deſſelben urſtamms, wie in der deutſchen, nur ein conſonanti- ſcher typus für die geſammte decl walte, einzelne abgewichene oder erſtumpfte flexionen aber ebenſo auf vollendetere frühere zurückgeleitet werden dürfen. Das lat. his z. b. auf hibus; bonis auf bonobus, bo- nabus; der gen. boni, atri auf bonius, atrius (vgl. alius, ſolius, neutrius etc.); der nom. boni auf bo- noes, bonos; der acc. bonôs auf bonons, currus auf curruns, der gen. pl. ducum, legum auf ducerum, legerum (altlat. wirklich boverum, joverum, lapide- rum, regerum, nucerum; Schneider p. 171, obſchon einſchaltung eines bildungs -er im ganzen worte denk- bar wäre, boveres ſt. boves, wie ſich ſueres f. ſues auch findet; man vgl. das alth. hrindir, ſuînir) etc. Individuelle gewähr leiſten ſolche vermuthungen un- möglich (oben ſ. 808. 826.); in der wirklichkeit hat ſich keine ſprache weder vollſtändig noch regelrecht ent- faltet, und wahrſcheinlich werden theoretiſche bil- dungen nur durch hiſtoriſchen erweis langſamer übergänge. 19) unterſchiede der geſchlechter *) und declinationen gründen ſich auf den vocal. α) vergleichbar dem *) Zuſ. fall des männl. und weibl. erfolgt im griech. häufiger als im deutſchen, noch häufiger im lat,; nicht allein de-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 829. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/855>, abgerufen am 28.07.2024.