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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. S.
230. kub-isi mons. 413, welches, da auch der dat. auf -i
(-ei) ausgeht, fem. zweiter decl. scheint. Beßeres gewähr
bedarf auch das altwestph., in der freckenh. urk. zwei-
mahl stehende of-lig-esa (praestatio, obligatio), es stamme
nun von of-leggen (ab-legen) oder of-ligen (obliegen
her. --

g) starke neutra,
goth. ag-is (timor); hat-is (odium); bar-is (hordeum) nur
gefolgert aus bar-izeins (hordeaceus) wie riqv-izeins von
dem entschiednen neutr. riqv-is (caligo); sonst keine,
auch keine spur von dem pluralaugment -iz, welches
in den andern mundarten, zumahl im ahd. eingeschoben
zu werden pflegt. Und wiewohl Ulf. lamba (agni) lambe
(agnorum) setzt, nicht lamb-iza, lamb-ize, so läßt es sich
damit noch nicht allen andern wörtern der goth. sprache
abstreiten, z. b. ein pl. hon-iza (pullus gall.) wäre immer
möglich. Dieses eingeschobne -iz, -is hat unleugbare
ähnlichkeit mit dem -iz der comparative, ja man dürfte
es eine steigerung der substantive heißen, es wird da-
durch der begriff einer vereinigten vielheit ausgedrückt.
Beispiele sind im zweiten buch bei der decl. des neutr.
angeführt, zumahl im hochd. und ags., in welchen bei-
den dialecten sich aber schon das -is in -ir verwandelt
hat *) Dem altn. sprach ich damahls 1, 659. diese bil-
dung völlig ab, und, wenn nach analogie der compara-
tive neutra mit dem augment -r nachgewiesen werden
sollen, hat die sache keinen zweifel. Allein es ist eine
deutliche spur und zwar in der eigentlichen s-form vor-
handen, nämlich in dem neutr. pl. hoen-s (gallus et gal-
lina), wie der umlaut lehrt = hoen-is, also in form und
bedeutung einstimmend zu dem ahd. huon-ir und vermu-
theten goth. hon-iza. Dieses hoen-s (nicht haen-s) lebt
im schwed. und dän. fort, wird aber auch singulariter
gebraucht **). Vielleicht hat es früher noch andere ge-
geben, z. b. ein altn. kelf-s (ahd. chelp-ir) lemb-s (lemp-
ir) egg-s (eig-ir) bled-s (plet-ir) etc. -- Andere neutra
dieser form, die aber das -is schon im sg. haben und
ohne es nicht vorkommen, sind noch ahd. eh-ir (spica),

*) eine malb. gl. zum vierten tit. der lex salica lautet nach
dem wolfenb. cod. lampse, welches ich kaum auf ein früheres
lampis, lampisu f. lempir, lempiru zu deuten wage.
**) Rask §. 331. hat die weiterbildung hoensni (ahd. gleichsam
huonirni, huonirani?)

III. conſonantiſche ableitungen. S.
230. kub-iſi monſ. 413, welches, da auch der dat. auf -i
(-î) ausgeht, fem. zweiter decl. ſcheint. Beßeres gewähr
bedarf auch das altweſtph., in der freckenh. urk. zwei-
mahl ſtehende of-lig-eſa (praeſtatio, obligatio), es ſtamme
nun von of-leggen (ab-legen) oder of-ligen (obliegen
her. —

γ) ſtarke neutra,
goth. ag-is (timor); hat-is (odium); bar-is (hordeum) nur
gefolgert aus bar-izeins (hordeaceus) wie riqv-izeins von
dem entſchiednen neutr. riqv-is (caligo); ſonſt keine,
auch keine ſpur von dem pluralaugment -iz, welches
in den andern mundarten, zumahl im ahd. eingeſchoben
zu werden pflegt. Und wiewohl Ulf. lamba (agni) lambê
(agnorum) ſetzt, nicht lamb-iza, lamb-izê, ſo läßt es ſich
damit noch nicht allen andern wörtern der goth. ſprache
abſtreiten, z. b. ein pl. hôn-iza (pullus gall.) wäre immer
möglich. Dieſes eingeſchobne -iz, -is hat unleugbare
ähnlichkeit mit dem -iz der comparative, ja man dürfte
es eine ſteigerung der ſubſtantive heißen, es wird da-
durch der begriff einer vereinigten vielheit ausgedrückt.
Beiſpiele ſind im zweiten buch bei der decl. des neutr.
angeführt, zumahl im hochd. und agſ., in welchen bei-
den dialecten ſich aber ſchon das -is in -ir verwandelt
hat *) Dem altn. ſprach ich damahls 1, 659. dieſe bil-
dung völlig ab, und, wenn nach analogie der compara-
tive neutra mit dem augment -r nachgewieſen werden
ſollen, hat die ſache keinen zweifel. Allein es iſt eine
deutliche ſpur und zwar in der eigentlichen s-form vor-
handen, nämlich in dem neutr. pl. hœn-s (gallus et gal-
lina), wie der umlaut lehrt = hœn-is, alſo in form und
bedeutung einſtimmend zu dem ahd. huon-ir und vermu-
theten goth. hôn-iza. Dieſes hœn-s (nicht hæn-s) lebt
im ſchwed. und dän. fort, wird aber auch ſingulariter
gebraucht **). Vielleicht hat es früher noch andere ge-
geben, z. b. ein altn. kelf-s (ahd. chelp-ir) lemb-s (lemp-
ir) egg-s (eig-ir) bled-s (plet-ir) etc. — Andere neutra
dieſer form, die aber das -is ſchon im ſg. haben und
ohne es nicht vorkommen, ſind noch ahd. eh-ir (ſpica),

