empfänger, taglöhner mit behalten, empfangen, tagloh- nen. Ferner folgt jaeger, pfänder aus jagen, pfänden, nicht aber müller, maether, venner etc. überhaupt aus infinitiven. Die alte sprache leitete eben die meisten solcher wörter aus substantiven, in der that stammen vo- galari, viscari nicht aus vogalon, viscon, sondern aus vogal, visc; einzelnen stehen gar keine parallele verba zur seite. Und wie heute aus subst. weiter keine ablei- tungen auf -er treiben, sind auch manche alte bildun- gen, weil die verkehrung des organismus den inf. für sie nicht wuste, erloschen, z. b. nhd. kein schlüßeler, ese- ler, stüter, lister (wohl aber überlister). -- Der unorg. -ner sind mehr geworden, neben hafner, gärtner, lügner, eigner, wagner gilt ein: bogner, bildner, gleisner, hütt- ner, harfner, glöckner, klempner, kürschner, lautner, redner, schuldner *), söldner etc. in eigennamen sogar: müllner, kästner, schildner. Noch unrichtiger ist schil- derer (pictor) nach dem inf. schildern (mhd. sciltaere, nnl. schilder). --
Engl. gilt bloßes -er: fish-er; fowl-er; glov-er; hatt-er; kill-er; swill-er (vorax); slumber-er u. a. m.; garden-er, jewell-er, marin-er entspringen aus dem franz. --
Die meisten ableitungen auf -arei drücken handelnde masc. **) aus, doch nicht nothwendig alle; namentlich bezeichnen die aus dem latein stammenden altari (altare) karkari (carcer) solari (solarium) speihhari (spicarium) weiari, weiwari T. 88. (vivarium) sagerare (sacrarium) bunre (bonnarium, terminus) jun. 306. pfeteraere (petraria) kiallari (cellarium) wofür mhd. kelre jun. 285. pundari (pondus) zentner (centenarius) lauter sachen. Woher rührt saccari (rogus)? es könnte auch deutsch sein wie vaggareis, mhd. wangaere (culcitra) hals-ari (cervical) flor. 983a oder ahd. ehirari (spicarium) blas. 32b. --
z) starke (oder schwache) femin. auf -arei, können aus jedem adj. auf -ar entstehen, dem nur das ei zugefügt wird, daher sie sich von den (meisten) männ- lichen ableitungen -arei, wo auch das -ar hinzutritt, sehr unterscheiden; goth. finde ich nur mund-rei (scopus)
*) dieses scheint doch älter, ja ahd., wenigstens sieht sculde- [n]are in der gebetsformel bei Lambec. II. p. 462.
**) ob art mit dem starken verbo nr. 571b zus. hängt? dann erläuterte der ablaut zugleich -arei.
I 2
III. conſonantiſche ableitungen. R.
empfänger, taglöhner mit behalten, empfangen, tagloh- nen. Ferner folgt jæger, pfänder aus jâgen, pfänden, nicht aber müller, mæther, venner etc. überhaupt aus infinitiven. Die alte ſprache leitete eben die meiſten ſolcher wörter aus ſubſtantiven, in der that ſtammen vo- galari, viſcari nicht aus vogalôn, viſcôn, ſondern aus vogal, viſc; einzelnen ſtehen gar keine parallele verba zur ſeite. Und wie heute aus ſubst. weiter keine ablei- tungen auf -er treiben, ſind auch manche alte bildun- gen, weil die verkehrung des organiſmus den inf. für ſie nicht wuſte, erloſchen, z. b. nhd. kein ſchlüßeler, eſe- ler, ſtuͤter, liſter (wohl aber überliſter). — Der unorg. -ner ſind mehr geworden, neben hâfner, gärtner, lügner, eigner, wâgner gilt ein: bôgner, bildner, gleiſner, hütt- ner, harfner, glöckner, klempner, kürſchner, lautner, redner, ſchuldner *), ſöldner etc. in eigennamen ſogar: müllner, käſtner, ſchildner. Noch unrichtiger iſt ſchil- derer (pictor) nach dem inf. ſchildern (mhd. ſciltære, nnl. ſchilder). —
Engl. gilt bloßes -er: fiſh-er; fowl-er; glov-er; hatt-er; kill-er; ſwill-er (vorax); ſlumber-er u. a. m.; garden-er, jewell-er, marin-er entſpringen aus dem franz. —
Die meiſten ableitungen auf -arî drücken handelnde maſc. **) aus, doch nicht nothwendig alle; namentlich bezeichnen die aus dem latein ſtammenden altari (altare) karkari (carcer) ſolari (ſolarium) ſpîhhari (ſpicarium) wîari, wîwari T. 88. (vivarium) ſagerâre (ſacrarium) bunre (bonnarium, terminus) jun. 306. pfeterære (petraria) kiallari (cellarium) wofür mhd. kelre jun. 285. pundari (pondus) zentner (centenarius) lauter ſachen. Woher rührt ſaccari (rogus)? es könnte auch deutſch ſein wie vaggareis, mhd. wangære (culcitra) halſ-âri (cervical) flor. 983a oder ahd. ehirari (ſpicarium) blaſ. 32b. —
ζ) ſtarke (oder ſchwache) femin. auf -arî, können aus jedem adj. auf -ar entſtehen, dem nur das î zugefügt wird, daher ſie ſich von den (meiſten) männ- lichen ableitungen -arî, wo auch das -ar hinzutritt, ſehr unterſcheiden; goth. finde ich nur mund-rei (ſcopus)
*) dieſes ſcheint doch älter, ja ahd., wenigſtens ſieht ſculde- [n]are in der gebetsformel bei Lambec. II. p. 462.
