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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. H.
auch im mhd., wo es nur selten und bei wenigen dich-
tern gelesen wird: albern-ach (populetum) vielleicht al-
ber-ach? Wilh. 2, 23a; busch-ach (fruticetum) Ottoc.
738b; dorn-ach (dumetum) Parc. 69a; gras-ach (multi-
tudo graminis) Parc. 111a; staud-ach Wilh. 2, 27b troj. 4c.
Auffallend gebraucht Herbort in seiner mundart umlau-
tendes -ech, -ee (f. ehe, = ahd. -ahi) 12b busch-e, 68d
busch-ee, 116d busch-ech (arbustum) 11a gesindel-ehe (co-
mitatus?) 116b gevertel-ee (?) -- Die nhd. schriftsprache
hat -ich: dick-ich; dorn-ich; reis-ich; gespül-ich; ge-
treid-ich; weid-ich doch so, daß sie in diesen und ähn-
lichen häufig ein t zufügt; (vgl. habicht oben s. 285.)
büsch-icht; dick-icht; eich-icht; ecker-icht; stein-icht;
röhr-icht; weid-icht. Oberdeutsche volksidiome in
Baiern, Salzburg, Steier und Kärnthen behalten das
volle -ach: aich-ach; ast-ach; birk-ach; erl-ach;
gras-ach; halm-ach; lätsch-ach (?); saher-ach; staud-
ach; tächs-ach; weid-ach; zett-ach; neben kiefer-
ich; kräuter-ich (Schm. §. 1028). Zugleich geht aber
aus der neueren sprache deutlicher hervor, daß der
begriff der ableitung nicht auf gewächse einzuschränken
sei, sondern auch fülle und anhäufung von andern din-
gen, selbst menschen und thieren ausdrücke, z. b. das
stein-icht; feil-icht (scobs); kehr-icht; spül-icht, wonach
auch das ahd. gavissahi anders genommen werden könnte *).
Höf. 1, 5. hat: gaiß-ach, kinder-ach, soldaten-ach, wei-
ber-ach (maße von geißen, kindern etc.) Schm. a. a. o.
gewand-ach. Vgl. das lat. saxetum, viretum, glabretum
(maße von kahlheit, öde) und die deutschen orts und
geschlechtsnamen: erl-ach, stock-ach, pils-ach etc. Das
örtliche dieser ableitung verdient genauer ausgemacht zu
werden, da sie nicht einmahl durch alle hochd. mund-
arten geht; so scheint sie selbst der schwäbischen und
schweizerischen fremd, wenigstens hat im ahd. weder N.,
im mhd. weder Hartm. Rud. etc. spuren davon, noch
Stalder und Pictorius, der z. b. spinetum durch ror-busch
umschreibt. --

z) schwache masculina: goth. brothr-aha (frater) **)
Marc. 12, 20. -- ahd. el-aho, hel-aho (alce) Hag. denkm.

*) und wie ist das ahd. vir-ahi, assim. vir-ihi (vulgus) boxh.
904a jun. 231. (wo ich lese smal-firahi) zu nehmen? nämlich das
-ah steckt hier schon im masc. virah; vgl. alts. firiho-barn und
Hild. fireo in solche, so wie verah (vita).
**) wenn der begriff der cognation hervorgehoben werden soll,
daber vielleicht nur im pl, brothr-ahans; obgleich die form im

III. conſonantiſche ableitungen. H.
auch im mhd., wo es nur ſelten und bei wenigen dich-
tern geleſen wird: albern-ach (populetum) vielleicht al-
ber-ach? Wilh. 2, 23a; buſch-ach (fruticetum) Ottoc.
738b; dorn-ach (dumetum) Parc. 69a; graſ-ach (multi-
tudo graminis) Parc. 111a; ſtûd-ach Wilh. 2, 27b troj. 4c.
Auffallend gebraucht Herbort in ſeiner mundart umlau-
tendes -ech, -ee (f. ehe, = ahd. -ahi) 12b buſch-ê, 68d
buſch-êe, 116d buſch-ech (arbuſtum) 11a geſindel-ehe (co-
mitatus?) 116b gevertel-êe (?) — Die nhd. ſchriftſprache
hat -ich: dick-ich; dorn-ich; reiſ-ich; geſpül-ich; ge-
treid-ich; weid-ich doch ſo, daß ſie in dieſen und ähn-
lichen häufig ein t zufügt; (vgl. habicht oben ſ. 285.)
büſch-icht; dick-icht; eich-icht; ecker-icht; ſtein-icht;
röhr-icht; weid-icht. Oberdeutſche volksidiome in
Baiern, Salzburg, Steier und Kärnthen behalten das
volle -ach: aich-ach; aſt-ach; birk-ach; erl-ach;
graſ-ach; halm-ach; lätſch-ach (?); ſaher-ach; ſtaud-
ach; tächſ-ach; weid-ach; zett-ach; neben kiefer-
ich; kräuter-ich (Schm. §. 1028). Zugleich geht aber
aus der neueren ſprache deutlicher hervor, daß der
begriff der ableitung nicht auf gewächſe einzuſchränken
ſei, ſondern auch fülle und anhäufung von andern din-
gen, ſelbſt menſchen und thieren ausdrücke, z. b. das
ſtein-icht; feil-icht (ſcobs); kehr-icht; ſpül-icht, wonach
auch das ahd. gaviſſahi anders genommen werden könnte *).
Höf. 1, 5. hat: gaiß-ach, kinder-ach, ſoldaten-ach, wei-
ber-ach (maße von geißen, kindern etc.) Schm. a. a. o.
gewand-ach. Vgl. das lat. ſaxetum, viretum, glabretum
(maße von kahlheit, öde) und die deutſchen orts und
geſchlechtsnamen: erl-ach, ſtock-ach, pilſ-ach etc. Das
örtliche dieſer ableitung verdient genauer ausgemacht zu
werden, da ſie nicht einmahl durch alle hochd. mund-
arten geht; ſo ſcheint ſie ſelbſt der ſchwäbiſchen und
ſchweizeriſchen fremd, wenigſtens hat im ahd. weder N.,
im mhd. weder Hartm. Rud. etc. ſpuren davon, noch
Stalder und Pictorius, der z. b. ſpinetum durch ror-buſch
umſchreibt. —