*) eine malb. gl. zum vierten tit. der lex ſalica lautet nach
dem wolfenb. cod. lampſe, welches ich kaum auf ein früheres
lampis, lampiſu f. lempir, lempiru zu deuten wage.
**) Raſk §. 331. hat die weiterbildung hœnſni (ahd. gleichſam
huonirni, huonirani?)
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[270/0288] III. conſonantiſche ableitungen. S. 230. kub-iſi monſ. 413, welches, da auch der dat. auf -i (-î) ausgeht, fem. zweiter decl. ſcheint. Beßeres gewähr bedarf auch das altweſtph., in der freckenh. urk. zwei- mahl ſtehende of-lig-eſa (praeſtatio, obligatio), es ſtamme nun von of-leggen (ab-legen) oder of-ligen (obliegen her. — γ) ſtarke neutra, goth. ag-is (timor); hat-is (odium); bar-is (hordeum) nur gefolgert aus bar-izeins (hordeaceus) wie riqv-izeins von dem entſchiednen neutr. riqv-is (caligo); ſonſt keine, auch keine ſpur von dem pluralaugment -iz, welches in den andern mundarten, zumahl im ahd. eingeſchoben zu werden pflegt. Und wiewohl Ulf. lamba (agni) lambê (agnorum) ſetzt, nicht lamb-iza, lamb-izê, ſo läßt es ſich damit noch nicht allen andern wörtern der goth. ſprache abſtreiten, z. b. ein pl. hôn-iza (pullus gall.) wäre immer möglich. Dieſes eingeſchobne -iz, -is hat unleugbare ähnlichkeit mit dem -iz der comparative, ja man dürfte es eine ſteigerung der ſubſtantive heißen, es wird da- durch der begriff einer vereinigten vielheit ausgedrückt. Beiſpiele ſind im zweiten buch bei der decl. des neutr. angeführt, zumahl im hochd. und agſ., in welchen bei- den dialecten ſich aber ſchon das -is in -ir verwandelt hat *) Dem altn. ſprach ich damahls 1, 659. dieſe bil- dung völlig ab, und, wenn nach analogie der compara- tive neutra mit dem augment -r nachgewieſen werden ſollen, hat die ſache keinen zweifel. Allein es iſt eine deutliche ſpur und zwar in der eigentlichen s-form vor- handen, nämlich in dem neutr. pl. hœn-s (gallus et gal- lina), wie der umlaut lehrt = hœn-is, alſo in form und bedeutung einſtimmend zu dem ahd. huon-ir und vermu- theten goth. hôn-iza. Dieſes hœn-s (nicht hæn-s) lebt im ſchwed. und dän. fort, wird aber auch ſingulariter gebraucht **). Vielleicht hat es früher noch andere ge- geben, z. b. ein altn. kelf-s (ahd. chelp-ir) lemb-s (lemp- ir) egg-s (eig-ir) bled-s (plet-ir) etc. — Andere neutra dieſer form, die aber das -is ſchon im ſg. haben und ohne es nicht vorkommen, ſind noch ahd. eh-ir (ſpica), *) eine malb. gl. zum vierten tit. der lex ſalica lautet nach dem wolfenb. cod. lampſe, welches ich kaum auf ein früheres lampis, lampiſu f. lempir, lempiru zu deuten wage. **) Raſk §. 331. hat die weiterbildung hœnſni (ahd. gleichſam huonirni, huonirani?)

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/288>, abgerufen am 22.11.2024.