**) ob art mit dem ſtarken verbo nr. 571b zuſ. hängt? dann erläuterte der ablaut zugleich -ârî.
I 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0149"n="131"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">III. <hirendition="#i">conſonantiſche ableitungen. R.</hi></hi></fw><lb/>
empfänger, taglöhner mit behalten, empfangen, tagloh-<lb/>
nen. Ferner folgt jæger, pfänder aus jâgen, pfänden,<lb/>
nicht aber müller, mæther, venner etc. überhaupt aus<lb/>
infinitiven. Die alte ſprache leitete eben die meiſten<lb/>ſolcher wörter aus ſubſtantiven, in der that ſtammen vo-<lb/>
galari, viſcari nicht aus vogalôn, viſcôn, ſondern aus<lb/>
vogal, viſc; einzelnen ſtehen gar keine parallele verba<lb/>
zur ſeite. Und wie heute aus ſubst. weiter keine ablei-<lb/>
tungen auf -er treiben, ſind <choice><sic>anch</sic><corr>auch</corr></choice> manche alte bildun-<lb/>
gen, weil die verkehrung des organiſmus den inf. für<lb/>ſie nicht wuſte, erloſchen, z. b. nhd. kein ſchlüßeler, eſe-<lb/>
ler, ſtuͤter, liſter (wohl aber überliſter). — Der unorg.<lb/><hirendition="#i">-ner</hi>ſind mehr geworden, neben hâfner, gärtner, lügner,<lb/>
eigner, wâgner gilt ein: bôgner, bildner, gleiſner, hütt-<lb/>
ner, harfner, glöckner, klempner, kürſchner, lautner,<lb/>
redner, ſchuldner <noteplace="foot"n="*)">dieſes ſcheint doch älter, ja ahd., wenigſtens ſieht ſculde-<lb/><supplied>n</supplied>are in der gebetsformel bei Lambec. II. p. 462.</note>, ſöldner etc. in eigennamen ſogar:<lb/>
müllner, käſtner, ſchildner. Noch unrichtiger iſt ſchil-<lb/>
derer (pictor) nach dem inf. ſchildern (mhd. ſciltære,<lb/>
nnl. ſchilder). —</p><lb/><p>Engl. gilt bloßes <hirendition="#i">-er:</hi> fiſh-er; fowl-er; glov-er;<lb/>
hatt-er; kill-er; ſwill-er (vorax); ſlumber-er u. a. m.;<lb/>
garden-er, jewell-er, marin-er entſpringen aus dem<lb/>
franz. —</p><lb/><p>Die meiſten ableitungen auf <hirendition="#i">-arî</hi> drücken handelnde<lb/>
maſc. <noteplace="foot"n="**)">ob <hirendition="#i">art</hi> mit dem ſtarken verbo nr. 571<hirendition="#sup">b</hi> zuſ. hängt? dann<lb/>
erläuterte der ablaut zugleich -ârî.</note> aus, doch nicht nothwendig alle; namentlich<lb/>
bezeichnen die aus dem latein ſtammenden altari (altare)<lb/>
karkari (carcer) ſolari (ſolarium) ſpîhhari (ſpicarium)<lb/>
wîari, wîwari T. 88. (vivarium) ſagerâre (ſacrarium) bunre<lb/>
(bonnarium, terminus) jun. 306. pfeterære (petraria)<lb/>
kiallari (cellarium) wofür mhd. kelre jun. 285. pundari<lb/>
(pondus) zentner (centenarius) lauter ſachen. Woher<lb/>
rührt ſaccari (rogus)? es könnte auch deutſch ſein wie<lb/>
vaggareis, mhd. wangære (culcitra) halſ-âri (cervical)<lb/>
flor. 983<hirendition="#sup">a</hi> oder ahd. ehirari (ſpicarium) blaſ. 32<hirendition="#sup">b</hi>. —</p><lb/><p><hirendition="#i">ζ</hi>) <hirendition="#i">ſtarke</hi> (<hirendition="#i">oder ſchwache</hi>) <hirendition="#i">femin. auf -arî</hi>,<lb/>
können aus jedem adj. auf -ar entſtehen, dem nur das î<lb/>
zugefügt wird, daher ſie ſich von den (meiſten) männ-<lb/>
lichen ableitungen -arî, wo auch das -ar hinzutritt, ſehr<lb/>
unterſcheiden; goth. finde ich nur mund-rei (ſcopus)<lb/><fwplace="bottom"type="sig">I 2</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[131/0149]
