für gitet, bitet, tritet (s. 410.), welches ich wiederum auf die III. sg. praes. starker und erster schwacher be- schränke, mithin weder sat für satet satiat) noch jet (evellitis) f. jetet, noch strit (pugnastis) f stritet zugebe. -- Bei ausstoßung des stummen e in der conjug. sehen wir drei triebfedern wirken, bald die natur der wurzel [ - 1 Zeichen fehlt], bald die der flexionsconsonanz. bald ein nachgefühl ursprüng- licher verschiedenheit des flexionsvocals. Während nach I, r, ohne rücksicht auf letzteren grund alle e aus- fallen, nach d alle haften, erfährt nach andern cons. das e syncope, in so weit es auf einem alth. i, keine, wenn es auf a, u, e, ei beruhte. Manches schwankende werden künftige forschungen näher bestimmen. --
2) das unstumme, tonlose e darf nicht wegfallen, gleichviel welche wurzelconsonanten vorhergehen, oder welche flexionscons. folgen, z. b. malen pingere) ma- lest, malet; gebaren, gebarest, gebaret; meren, merest, meret; vallen, vellest, vellet; vuoren, vuoret; muolen, muolet; halen, halet etc.; wichtige ausnahmen ergibt das praet. schw. conj. --
3) flexionsconsonanten. a) nicht die reinmittelh. sprache, wohl aber die thüringische mundart (s. 387.) schneidet häufig dem infinitiv sein n ab (niemahls der I. pl. praes. oder praet., noch der III. pl. praet.) so daß er bald auf tonloses, bald auf stummes e, zuweilen, wenn auch letzteres abfällt, auf bloße wurzel ausgeht. Das thüringische volk mag schon damahls, wie noch heute [Reinwald idiot. vorr. p. X. Schmeller §. 586.916.], alle inf. ohne n gesprocnen haben; dichter brauchen sie nur im reim und neben der gewöhnlichen form auf -en; außerhalb des reims letztere. Der wartb. krieg und Heinr. v. meisen vaterunser hat viel solcher ge- stumpften inf. vgl. M. S. 2, 13b bevil, 14a spil; misc. 1, 116. meine, 119. var, 121. beite, ste, 122. ste, be- richte, sei, 124. sehe, 125. schalle, 126. ge, valle, 127. breche, kiese, 128. schicke, 129. gewinne, erspar, man (monere, welches also für mane steht, nicht wie die s. 929. bemerkte gleiche form für manen) 135. sei, weiche, 136. wende und in vaterunser verschiedentlich: verste, gesi, muo (vexare st. muon) geschei (evenire) zei (tra- here) bleiche, bediute, triute, steine, lerne etc. immer in beweisenden reimen. Unter den minnesängern: Kr. v. hamle 1, 46b si, ge; Kristan v. lupin 2, 16b meine, 17a sei, 17b tuo, wende, gelinge, meine; Hetzbolt v. weißen se 2, 18a kaffe, geschaffe, bevel, gebueße, 18b twinge,
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II. mittelhochd. conjugation.
für gitet, bitet, tritet (ſ. 410.), welches ich wiederum auf die III. ſg. praeſ. ſtarker und erſter ſchwacher be- ſchränke, mithin weder ſat für ſatet ſatiat) noch jët (evellitis) f. jëtet, noch ſtrit (pugnaſtis) f ſtritet zugebe. — Bei ausſtoßung des ſtummen e in der conjug. ſehen wir drei triebfedern wirken, bald die natur der wurzel [ – 1 Zeichen fehlt], bald die der flexionsconſonanz. bald ein nachgefühl urſprüng- licher verſchiedenheit des flexionsvocals. Während nach I, r, ohne rückſicht auf letzteren grund alle e aus- fallen, nach d alle haften, erfährt nach andern conſ. das e ſyncope, in ſo weit es auf einem alth. i, keine, wenn es auf a, u, ê, î beruhte. Manches ſchwankende werden künftige forſchungen näher beſtimmen. —
2) das unſtumme, tonloſe e darf nicht wegfallen, gleichviel welche wurzelconſonanten vorhergehen, oder welche flexionsconſ. folgen, z. b. mâlen pingere) mâ- leſt, mâlet; gebâren, gebâreſt, gebâret; mêren, mêreſt, mêret; vallen, velleſt, vellet; vuoren, vuoret; muolen, muolet; hâlen, hâlet etc.; wichtige ausnahmen ergibt das praet. ſchw. conj. —
