paßt' ihm dieser in der Scheuer auf, und als er kam und sich einen guten Bissen holen woll- te, kämmte er ihm tüchtig die Haare. Der Wolf war darüber gewaltig aufgebracht, schalt den alten Sultan einen schlechten Kerl und for- derte ihn heraus, die Sache auszumachen.
Sie bestellten sich vor den Wald, und je- der sollte einen Secundanten mit sich bringen. Der Wolf war zuerst auf dem Platz und hatte das wilde Schwein zu seinem Beistand mitge- nommen, der Hund hatte niemand als eine lahme Katze bekommen können, und ging end- lich mit der ab. Wie sie aber der Wolf und das wilde Schwein von weitem kommen, und die Katze beständig hüpfen sahen, glaubten sie die Katze höb jedesmal einen Stein auf, da wurde ihnen beiden Angst, und das wilde Schwein verkroch sich in das Laub, der Wolf aber sprang auf einen Baum. Der Gegenpart kam heran, und beide wunderten sich, daß nie- mand da war. Das wilde Schwein aber in dem Laub zwickte mit den Ohren; wie die Katze sich etwas regen sah, sprang sie drauf zu, biß und kratzte; da hob sich das Schwein mit Geschrei in die Höhe, lief fort und rief noch zurück: "dort oben auf dem Baum, da sitzt der Schuld- ner." Da kam es an den Tag, daß der Wolf sich verkrochen hatte, und wollte er herunter, mußte er sich zum Frieden bequemen.
paßt' ihm dieſer in der Scheuer auf, und als er kam und ſich einen guten Biſſen holen woll- te, kaͤmmte er ihm tuͤchtig die Haare. Der Wolf war daruͤber gewaltig aufgebracht, ſchalt den alten Sultan einen ſchlechten Kerl und for- derte ihn heraus, die Sache auszumachen.
Sie beſtellten ſich vor den Wald, und je- der ſollte einen Secundanten mit ſich bringen. Der Wolf war zuerſt auf dem Platz und hatte das wilde Schwein zu ſeinem Beiſtand mitge- nommen, der Hund hatte niemand als eine lahme Katze bekommen koͤnnen, und ging end- lich mit der ab. Wie ſie aber der Wolf und das wilde Schwein von weitem kommen, und die Katze beſtaͤndig huͤpfen ſahen, glaubten ſie die Katze hoͤb jedesmal einen Stein auf, da wurde ihnen beiden Angſt, und das wilde Schwein verkroch ſich in das Laub, der Wolf aber ſprang auf einen Baum. Der Gegenpart kam heran, und beide wunderten ſich, daß nie- mand da war. Das wilde Schwein aber in dem Laub zwickte mit den Ohren; wie die Katze ſich etwas regen ſah, ſprang ſie drauf zu, biß und kratzte; da hob ſich das Schwein mit Geſchrei in die Hoͤhe, lief fort und rief noch zuruͤck: „dort oben auf dem Baum, da ſitzt der Schuld- ner.“ Da kam es an den Tag, daß der Wolf ſich verkrochen hatte, und wollte er herunter, mußte er ſich zum Frieden bequemen.
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paßt' ihm dieſer in der Scheuer auf, und als
er kam und ſich einen guten Biſſen holen woll-
te, kaͤmmte er ihm tuͤchtig die Haare. Der
Wolf war daruͤber gewaltig aufgebracht, ſchalt
den alten Sultan einen ſchlechten Kerl und for-
derte ihn heraus, die Sache auszumachen.
Sie beſtellten ſich vor den Wald, und je-
der ſollte einen Secundanten mit ſich bringen.
Der Wolf war zuerſt auf dem Platz und hatte
das wilde Schwein zu ſeinem Beiſtand mitge-
nommen, der Hund hatte niemand als eine
lahme Katze bekommen koͤnnen, und ging end-
lich mit der ab. Wie ſie aber der Wolf und
das wilde Schwein von weitem kommen, und
die Katze beſtaͤndig huͤpfen ſahen, glaubten ſie
die Katze hoͤb jedesmal einen Stein auf, da
wurde ihnen beiden Angſt, und das wilde
Schwein verkroch ſich in das Laub, der Wolf
aber ſprang auf einen Baum. Der Gegenpart
kam heran, und beide wunderten ſich, daß nie-
mand da war. Das wilde Schwein aber in dem
Laub zwickte mit den Ohren; wie die Katze ſich
etwas regen ſah, ſprang ſie drauf zu, biß und
kratzte; da hob ſich das Schwein mit Geſchrei
in die Hoͤhe, lief fort und rief noch zuruͤck:
„dort oben auf dem Baum, da ſitzt der Schuld-
ner.“ Da kam es an den Tag, daß der Wolf
ſich verkrochen hatte, und wollte er herunter,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/253>, abgerufen am 22.11.2024.
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