III. conſonantiſche ableitungen. R.
empfänger, taglöhner mit behalten, empfangen, tagloh-
nen. Ferner folgt jæger, pfänder aus jâgen, pfänden,
nicht aber müller, mæther, venner etc. überhaupt aus
infinitiven. Die alte ſprache leitete eben die meiſten
ſolcher wörter aus ſubſtantiven, in der that ſtammen vo-
galari, viſcari nicht aus vogalôn, viſcôn, ſondern aus
vogal, viſc; einzelnen ſtehen gar keine parallele verba
zur ſeite. Und wie heute aus ſubst. weiter keine ablei-
tungen auf -er treiben, ſind auch manche alte bildun-
gen, weil die verkehrung des organiſmus den inf. für
ſie nicht wuſte, erloſchen, z. b. nhd. kein ſchlüßeler, eſe-
ler, ſtuͤter, liſter (wohl aber überliſter). — Der unorg.
-ner ſind mehr geworden, neben hâfner, gärtner, lügner,
eigner, wâgner gilt ein: bôgner, bildner, gleiſner, hütt-
ner, harfner, glöckner, klempner, kürſchner, lautner,
redner, ſchuldner *), ſöldner etc. in eigennamen ſogar:
müllner, käſtner, ſchildner. Noch unrichtiger iſt ſchil-
derer (pictor) nach dem inf. ſchildern (mhd. ſciltære,
nnl. ſchilder). —
Engl. gilt bloßes -er: fiſh-er; fowl-er; glov-er;
hatt-er; kill-er; ſwill-er (vorax); ſlumber-er u. a. m.;
garden-er, jewell-er, marin-er entſpringen aus dem
franz. —
Die meiſten ableitungen auf -arî drücken handelnde
maſc. **) aus, doch nicht nothwendig alle; namentlich
bezeichnen die aus dem latein ſtammenden altari (altare)
karkari (carcer) ſolari (ſolarium) ſpîhhari (ſpicarium)
wîari, wîwari T. 88. (vivarium) ſagerâre (ſacrarium) bunre
(bonnarium, terminus) jun. 306. pfeterære (petraria)
kiallari (cellarium) wofür mhd. kelre jun. 285. pundari
(pondus) zentner (centenarius) lauter ſachen. Woher
rührt ſaccari (rogus)? es könnte auch deutſch ſein wie
vaggareis, mhd. wangære (culcitra) halſ-âri (cervical)
flor. 983a oder ahd. ehirari (ſpicarium) blaſ. 32b. —
ζ) ſtarke (oder ſchwache) femin. auf -arî,
können aus jedem adj. auf -ar entſtehen, dem nur das î
zugefügt wird, daher ſie ſich von den (meiſten) männ-
lichen ableitungen -arî, wo auch das -ar hinzutritt, ſehr
unterſcheiden; goth. finde ich nur mund-rei (ſcopus)
*) dieſes ſcheint doch älter, ja ahd., wenigſtens ſieht ſculde-
nare in der gebetsformel bei Lambec. II. p. 462.
**) ob art mit dem ſtarken verbo nr. 571b zuſ. hängt? dann
erläuterte der ablaut zugleich -ârî.
I 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/149>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.