3) flexionsconſonanten. α) nicht die reinmittelh. ſprache, wohl aber die thüringiſche mundart (ſ. 387.) ſchneidet häufig dem infinitiv ſein n ab (niemahls der I. pl. praeſ. oder praet., noch der III. pl. praet.) ſo daß er bald auf tonloſes, bald auf ſtummes e, zuweilen, wenn auch letzteres abfällt, auf bloße wurzel ausgeht. Das thüringiſche volk mag ſchon damahls, wie noch heute [Reinwald idiot. vorr. p. X. Schmeller §. 586.916.], alle inf. ohne n geſprocnen haben; dichter brauchen ſie nur im reim und neben der gewöhnlichen form auf -en; außerhalb des reims letztere. Der wartb. krieg und Heinr. v. mîſen vaterunſer hat viel ſolcher ge- ſtumpften inf. vgl. M. S. 2, 13b bevil, 14a ſpil; miſc. 1, 116. meine, 119. var, 121. beite, ſtê, 122. ſtê, be- richte, ſî, 124. ſëhe, 125. ſchalle, 126. gê, valle, 127. brëche, kieſe, 128. ſchicke, 129. gewinne, erſpar, man (monere, welches alſo für mane ſteht, nicht wie die ſ. 929. bemerkte gleiche form für manen) 135. ſî, wîche, 136. wende und in vaterunſer verſchiedentlich: verſtê, geſì, muo (vexare ſt. muon) geſchî (evenire) zî (tra- here) blîche, bediute, triute, ſteine, lërne etc. immer in beweiſenden reimen. Unter den minneſängern: Kr. v. hamle 1, 46b ſì, gê; Kriſtan v. lupin 2, 16b meine, 17a ſî, 17b tuo, wende, gelinge, meine; Hetzbolt v. wîƷen ſê 2, 18a kaffe, geſchaffe, bevël, gebueƷe, 18b twinge,
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II. mittelhochd. conjugation.
für gitet, bitet, tritet (ſ. 410.), welches ich wiederum
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ſchränke, mithin weder ſat für ſatet ſatiat) noch jët
(evellitis) f. jëtet, noch ſtrit (pugnaſtis) f ſtritet zugebe. —
Bei ausſtoßung des ſtummen e in der conjug. ſehen wir
drei triebfedern wirken, bald die natur der wurzel _, bald
die der flexionsconſonanz. bald ein nachgefühl urſprüng-
licher verſchiedenheit des flexionsvocals. Während
nach I, r, ohne rückſicht auf letzteren grund alle e aus-
fallen, nach d alle haften, erfährt nach andern conſ.
das e ſyncope, in ſo weit es auf einem alth. i, keine,
wenn es auf a, u, ê, î beruhte. Manches ſchwankende
werden künftige forſchungen näher beſtimmen. —
2) das unſtumme, tonloſe e darf nicht wegfallen,
gleichviel welche wurzelconſonanten vorhergehen, oder
welche flexionsconſ. folgen, z. b. mâlen pingere) mâ-
leſt, mâlet; gebâren, gebâreſt, gebâret; mêren, mêreſt,
mêret; vallen, velleſt, vellet; vuoren, vuoret; muolen,
muolet; hâlen, hâlet etc.; wichtige ausnahmen ergibt
das praet. ſchw. conj. —
3) flexionsconſonanten. α) nicht die reinmittelh.
ſprache, wohl aber die thüringiſche mundart (ſ. 387.)
ſchneidet häufig dem infinitiv ſein n ab (niemahls der
I. pl. praeſ. oder praet., noch der III. pl. praet.) ſo daß
er bald auf tonloſes, bald auf ſtummes e, zuweilen,
wenn auch letzteres abfällt, auf bloße wurzel ausgeht.
Das thüringiſche volk mag ſchon damahls, wie noch
heute [Reinwald idiot. vorr. p. X. Schmeller §. 586.916.],
alle inf. ohne n geſprocnen haben; dichter brauchen ſie
nur im reim und neben der gewöhnlichen form auf
-en; außerhalb des reims letztere. Der wartb. krieg
und Heinr. v. mîſen vaterunſer hat viel ſolcher ge-
ſtumpften inf. vgl. M. S. 2, 13b bevil, 14a ſpil; miſc.
1, 116. meine, 119. var, 121. beite, ſtê, 122. ſtê, be-
richte, ſî, 124. ſëhe, 125. ſchalle, 126. gê, valle, 127.
brëche, kieſe, 128. ſchicke, 129. gewinne, erſpar, man
(monere, welches alſo für mane ſteht, nicht wie die
ſ. 929. bemerkte gleiche form für manen) 135. ſî, wîche,
136. wende und in vaterunſer verſchiedentlich: verſtê,
geſì, muo (vexare ſt. muon) geſchî (evenire) zî (tra-
here) blîche, bediute, triute, ſteine, lërne etc. immer
in beweiſenden reimen. Unter den minneſängern: Kr. v.
hamle 1, 46b ſì, gê; Kriſtan v. lupin 2, 16b meine, 17a ſî,
17b tuo, wende, gelinge, meine; Hetzbolt v. wîƷen ſê
2, 18a kaffe, geſchaffe, bevël, gebueƷe, 18b twinge,
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 931. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/957>, abgerufen am 22.11.2024.
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