ζ) ſchwache maſculina: goth. brôþr-aha (frater) **)
Marc. 12, 20. — ahd. ël-aho, hël-aho (alce) Hag. denkm.

*) und wie iſt das ahd. vir-ahi, aſſim. vir-ihi (vulgus) boxh.
904a jun. 231. (wo ich leſe ſmal-firahi) zu nehmen? nämlich das
-ah ſteckt hier ſchon im maſc. virah; vgl. altſ. firiho-barn und
Hild. fireo in ſolche, ſo wie vërah (vita).
**) wenn der begriff der cognation hervorgehoben werden ſoll,
daber vielleicht nur im pl, broþr-ahans; obgleich die form im
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[313/0331] III. conſonantiſche ableitungen. H. auch im mhd., wo es nur ſelten und bei wenigen dich- tern geleſen wird: albern-ach (populetum) vielleicht al- ber-ach? Wilh. 2, 23a; buſch-ach (fruticetum) Ottoc. 738b; dorn-ach (dumetum) Parc. 69a; graſ-ach (multi- tudo graminis) Parc. 111a; ſtûd-ach Wilh. 2, 27b troj. 4c. Auffallend gebraucht Herbort in ſeiner mundart umlau- tendes -ech, -ee (f. ehe, = ahd. -ahi) 12b buſch-ê, 68d buſch-êe, 116d buſch-ech (arbuſtum) 11a geſindel-ehe (co- mitatus?) 116b gevertel-êe (?) — Die nhd. ſchriftſprache hat -ich: dick-ich; dorn-ich; reiſ-ich; geſpül-ich; ge- treid-ich; weid-ich doch ſo, daß ſie in dieſen und ähn- lichen häufig ein t zufügt; (vgl. habicht oben ſ. 285.) büſch-icht; dick-icht; eich-icht; ecker-icht; ſtein-icht; röhr-icht; weid-icht. Oberdeutſche volksidiome in Baiern, Salzburg, Steier und Kärnthen behalten das volle -ach: aich-ach; aſt-ach; birk-ach; erl-ach; graſ-ach; halm-ach; lätſch-ach (?); ſaher-ach; ſtaud- ach; tächſ-ach; weid-ach; zett-ach; neben kiefer- ich; kräuter-ich (Schm. §. 1028). Zugleich geht aber aus der neueren ſprache deutlicher hervor, daß der begriff der ableitung nicht auf gewächſe einzuſchränken ſei, ſondern auch fülle und anhäufung von andern din- gen, ſelbſt menſchen und thieren ausdrücke, z. b. das ſtein-icht; feil-icht (ſcobs); kehr-icht; ſpül-icht, wonach auch das ahd. gaviſſahi anders genommen werden könnte *). Höf. 1, 5. hat: gaiß-ach, kinder-ach, ſoldaten-ach, wei- ber-ach (maße von geißen, kindern etc.) Schm. a. a. o. gewand-ach. Vgl. das lat. ſaxetum, viretum, glabretum (maße von kahlheit, öde) und die deutſchen orts und geſchlechtsnamen: erl-ach, ſtock-ach, pilſ-ach etc. Das örtliche dieſer ableitung verdient genauer ausgemacht zu werden, da ſie nicht einmahl durch alle hochd. mund- arten geht; ſo ſcheint ſie ſelbſt der ſchwäbiſchen und ſchweizeriſchen fremd, wenigſtens hat im ahd. weder N., im mhd. weder Hartm. Rud. etc. ſpuren davon, noch Stalder und Pictorius, der z. b. ſpinetum durch ror-buſch umſchreibt. — ζ) ſchwache maſculina: goth. brôþr-aha (frater) **) Marc. 12, 20. — ahd. ël-aho, hël-aho (alce) Hag. denkm. *) und wie iſt das ahd. vir-ahi, aſſim. vir-ihi (vulgus) boxh. 904a jun. 231. (wo ich leſe ſmal-firahi) zu nehmen? nämlich das -ah ſteckt hier ſchon im maſc. virah; vgl. altſ. firiho-barn und Hild. fireo in ſolche, ſo wie vërah (vita). **) wenn der begriff der cognation hervorgehoben werden ſoll, daber vielleicht nur im pl, broþr-ahans; obgleich die form im

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/331>, abgerufen am 22.11.2024.